Mehrdad Mostofizadeh: „Wenn wir das Ganze systematisieren und für eine höhere Impfbereitschaft werben, wird sich die Situation verbessern“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Impfschutz

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Wir stimmen Ihrem Antrag selbstverständlich zu. Was kann man schon dagegen haben, dass die Landesregierung beauftragt wird, eine Kampagne für den Impfschutz durchzuführen?
Ich möchte jedoch an das anknüpfen, was die Kollegin Lück gerade ausgeführt hat: Es wäre durchaus sinnvoll gewesen, diesen Antrag in die Ausschüsse zu verweisen, um dort über die konkreten Maßnahmen zu diskutieren und sich vom Minister ein Konzept vorlegen zu lassen, worum es genau geht.
Lassen Sie mich die Kategorien aufgreifen, die Frau Lück vorhin angesprochen hat. Sie haben zu Recht eine große Kategorie genannt, nämlich Menschen, durchaus in meinem Alter oder ein paar Jahre jünger, die beim Arzt daran erinnert werden, ihren Impfschutz aufzufrischen. Es gibt einige Impfungen, die auch in fortgeschrittenem Alter immer wieder aufgefrischt werden müssen.
Der Arzt fragt auch, wenn beispielsweise eine Polio-Impfung für Kinder ansteht: „Haben auch Sie den Polio-Schutz?“, damit nicht aufgrund der Impfung der Kinder die Gefahr besteht, dass sich die Eltern anstecken. Die Ärztinnen und Ärzte weisen immer wieder auf solche Punkte hin. Diese Kategorie von Leuten könnte man durch solche Maßnahmen sehr gut erreichen.
Ich habe mir daraufhin einmal die Debatte zu diesem Thema aus dem Jahr 2016 angeschaut. Diese Debatte ist sehr spannend. Die FDP hat damals einen sehr ausführlichen Maßnahmenkatalog vorgelegt und dabei auf § 20i SGB V als Grundlage für Impfschutzkampagnen seitens der Landesregierung hingewiesen. Seinerzeit wurde die Landesregierung ausdrücklich aufgefordert, eine Rahmenvereinbarung mit den Krankenkassen abzuschließen. Ich wundere mich ein wenig darüber, dass dieser Punkt in Ihrem heutigen Antrag nicht mehr vorkommt. Sind Sie inzwischen anderer Meinung, oder konnten Sie die CDU nicht überzeugen?
Sie haben in Ihrem damaligen Antrag weitere konkrete Maßnahmen angeregt. Ich möchte zwei, drei dieser Punkte anführen, die ich für richtig halte, und die wir heute beschließen bzw. im Ausschuss beraten könnten. Es gibt zahlreiche Gesundheitsberufe, mit denen wir immer wieder in Kontakt kommen; ich nenne nur Hebammen oder Kinderärzte. In den Kitas wird für Vorsorgemaßnahmen geworben, und auch in den Schulen wird immer wieder darauf hingewiesen.
Eines finde ich falsch, Frau Kollegin Schneider.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Mostofizadeh, Entschuldigung, dass ich Sie an dieser Stelle unterbreche. Da Sie Frau Kollegin Schneider gerade ansprechen: Sie würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Ach. Bitte.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Bitte schön.
Susanne Schneider (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrter Herr Mostofizadeh, herzlichen Dank, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Ich freue mich sehr darüber, in welchem Maße Sie meinem Antrag aus der letzten Legislaturperiode nachtrauern und extra die vielen Punkte hervorheben, die darin besonders gut waren. Erklären Sie mir aber bitte: Warum hat denn Ihre Fraktion in der letzten Legislaturperiode alle Anträge zur Verbesserung eines Impfschutzes abgelehnt?
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Das kann ich Ihnen relativ einfach erklären: weil wir bessere Vorschläge beschlossen hatten, die die Gesundheitsministerin auch umgesetzt hat.
(Zuruf: Gar nichts haben Sie!)
Dazu gehört unter anderem das, was ich sowieso gerade ausführen wollte, nämlich dass die unterschiedlichen Berufe darauf hingewiesen werden sollten, entsprechend tätig zu werden.
Ich möchte noch einen Punkt nennen, bei dem ich dezidiert anderer Auffassung bin als Sie. Sie haben vorhin das Wort „Impfschmarotzer“ in den Mund genommen. Wenn Sie glauben, die Menschen mit Beschimpfungen dazu zu bringen, eine Entscheidung zu treffen, die aus meiner Sicht richtig wäre, nämlich für einen umfassenden Impfschutz zu sorgen, dann sind Sie aus meiner Sicht auf dem völlig falschen Dampfer.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wenn wir nicht mit Sachlichkeit an dieses Problem herangehen, werden wir es nicht lösen können. Wir werden auch niemanden in Ketten gelegt dem Richter vorführen und in zwangsimpfen lassen.
Liebe Kollegin von der FDP, es ist schon einigermaßen gewöhnungsbedürftig – nicht bei Ihnen persönlich; das habe ich immer wieder erlebt –, dass die FDP solche Thesen in den Landtag hineinträgt. Das finde ich wirklich ziemlich merkwürdig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Als Konsequenz zu Ihrem Antrag ergibt sich für mich Folgendes: Wir Grünen halten einen umfassenden Impfschutz nicht nur für richtig und notwendig, sondern wir müssen auch eine ganze Menge dafür tun, dass er tatsächlich durchgesetzt wird. Wie gesagt, wir hätten uns sehr gerne im Ausschuss an einer solchen Diskussion beteiligt.
Sie haben auch die Menschen angesprochen, die vielleicht nicht oder nicht mehr über ein besonders gutes Immunsystem verfügen. In den Pflegeeinrichtungen, den Schulen und Kindertagesstätten wird sehr wohl nach diesen Dingen gefragt. Wenn wir das Ganze systematisieren und für eine höhere Impfbereitschaft werben, wird sich die Situation auch verbessern.
Es führt jedoch zu nichts, liebe Kollegin Schneider, die Menschen zu beschimpfen und sie zum Impfen zwingen zu wollen.
Frau Lück hat vorhin darauf hingewiesen: Das betrifft nicht diejenigen, die besonders dumm oder ignorant sind – zumindest nicht auf den ersten Blick –, sondern das sind hochqualifizierte Menschen, die glauben, dass manche Impfungen für sie nicht sinnvoll seien. Da kann ich nur sagen: Um diese Menschen müssen wir kämpfen! Wir müssen für die Sache werben und gute Argumente ins Feld führen, damit sie sich eben doch einer Impfung unterziehen.
Insbesondere müssen wir dafür sorgen, dass die Kinder umfassend geschützt werden. Sie sind am stärksten betroffen. Hier hat die Forschung eine Menge dafür getan, dass die Sache durch Kombinationsimpfungen und seltener notwendige Impfvorgänge deutlich erleichtert wird. Darauf müssen wir uns in positiver Weise beziehen. Ein Vorgehen nach dem Motto
„Wenn du nicht hören willst, musst du fühlen“ ist nicht die Politik, die wir verfolgen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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