Mehrdad Mostofizadeh: „Wir finden es richtig, dass das Präsenzprinzip maßgeblich ist“

Zum Entwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Einführung digitaler Sitzungen für kommunale Gremien - erste Lesung

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal muss ich ein Geständnis ablegen. Ich war es, der die schriftliche Anhörung vorgeschlagen hat, um das Verfahren zu beschleunigen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum.

Wir Grüne haben sehr früh Vorschläge dazu gemacht, wie wir schneller zu digitalen Formaten kommen können, weil wir gehofft hatten, dass wir auch die Kommunalpolitik noch in der Pandemie mit diesen Regelungen erreichen können. Das werden wir jetzt vermutlich – zumindest für die nächste Welle – nicht mehr ganz schaffen, aber jeder Monat früher, der diese Möglichkeit bietet, ist uns wichtig. Deswegen haben wir es durchaus für richtig gehalten, zumindest den Teil, der sich mit digitalen Sitzungen beschäftigt, so auf den Weg zu bringen.

Frau Ministerin, wir finden es richtig, was Sie da aufgeschrieben haben; im Detail kann man darüber reden.

Ein Punkt, der aus meiner Sicht jetzt schon in der Ratspolitik, in der Kommunalpolitik ein bisschen zu kurz kommt, ist die Frage der Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Auch das wollen wir in der Anhörung zum Thema machen.

Zunächst einmal – das habe ich beinahe vergessen – möchte ich den Kollegen, die den Modellversuch initiiert haben, dessen es offensichtlich bedurfte, um gedanklich einen Schritt weiterzukommen, danken.

Ich danke auch all jenen – ich werde sie jetzt nicht namentlich nennen, sonst kriegen sie noch Ärger in ihren Fraktionen –, die es geschafft haben, dieses Format entgegen aller Widerstände auf den Tisch zu legen. Ich möchte ihnen ausdrücklich danken, dass das möglich war.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vor diesem Hintergrund möchte ich auch sagen: Wir finden es richtig, dass das Präsenzprinzip maßgeblich ist. Das finde ich absolut richtig. Wie Sie mich kennen, werden Sie mir glauben, dass ich es schöner finde, in einem Saal zu sprechen als in einen Apparat hinein. Denn das ist deutlich weniger lebendig als hier im Plenarsaal oder in den Ausschüssen.

Natürlich ist es richtig, dass das alles – auch Mimik, Gestik und der Aushandlungsprozess insgesamt sind wichtig – in öffentlicher Sitzung stattfinden muss. Dahinter stehen wir ausdrücklich.

Die Wahrheit ist aber, wenn wir uns die Pandemiezeiten angucken, dass dieser Aushandlungsprozess oftmals gar nicht mehr stattgefunden hat, dass Sitzungen reihenweise abgesagt worden sind, dass Bürgermeister – zum Teil rechtswidrig, muss man sagen – Eilentscheidungen getroffen haben, ohne dass die Ratsgremien – ich habe es in Essen erlebt – tagen konnten.

Das ist ein Verlust genau dieses Aushandlungsprozesses. Deswegen ist es gut, dass wir diese Formate haben. Wir Grünen begrüßen ausdrücklich, dass diese Formate für Ausschüsse auch außerhalb der Pandemie möglich sind.

Das Thema „Entschädigungsverordnung“ werden wir uns im Detail noch einmal anschauen. Wir hätten uns da einen breiteren Prozess wünschen können. Man hätte sich auch sicherlich einen Vorlauf ansehen können, aber dazu will ich mich heute gar nicht weiter äußern.

Das Thema „Teilhabe von Menschen mit Behinderung“ ist mir noch einmal sehr wichtig. Wenn wir digitale Sitzungen durchführen – das ist im Übrigen selbst bei analogen Sitzungen schon Thema –, müssen wir dafür sorgen, dass sie barrierefrei sind, dass sie zugänglich sind, dass die Menschen das verstehen können.

Frau Ministerin, meine Bitte ist schon heute – Ihr Haus wird ja dafür zuständig sein, die Zertifizierung vorzunehmen –, das fachlich möglichst von vornherein einzubeziehen. Wenn man es früh macht, kann man es gut machen, aber es ist keine banale Aufgabe. Deswegen meine herzliche Bitte, das zu tun.

Bereits jetzt – diesbezüglich kann ich aus eigener Erfahrung berichten – können Menschen mit Hörschädigungen oder mit anderen Einschränkungen oftmals nicht oder nur sehr schlecht an Sitzungen teilnehmen. Ich glaube, dass wir da alle miteinander Nachholbedarf haben; das ist auch kein politischer Streit. Das sollten wir ermöglichen, denn Teilhabe gilt für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen. Jeder Mensch in Nordrhein-Westfalen muss die Möglichkeit haben, ein kommunales Mandat oder ein Landtagsmandat wahrnehmen zu können.

Stichwort „Gemeindewirtschaftsrecht“: Ehrlich gesagt habe ich noch nicht ganz verstanden, was Sie diesbezüglich vorhaben. Ich würde da allerdings zwei Ligen tiefer spielen, als es die Kollegen von der SPD jetzt angegangen sind. Ich kann nicht ganz erkennen, dass da ordnungspolitisch etwas umgedreht wird.

Warum man aber sechs Wochen warten muss, bis hier Beratungen stattfinden, hat sich mir noch nicht erschlossen. Deshalb bin ich auf die Anhörung im Ausschuss sehr gespannt.

Tatsächlich wäre es natürlich gut gewesen, wenn wir vielleicht schon vor einem Jahr einen solchen Prozess abgeschlossen und diese Punkte gebracht hätten. Das macht es aber nicht falsch, dies heute auf den Weg zu bringen und möglichst schnell umzusetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir ist es ein großes Anliegen – und das versuche ich mit meinem Redebeitrag auszudrücken –, dass wir fachlich an diesem Gesetzentwurf arbeiten, dass Anregungen, die von der Opposition oder von Fachleuten kommen, noch in dieses Verfahren eingebaut werden können und dass wir diesem Gesetzentwurf am Ende vielleicht sogar einheitlich zustimmen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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