Mehrdad Mostofizadeh: „Wir möchten die demokratische Auseinandersetzung erweitern und nicht reduzieren“

Zum Entwurf der GRÜNEN im Landtag zur Änderung der Gemeindeordnung

Mehrdad Mostofizadeh

Der Gesetzentwurf

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit über einem Jahr beschäftigt uns die Pandemie. Mittlerweile ist es uns in Nordrhein-Westfalen gelungen, dass knapp 10 % der Bevölkerung eine Erstimpfung und weniger als 5 % eine Zweitimpfung erhielten. Trotzdem hat sich in den Stadträten, in den Ausschüssen und in vielen anderen kommunalen Gremien wenig geändert.

Die Ministerin hat dankenswerterweise die Möglichkeit eingeräumt – zumindest war das ein Teil des damaligen Infektionsschutzgesetzes auf Landesebene –, dass der Rat oder die jeweiligen Hauptgremien, beispielsweise die Verbandsversammlungen der Landschaftsverbände, im Rahmen eines Hauptausschusses in reduzierter Besetzung tagen können, wenn dem eine große Anzahl der Mitglieder des Rates zustimmt. Ansonsten müssten diese Gremien Präsenzsitzungen durchführen. Wozu würde das dann führen? – Zu einem Kuddelmuddel vor Ort.

Im letzten Jahr sind viele Ausschusssitzungen ausgefallen. Damals hatte man noch Verständnis dafür, weil die Menschen schlicht Angst hatten, sich anzustecken bzw. sich zu infizieren. Dann kam es jedoch zu Eilentscheidungen von Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern, von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern an den Räten, an den Ausschussgremien vorbei. Wir haben das damals deutlich kritisiert. Mittlerweile müsste eigentlich Einigkeit

(Zuruf von Bianca Winkelmann [CDU])

– hören Sie doch einen Moment zu – darüber bestehen, dass das der falsche Weg ist.

Noch heute entschuldigen sich konservative, sozialdemokratische, grüne und viele andere kommunale Mandatsträgerinnen dafür, dass sie sich in Präsenzsitzungen treffen müssen und somit ein schlechtes Vorbild für die Bevölkerung sind. Ich könnte Ihnen zahlreiche … Glauben Sie das nicht?

(Bianca Winkelmann [CDU]: Jeder hatte die Möglichkeit, darauf zu reagieren!)

Es gäbe jetzt einfache Möglichkeiten, darauf zu reagieren – Baden-Württemberg und viele andere Bundesländer haben es uns vorgemacht –, indem beispielsweise den Gremien vor Ort eingeräumt wird, in digitalen oder hybriden Sitzungen zu tagen.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

– Herr Kollege Höne, deswegen machen wir jetzt den Versuch.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

– Was ist denn falsch gewesen?

(Henning Höne [FDP]: Zahlreiche Bundesländer?)

– Gut, okay. Einige Bundesländer haben diese Möglichkeit eingeräumt.

Ich appelliere an Sie: Nehmen Sie Ihre eigenen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker ernst. Diese wollen nämlich diskutieren, sie wollen nicht, dass ihre Ausschusssitzungen ausfallen. Sie wollen mit der Öffentlichkeit reden. Sie wollen die Möglichkeit erhalten, digitale Gremiensitzungen durchzuführen. Nichts anders schlagen wir Ihnen hier vor, das wollen wir beraten.

Wir möchten die demokratische Auseinandersetzung erweitern und nicht reduzieren. Wir möchten, dass Sitzungen stattfinden können, dass kleine Gemeinden nicht darauf angewiesen sind, in großen Hallen, die ihnen möglicherweise nicht zur Verfügung stehen, tagen zu müssen. Es muss Sitzungen geben, in denen der Austausch von Argumenten stattfinden kann. All diese Gremiensitzungen dürfen nicht ausfallen.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Entschuldigung, Herr Kollege Mostofizadeh, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Tritschler würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Ach nein, das ist nicht erforderlich. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen mein dringender Appell an Sie: Wir können auch gern einen anderen Weg gehen, als wir ihn hier vorschlagen. Wir haben den Versuch gemacht, Ihnen das auf sehr niedrigschwelliger Basis vorzuschlagen.

Wir bekommen – ich weiß nicht, ob Ihnen das anders geht – aus allen Städten und Gemeinden des Landes Zuschriften: Wann macht ihr denn endlich was? Seid ihr nicht aufgewacht in Düsseldorf? Warum gibt es denn solche Regelungen noch nicht? Warum handelt ihr denn nicht?

Eines will ich dazusagen: Ich will keiner Kommune oder Gemeinde etwas vorschreiben. Wir wollen hier eine zusätzliche Möglichkeit schaffen, für die sie sich entscheiden können. Wir wollen niemanden in digitale oder hybride Sitzungen oder sonst was zwingen. Wer es nicht machen möchte, soll es nicht tun. Er soll aber bitte schön möglichst die Coronaschutzverordnung einhalten, damit der Gesundheitsschutz gewährleistet ist.

Deswegen, Frau Ministerin, hatten wir auch Sie im letzten Dezember – niedrigschwellig – angeschrieben. Wir hatten die anderen Fraktionen angeschrieben. Wir hatten gehofft, dass wir einen gemeinsamen Weg gehen können. Es sind keine Rückmeldungen gekommen. Uns ist am Ende nur gesagt worden: Wir sind nicht so weit, und deswegen können wir das jetzt nicht machen.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Kollege Höne!

(Henning Höne [FDP]: Was stimmt denn eigentlich in Ihrer Rede?)

– Herr Kollege Höne, ich möchte, dass das Land Nordrhein-Westfalen den Kommunen die Möglichkeit gibt, digital tagen zu können. Wenn Ihnen das nicht passt, können Sie das in fünf Minuten hier ausführen und sagen, warum ich die Unwahrheit erzähle, warum das alles nicht funktioniert.

(Henning Höne [FDP]: Unwahr! Wir haben Ihnen eine Rückmeldung gegeben!)

– Ja, dass Sie das nicht möchten. Ist in Ordnung.

Wir möchten der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, sich selbst ein Bild zu machen. Das geht nicht, wenn hinter verschlossenen Türen getagt wird.

(Henning Höne [FDP]: Niemand tagt hinter verschlossenen Türen!)

Dies ist der Gesetzentwurf dazu, über den wir reden können.

(Beifall von den GRÜNEN)

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