Mehrdad Mostofizadeh: „Wir wollen einen Ausgleich der Interessen und keine Gängelung“

Zum Eilantrag der GRÜNEN im Landtag zur Corona-Pandemie

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie wir alle wissen, hat der Deutsche Bundestag in der letzten Woche eine Reform des Infektionsschutzgesetzes beschlossen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ach, das war eine Reform!)

Was steht jetzt an? Normalerweise wäre das Infektionsschutzgesetz ausgelaufen, und dieses neue Infektionsschutzgesetz wird, wenn das Land Nordrhein-Westfalen nicht handelt – an einer Stelle hat die Landesregierung gehandelt und eine Übergangsregelung bis zum 2. April eingeführt –, heißt es ab dem 3. April: 80.000 Zuschauer im Stadion, Einkaufen ohne Maske und Abstand, keine Masken mehr in der Schule, keine Tests in Schulen und Kitas, Masken zwar in Arztpraxen, aber nicht beim Zahnarzt, kein 3G als Möglichkeit, keine 2G-Kontrollmöglichkeiten mehr zum Beispiel bei Kultur- und anderen Veranstaltungen.

Ein Stück Normalität, würde die FDP sagen. – Wir sagen: fahrlässig, weil wir Instrumente brauchen, um gezielt gegen die Pandemie, die immer noch auf dem Höchststand ist, eingreifen zu können. Deswegen stellen wir heute hier diesen Antrag.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Was ist der Unterschied? – Wir wollen diese Maßnahmen nicht für immer fortführen, wie in Zuschriften steht, die ich bekomme. Nein, wir wollen adäquat abwägen. Wir wollen auch denjenigen, die zu den vulnerablen Gruppen gehören, die Möglichkeit geben, auch weiterhin im Einzelhandel arbeiten oder andere Maßnahmen nutzen zu können. Wir wollen einen Ausgleich der Interessen und keine Gängelung. Das macht den Unterschied zwischen dem Freiheitsbegriff von uns und anderen möglicherweise aus.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will sehr deutlich sagen: Wir reden nicht darüber, ganze Kataloge aufrechtzuerhalten. Nein, es geht im Kern darum, ob wir zum Beispiel die Maskenpflicht im Einzelhandel fortführen. Auch die Maskenpflicht im ÖPNV, zumindest in den Wintermonaten, muss durch Landesregierung und möglicherweise auch durch das Parlament angeordnet werden.

Wie steht die Landesregierung dazu? – Der Ministerpräsident hat sich sehr eindeutig geäußert, dass er dieses Gesetz für den falschen Weg hält, dass es vorne und hinten nicht passen würde. Er fordert genauso wie der Gesundheitsminister, dass die Maskenpflicht zum Beispiel weitergeführt werden müsste, dass es eines Instrumentenkastens bedarf, der zugänglich ist; das hat er aus Jerusalem zugeschaltet auch noch gesagt.

Genau das beantragen wir heute. Genau das ist möglich. Wir können mit der Anmeldung eines Hotspots für das ganze Bundesland dafür sorgen, dass das Parlament nicht für jede Einzelentscheidung antanzen muss, sondern dass dieser Instrumentenkasten nach § 28 Infektionsschutzgesetz der Landesregierung zur Verfügung gestellt wird. Genau das kann heute beschlossen werden; das kann die CDU heute mit unserer Unterstützung und, wenn ich das richtig sehe, auch mit Unterstützung der SPD beantragen, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir müssen auch nicht drum herumreden: Auch in Berlin gab es Meinungsverschiedenheiten, und die gibt es offensichtlich auch hier im Haus. Aber der Unterschied ist folgender: In Berlin wäre ohne Zustimmung zu diesem Gesetz jeder Katalog ausgelaufen. Ihr Streit führt dazu, dass die Instrumente, die zur Verfügung stehen, nicht genutzt werden, dass das, was Gesundheitsminister Laumann und der Ministerpräsident gefordert haben, eben nicht ergriffen wird, obwohl sie es für richtig und notwendig und für eine Übergangsphase für den richtigen Interessenausgleich innerhalb dieses Landes halten.

Das ist aus meiner Sicht – ich appelliere an Ihre Verantwortung – ein unnötiger Koalitionsstreit. Den brauchen wir hier nicht. Wir können in der Sache abstimmen. Deswegen wollen wir die Landesregierung zunächst ermächtigen, diesen Katalog zu machen. Was Sie dann daraus machen, ist eine zweite Frage bei der Ausprägung.

Zwei Sätze möchte ich mir erlauben, weil immer darüber spekuliert wird, ein Hotspot des Landes wäre nicht zu machen. – Unser Gesundheitssystem funktioniert genau so. Herr Buschmann hat recht mit seiner Aussage, dass es sinnvoll sein kann, das ganze Land als Hotspot auszurufen; denn unser Krankenhaussystem basiert auf einem Krankenhausplan, und dort werden die Bedarfe gemessen.

Aber noch viel wichtiger ist: Die Bedarfsanalysen erfolgen so, dass, wenn in einem Krankenhaus im Bezirk Arnsberg oder in Aachen Probleme sind, die Krankenhäuser sich gegenseitig aushelfen müssen. Es ist also geradezu sinnvoll, diese Hotspotregelung auf das gesamte Land anzuwenden, weil nur so die Funktionsfähigkeit überhaupt infrage gestellt werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nutzen Sie die Gelegenheit heute hier an dieser Stelle: Stimmen Sie unserem Eilantrag zu. Dem Ministerpräsidenten, dem Gesundheitsminister und Herrn Biesenbach wünschen wir gute Genesung und Besserung. Aber nehmen Sie deren Aussagen ernst und stimmen Sie dem Eilantrag heute zu! Eine weitere Gelegenheit vor dem 2. April hat dieses Parlament sonst nur in Sondersitzungen, und das wäre völlig unangemessen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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