Mehrdad Mostofizadeh: „Wir brauchen einen automatischen Datenabgleich, und wir brauchen mehr als das, worüber Herr Dr. Schäuble verhandeln wollte.“

Antrag von SPD und GRÜNEN zur Bekämpfung der Steuerkriminalität

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Hahnen hat auf einige Fakten hingewiesen, was die Zahl der Selbstanzeigen betrifft. Ich möchte, weil es wichtig ist, noch einmal in Erinnerung rufen, worüber in den letzten zwei Jahren – es waren wirklich nur zwei Jahre – hier im Landtag diskutiert worden ist.
Die Koalition von SPD und Grünen hat sehr klar die Position vertreten, dass das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz falsch ist. Ich sage Ihnen auch, warum: Das Abkommen mit der Schweiz sah vor, dass der automatische Datenabgleich, so wie ihn die Amerikaner mit der Schweiz im FATCA-Abkommen vereinbart haben, nicht Standard ist, im Übrigen auch nicht der Standard, wie ihn die Europäische Union selbst als Richtlinie vorschlägt. Daraufhin haben sich dann Länder wie Luxemburg und Österreich, die sich eigentlich schon auf den Standard einigen wollten, ebenso aus der Solidarität verabschiedet.
Wie haben die CDU- und die FDP-Fraktion darauf reagiert? Die CDU hat in einem bemerkenswerten Beitrag des Kollegen Dr. Optendrenk die Bundestreue des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen eingefordert und ihm quasi ins Stammbuch geschrieben: Halt dich aus solch schwierigen Sachverhalten raus, mach nicht den – wörtlich – Nebenfinanzminister von Herrn Schäuble. Ich kann nur sagen: Ich bin froh, dass der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen sehr klare Kante bezogen hat und dass die A-Länder mit klarer Unterstützung der Grünen im Bundesrat für ein Stoppen des Steuerabkommens mit der Schweiz in der damals vorliegenden Form gesorgt haben.
Wir brauchen klare Regeln im Abgleich. Wir brauchen einen automatischen Datenabgleich, und wir brauchen mehr als das, worüber Herr Dr. Schäuble verhandeln wollte, nämlich die Strafverfolgung und die Sachverhaltsermittlung auf ganze 500 Anfragen pro Jahr zu begrenzen, so wie es im Abkommen mit der Schweiz vorgesehen war.
Ich sage Ihnen noch etwas – dabei haben die Kolleginnen und Kollegen von den Piraten eine ganz besondere Rolle gespielt: erst anzeigen, dann wieder nicht anzeigen, dann beklagen, dass wir beim Abkommen nicht weiterkommen -: FDP und CDU haben in ihren Haushaltskonzepten Mehreinnahmen von 500 Millionen € eingerechnet, wenn man dem Steuerabkommen mit der Schweiz beigetreten wäre. Es ist doch geradezu grotesk, dass Sie hier noch sagen, es hätte diese Mehreinnahmen gegeben, obwohl der Finanzminister jetzt schon nachweisen kann, in welcher Größenordnung zusätzliche Einnahmen reinkommen. Der Kollege Hahnen die Zahlen in dem Zusammenhang genannt.
(Beifall von den GRÜNEN und von Marc Herter [SPD])
Ich will auf einen weiteren Sachverhalt hinweisen: Der ehemalige Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß, ist doch der konkrete Fall, auf den man auch das anwenden kann. Wenn das Steuerabkommen mit der Schweiz in Kraft getreten wäre, wäre Herr Hoeneß möglicherweise straffrei davongekommen. FDP und CDU wollten verantworten, dass in massenhafter Weise – es gab alleine zweieinhalbtausend Selbstanzeigen in diesem Jahr – Steuerbetrüger ungeschoren davonkommen und eben nicht zur Verantwortung gezogen werden. Es wären erhebliche Steuermindereinnahmen in Deutschland zu verzeichnen gewesen, wenn wir Ihrem Kurs gefolgt wären. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir Gott sei Dank verhindert mit einer konsequenten Politik aus Nordrhein-Westfalen heraus und im Bundesrat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will Ihnen auch sehr klar ins Stammbuch schreiben, Herr Kollege Dr. Optendrenk und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Wenn Sie jetzt hier quasi das nachreferieren, was der Finanzminister im Haushalts- und Finanzausschuss vorgetragen hat, welche Sachverhalte bei der Frage der Selbstanzeige im Bundesrat zu behandeln sind, ist das ja gut und schön. Dass man am Ende des Tages einen Kompromiss machen muss und sich auch strafgesetzlich auf Sachverhalte einigen muss, ist auch in Ordnung. Aber es geht doch um etwas anderes.
Es geht darum, dass wir das klare Signal geben: Wir tun alles, um Steuerbetrug zu verhindern. Und solange es kein Doppelbesteuerungsabkommen mit wichtigen Ländern gibt, nutzen wir auch das Instrument des Kaufs von CDs, um sicherzustellen, dass diejenigen, die diesen Staat und letztlich die Gemeinschaft um wichtige Steuereinnahmen betrügen, Angst haben müssen, erwischt zu werden, und sich insofern selbst anzeigen oder eben verfolgt werden. Da werden auch nicht lockerlassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, Sie müssen sich schon vorwerfen lassen, dass Sie in den letzten Jahren genau das nicht gemacht haben und hier mit Scheinattacken verhindern wollten,
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
dass Steuerbetrügerinnen und -betrüger am Schlafittchen gepackt und verfolgt wurden.
Einen Hinweis kann ich mir auch nicht verkneifen.
(Zuruf von Theo Kruse [CDU])
Der Kollege Lindner hat mir in der letzten Plenarsitzung vorgeworfen, dass ich Zitate, die vier Jahre alt seien, hervorgekramt hätte. Das betraf die FDP in Bezug auf die Kommunalfinanzen. – Sie tun es uns an, Zitate und Sachverhalte, die mehr als zehn Jahre her sind, auf den Tisch zu bringen, die zum Teil nicht vergleichbar sind mit den Sachverhalten, die hier verfolgt werden, um sich vor Ihrer eigenen Verantwortung sowohl in diesem Parlament als auch im Bundestag zu drücken. Das ist nicht in Ordnung, und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

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