Mehrdad Mostofizadeh: „Wir begrüßen ausdrücklich, dass Sie sich anstrengen, die Schulgebühren abzuschaffen“

Haushaltsplan 2019 - Ministerium für Soziales

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Oellers, die Fahrgeldmittel sind eine Pflichtaufgabe. Das hervorzuheben ist etwa so, als würden wir die Hartz-IV-Leistungen auch noch als besondere Leistung im Haushaltsplan herausstellen. Aber sei‘s drum. Das ist nicht der wichtigste Punkt, den ich ansprechen wollte.
Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen, bei denen die Strukturen – Sie haben vorhin die Menschen mit Behinderungen angesprochen – auch außerhalb des Haushalts in diesem Jahr massiv verschlechtert worden sind.
Das war bei der Verabschiedung der Landesbauordnung der Fall. Da hat sich diese Koalition dafür entschieden, dass man mehr bauen möchte – das ist ja auch in Ordnung –; aber man hat die Standards so gewählt, dass Menschen mit Behinderungen …
Wir hatten gestern noch eine Gruppe von der Lebenshilfe aus Essen bei uns zu Besuch, die sehr klar reklamiert hat: Sie suchen seit Jahren Wohnungen und bekommen sie schlicht nicht. Diese Bedingungen sind in Nordrhein-Westfalen noch einmal ohne Not verschlechtert worden. Das lehnen wir sehr klar ab, lieber Herr Minister und liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament.
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen, zu dem der Kollege Neumann eben schon ausgeführt hat: Das ist das Thema „Alter“. Beim Thema „Quartier“ geht es nicht nur darum, ob das bei Ihnen im Ministerium stattfindet oder nicht. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass das völlig aus dem Fokus geraten ist.
„Quartier“ heißt nicht so ein bisschen daran herumpäppeln. Wir haben in diesem Jahr das Bundesteilhabegesetz verabschiedet. Das bietet die Möglichkeit, entweder individuelle oder auch gemeinschaftliche Leistungen anzubieten.
Vielleicht könnte ein guter Dezernent darauf kommen, dass es eine ganz schlechte Idee ist, Assistenzleistungen für Einzelne zu verausgaben, die sehr teuer sind, die man möglicherweise mit einem ansprechenden ÖPNV und einer Mobilität für Menschen mit Behinderungen ganz anders darstellen könnte.
Diese lebensweltliche Sicht ist in Nordrhein-Westfalen zunehmend verloren gegangen. Das ist eine echte Bedrohung für Menschen, die Mobilitätsschwierigkeiten haben, und das finde ich sehr bedauerlich, Herr Minister.
(Vereinzelt Beifall von der CDU)
Deswegen haben wir auch beantragt, für den Landesförderplan „Alter und Pflege“ 4 Millionen Euro zusätzlich bereitzustellen.
Eine besondere Posse in diesem Jahr war, dass Sie den Wohlfahrtsverbänden 2 Millionen Euro weggenommen haben. Dazu habe ich schon bei der letzten Beratung gesagt: Das bekommen die sowieso wieder, und so ist es auch gekommen. Die Koalitionsfraktionen konnten nicht anders: Die 2 Millionen Euro haben Sie sich gut erschlichen. Sei‘s drum.
Einen Punkt möchte ich noch klarstellen – der Kollege Klenner ist Gott sei Dank noch im Raum –: Als ich eben von General Electric sprach, meinte ich natürlich eine Gemeinschaftsleistung von Kollegen aus Mönchengladbach und dem Arbeitsministerium, die sich darum gekümmert haben.
Das macht deutlich, dass man auch überparteilich an solchen Themen arbeiten kann. Ich wollte das in keiner Weise für meine Fraktion reklamieren, sondern deutlich machen, dass es sich lohnt, mit Unternehmen zu sprechen, um Standorte zu kämpfen und dafür zu sorgen, dass es vielleicht – das hoffe ich zumindest – eine andere Zukunft gibt als die schlichte Schließung, die am Anfang im Raum stand.
(Beifall von den GRÜNEN)
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal die Gesundheitsberufe ansprechen, wobei das auch im nächsten Teil thematisiert wird.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass Sie sich anstrengen, die Schulgebühren abzuschaffen. Wenn das schrittweise geschehen muss, ist das auch in Ordnung. Ich hoffe nur, dass das jetzt ein Stück weit schneller geht. Die Frage ist eher, wie die Qualitätsstandards aussehen.
Ein Punkt hingegen hat sich eher noch einmal verschärft, und das ist die Altenpflegeausbildung. Ich habe bei der letzten Plenarsitzung relativ massiv insistiert, dass man die 20 Millionen Euro, die noch fehlen, um mit einer Erhöhung von 380 auf 480 Euro eine relative Gleichstellung mit der Krankenpflegeschule zu erreichen, doch einsetzen müsse.
Sie haben daraufhin gesagt, das Geld reiche einfach nicht, und ich habe Ihnen entgegnet, das sei eine einmalige Angelegenheit, um diese Angleichung hinzubekommen.
Jetzt stellen wir fest, dass die Koalitionsfraktionen es allen Ernstes nach dieser Lesung von vor zwei Wochen bis heute geschafft haben, rund 400 Millionen Euro aus einer Rücklage herauszunehmen, um das zu finanzieren. Klassischer kann man das doch gar nicht anbieten.
Eine Übergangsfinanzierung aus der Rücklage ist natürlich alles andere als solide. Dass das Sozialministerium nicht zugegriffen und den Koalitionsfraktionen deutlich gemacht hat „Wir hängen ganze Teile der Altenpflegeausbildung ab, also nehmt das Geld, stellt sie gleich und sorgt dafür, dass die Generalistik in Nordrhein-Westfalen vernünftig ausgestattet ist“, finde ich außerordentlich bedauerlich.
Wir werden im nächsten Teil noch einiges zum Thema „Gesundheit“ sagen. Herr Minister, ich würde mich freuen, wenn wir im nächsten Jahr – dieses Jahr wird das nicht mehr funktionieren beim Thema „Altenpflege“ ein ganzes Stück weitergehen würden und die Koalition sich wie- der mit den Inhalten auseinandersetzen würde, damit das Quartier und die lebensweltliche Betrachtung in den Fokus gerät. Ich freue mich deshalb auf die Beratung im nächsten Jahr. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)