Mehrdad Mostofizadeh: „Wir in Deutschland müssen dafür sorgen, dass die Pflegenden nicht nur in Konjunkturzeiten Gehör finden“

Antrag der Fraktion der SPD zu Pflegeberufe

 Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Laumann, ich finde es außerordentlich schade, dass Sie sich an der Debatte über den Gesundheitsschutz in den Shisha-Bars nicht beteiligt haben. Es wäre eine fachliche Expertise erforderlich gewesen. Die hat nicht stattgefunden. Deswegen werde ich die Gelegenheit nutzen, zu sagen: Das, was der Kollege Yüksel von der SPD-Fraktion angefangen hat, werden wir ein Stück weit fortführen. Sieben Monate Zeit sind ins Land gegangen. Wir werden nachfragen, was die Landesregierung konkret für den Gesundheitsschutz getan hat.
(Henning Höne [FDP]: Zur Sache, bitte!)
– Ich spreche zu dem, was ich für richtig halte, Herr Kollege Höne. Das gibt die Geschäftsordnung auch her.
(Henning Höne [FDP]: Dafür haben wir eine Tagesordnung!) Deswegen werden wir eine Berichtsanfrage im Ausschuss stellen.
Zur Seriosität der Pflegekammer: FDP und CDU haben noch im April 2017 einen Antrag mitgezeichnet, in dem eine Urabstimmung gefordert wurde. Was jetzt zu dem Sinneswandel geführt hat, ist mir nicht ganz klar. Ich möchte aber hervorheben: Auch in dieser Debatte habe ich wieder – wie auch vorhin in der Debatte – Unterschiede zwischen CDU und FDP erkennen können. Herr Kollege Preuß endete mit den Worten, dass sich die CDU für eine starke Interessenvertretung der Pflegenden einsetzt. Das hört sich doch sehr nach Pflichtkammer an und nimmt das Ergebnis zumindest aus CDU-Sicht deutlich voraus.
Frau Kollegin Schneider, zu Ihnen möchte ich sagen: Unsere grüne Fraktion ist sehr offen, was den Ausgang der Befragung anbelangt. Früher hatte ich eine deutlich kritischere Haltung zur Pflegekammer, weil ich dieses Kammersystem generell für althergebracht halte und diese Pflichtsysteme für ein Problem erachte. Aber – da würde ich den Ausführungen des Gesundheitsministers zustimmen – das System ist, wie es ist. Wenn man keine eigene Kammer hat, kommt man meistens nicht wirklich darin vor. Damit muss man realistisch umgehen.
Alle Argumente, die Sie gegen die Urabstimmung vorgebracht haben, treffen auf die repräsentative Befragung zu. Auch da müssen Sie Adressen ermitteln – die fallen nicht vom Himmel – und die Arbeitgeber fragen, um sie zu bekommen. Nach dem System, das Frau Schneider geschildert hat und das im Ausschuss vorgetragen worden ist, müssen Sie auch da eine Systematik entwickeln und überlegen, ob sich das zuordnen lässt. Es ist ein gewisser Zeitaufwand erforderlich, um das machen zu können. Insofern sprechen relativ dünne Argumente dagegen.
Angesichts einer Weichenstellung in der Pflegepolitik, nämlich eine Pflegekammer einzuführen oder nicht einzuführen, das Kostenargument anzuführen – es sei unheimlich teuer, diese Adressen zu ermitteln und wieder zu löschen –, dazu kann ich nur sagen: Das ist das schwächste Argument, das Sie vortragen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Im Ergebnis möchte ich konstatieren: Ich halte die Grundausrichtung, wie Sie vorgehen, für falsch. Immerhin aber ist die Methodik der repräsentativen Befragung, die Sie vorschlagen, besser, als ich befürchtet habe. Dass Sie eine qualitative Befragung machen und dafür sorgen, Informationsveranstaltungen durchzuführen, liegt deutlich über dem Niveau, das ich zunächst befürchtet habe; anderenfalls hätte ich schärfere Kritik zum Ausdruck gebracht.
Wir werden dem Antrag der Kollegen der SPD-Fraktion zustimmen. Allerdings ist aufgrund von Zeitablauf eine Menge passiert, was nicht Ihre Schuld ist: Erstens werden die Regierungsfraktionen, wie sie sich erkennbar geäußert haben, dagegen stimmen; zweitens wird es demnächst ein Ergebnis geben.
Sie von der Regierungsseite hätten deutlich früher dafür sorgen können, dass der Prozess nicht so beschädigt wird, wie es durch das Verfahren passieren kann. Es hätte deutlich mehr Rückhalt geben müssen.
Ob jetzt Pflegekammer oder Pflegering: Wir in Deutschland müssen dafür sorgen, dass die Pflegenden nicht nur in Konjunkturzeiten Gehör finden, sondern dass die Themen „Altenpflege“ und „Krankenpflege“ einen ganz anderen Stellenwert erhalten.
In keinem anderen Berufszweig gibt es einen so starken Fachkräftemangel wie in den Gesundheitsberufen und Pflegeberufen. Die Bundesregierung hat einigen Nachholbedarf hinterlassen. Deswegen freue ich mich, dass es hier einen methodisch anderen Ansatz gibt.
Wir werden dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen. Eine Weichenstellung für eine positive Pflegepolitik bedarf aber einer ganzen Menge mehr. – Herzlichen Dank.