Mehrdad Mostofizadeh: „Transparenz ist besonders dann wichtig, wenn Vertreterinnen der Regierung direkt und unmittelbar angesprochen werden“

Antrag der Piraten zur Einführung eines Lobbyregisters

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin, ehrlich gesagt, ein bisschen traurig darüber, dass die Piratenfraktion dieses Thema hier jetzt doch einigermaßen lustlos angegangen ist; denn halte es für ein sehr beachtliches Thema, das wir sehr differenziert diskutieren sollten. Wir Grünen stehen auch ganz eindeutig für mehr Transparenz in der Politik.
(Beifall von den GRÜNEN – Michele Marsching [PIRATEN]: Dann: Go! – Weitere Zurufe von den PIRATEN)
– Jetzt sind Sie wach geworden. Ich weiß gar nicht, warum. Das hätten Sie einmal vorhin bei der Rede machen sollen – und vielleicht auch beim Verfassen des Antrags.
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Haben wir!)
Wir stehen für einen Dialog mit der Gesellschaft. Da möchte ich allerdings schon an das anknüpfen, was Kollegin Warden von der SPD gesagt hat. Lobbyismus ist für sich nicht immer etwas Schlechtes.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Das habe übrigens ich gesagt!)
Ganz im Gegenteil: Es ist wichtig, dass Menschen hier im Landtag gegenüber den Politikerinnen und Politikern ihre Interessen vortragen können, dass Sozialverbände, Gewerkschaften oder auch Initiativen Zugang nicht nur zum Parlament, sondern auch zu einzelnen Abgeordneten haben.
Wichtig ist dabei aber etwas anderes – darauf hat die Kollegin auch hingewiesen –: Wir brauchen Transparenz darüber. Da sind wir mit der Zielrichtung Ihres Antrags sehr einig. Die Transparenz ist besonders dann wichtig, wenn Vertreterinnen der Regierung direkt und unmittelbar angesprochen werden und wenn diese Kontakte stattfinden. Wir sind sehr dafür, dass diese Kontakte dann transparent gemacht werden, damit der Austausch klar ist und auch klar wird, woher dieses Ansinnen kommt. Da sind wir sehr nah bei Ihnen.
Allerdings sind wir auch sehr dafür, dass wir das differenziert diskutieren. Ihr Antrag bietet dafür keine besonders gute Grundlage. Deswegen ist es vernünftig, wenn er an den Hauptausschuss und die anderen beratenden Fachausschüsse verwiesen wird.
Ich möchte an dieser Stelle noch auf etwas anderes hinweisen. Mir macht es schon Probleme, wenn ich mir einige Kolleginnen und Kollegen anhören muss, die Politik als Ware verkaufen, die vom Markendesign in der Politik sprechen und die eher Designsprache benutzen, die also auf die Marke Politik setzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Ihre Partei scheint da besonders anfällig zu sein.
(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Als letzten Punkt möchte ich ansprechen – schließlich ist das hier im Landtag gar nicht furchtbar lange her; es war im Jahr 2010 vielleicht auch nicht ganz wahlunentscheidend –, dass die CDU sich damit einen Namen gemacht hat, dass man sich den Zugang zu Ministerpräsident Rüttgers – damals firmierte das unter „Rent-a-Rüttgers“ – auf Parteitagen offenbar in einem Konzept erkaufen konnte.
Das sind Auswüchse, liebe Kolleginnen und Kollegen die wir ausdrücklich nicht haben wollen. Deswegen setzen wir uns für Transparenz ein.
Dass Interessenvertretung auch nicht eins zu eins sinnvoll ist, sehen wir unter anderem am VW-Skandal. All das, was dort vorgetragen worden ist, all das, was angeblich zu mehr Vertretung der Interessen der Firmen führen sollte, war ein kurzfristiger Erfolg, weil die Normen so gemacht worden sind, wie sich VW das vorgestellt hat. Der volkswirtschaftliche Schaden, der entstanden ist, ist, glaube ich, weitaus größer als das, was durch Transparenz und mehr Diskussion in der Öffentlichkeit hätte eintreten können.
Ich will auch nicht verschweigen, dass ich es einigermaßen merkwürdig finde, wenn beispielsweise Eckart von Klaeden erst die Interessen im Bundestag vertritt und dann wenige Monate später Autolobbyist werden kann.
Alle diese Dinge können wir als Politikerinnen und Politiker nicht gutheißen. Daher ist dieser Antrag sinnvoll. Deswegen stimmen wir auch der Überweisung ausdrücklich zu.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Entschuldigen Sie, Herr Kollege. Würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Krückel zulassen?
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Bitte.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Bitte.
Bernd Krückel (CDU): Herr Kollege Mostofizadeh, wenn Sie den Kollegen von Klaeden ansprechen, frage ich Sie: Ist es für Sie ein Unterschied, ob zum Beispiel Arbeitnehmervertreter in Ministerien wechseln – wie das im Bundesarbeitsministerium bei vier Parlamentarischen Staatssekretären der Fall ist, die dort ihre Interessenarbeit als Ex-Gewerkschafter fortsetzen – oder ob Leute aus der Politik in die Wirtschaft wechseln?
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Kollege Krückel, vielleicht hätten Sie jetzt auch Ross und Reiter nennen können. Dann wäre das transparenter gewesen.
(Bernd Krückel [CDU]: Ich liefere Ihnen die Namen der Staatssekretäre gerne nach!)
– Ja, selbstverständlich; gerne. – Mir geht es aber um etwas anderes. Mir geht es um folgenden Vorgang: Eckart von Klaeden war im Bundeskanzleramt tätig und hat mit dafür gesorgt, dass die EU-Abgasnormen verwässert worden sind. Kurze Zeit später wechselte dieser Eckart von Klaeden als Autolobbyist in die Wirtschaft. Das hat einen eindeutig negativen Nachgeschmack. Und das möchte ich hier so nicht haben, Herr Kollege.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich mache da auch keinen Unterschied, ob das jemand von CDU, Grünen oder SPD ist.
Der Antrag, den Sie vorgelegt haben, hat eine wichtige Zielrichtung, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten. Er hat allerdings relativ wenig Substanz.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Die CDU sagt, er habe zu viel Substanz!)
Deswegen muss er in die Ausschüsse hinein.
Ich weise noch auf einen anderen Punkt hin. Wir müssen uns auch immer überlegen: Wie viel Aufwand treiben wir mit der Transparenz, und wie viel Nutzen haben wir davon? Wir haben einen hohen Aufwand getrieben, um sehr früh – als erste Fraktion, deutlich vor Ihnen – beispielsweise unsere Einkünfte transparent zu machen.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Das ist doch kein Aufwand! Das rechnet man einmal aus und veröffentlicht es dann!)
Sie sehr dezidiert bis auf den Euro auszuweisen, ist ein sehr hoher Aufwand. Die Zugriffe, die auf diese Daten genommen werden, sind allerdings eher überschaubar.
Deswegen ist es sinnvoll, wenn sich die Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Fraktionen Gedanken darüber macht, wie dieses Register aussehen kann. Mit Ihrem Antrag wird das nicht ausreichend sein. Die Zielrichtung ist richtig. Wir sollten uns Gedanken machen und am Ende des Tages ein vernünftiges Konzept vorlegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Ihr wollt ja nur einen eigenen Antrag haben! Das ist doch der Punkt!)