Mehrdad Mostofizadeh: „Statt die Opfer sexualisierter Gewalt populistisch zu instrumentalisieren, wollen wir Konsequenzen ziehen, die Frauen wirklich helfen und ihre Freiheit und Sicherheit wirksam schützen.“

Unterrichtung der Landesregierung zu den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erfahrungen der Silvesternacht in Köln machen uns tief betroffen. Wir fühlen mit den vielen Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind. Ich möchte mich ganz persönlich und auch im Namen der grünen Fraktion bei diesen vielen Frauen entschuldigen.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der FDP und den PIRATEN)
Es tut mir aufrichtig leid, dass es nicht gelungen ist, diese Frauen an diesem Abend in Köln ausreichend zu schützen. Ich finde es wirklich beschämend, dass dies auf einem zentralen Platz einer sehr schönen, unserer größten Stadt des Landes passieren konnte.
Ich weiß, dass sich viele Menschen in diesem Land nach diesen Geschehnissen in Köln ganz persönliche Gedanken gemacht haben. Ich will Ihnen sagen: Auch ich habe dies getan. Ich habe darüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn meine 20-jährige Tochter in Köln gewesen und begrapscht, bestohlen oder Opfer anderer Taten geworden wäre.
Mir ist schon sehr klar, über welche Dimension wir bei den Taten in Köln reden. Deswegen kämpft unsere Fraktion nicht erst seit den Geschehnissen in Köln gegen sexualisierte Gewalt und macht dies zum Thema. Wir haben dies mit Bezugnahme auf sexualisierte und sexistische Popmusiktexte und andere Dinge auch zum Thema von Kleinen Anfragen gemacht, die Sie als lächerlich abgetan haben.
Wir verteidigen die Freiheits- und Bürgerinnenrechte in diesem Land. Dazu gehört auch, dass diese Rechte nicht mit einem Federstrich durch populistische Debatten rechtskonservativer Politiker vom Tisch gewischt werden dürfen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Deswegen müssen wir sehr genau darauf achten, welche Lehren wir jetzt ziehen und wie wir die berechtigten Bedürfnisse nach Sicherheit, aber eben auch nach Freiheit ausbalancieren können.
Eine erste und ganz herausragende Arbeit ist es, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Deswegen müssen wir die Geschehnisse in Köln aufarbeiten. Wir werden sehr genau prüfen müssen, warum in jener Nacht nicht zusätzliche Polizeikräfte abgerufen worden sind, obwohl sie zur Verfügung gestanden haben. Und wir müssen sehr genau klären, welche Kommunikationsstränge zu verbessern sind.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, weil das eben, wie ich finde, in einem etwas abenteuerlichen Vortrag angesprochen worden ist: Wir als Grüne haben die Aufstockung des Personals der Polizei in den letzten Jahren nachdrücklich unterstützt.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Damit das nicht aus dem Blick gerät: Wir haben 8.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei bereitgestellt. Das sind, Herr Kollege Lindner, exakt doppelt so viele Einstellungsermächtigungen wie in Ihrer Regierungszeit. Mit 1.920 Polizeianwärterinnen in diesem Jahr sind es so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Dies entspringt einer ganz einfachen Überlegung: Wenn mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen leben, dann brauchen wir einen handlungsfähigen Staat, der diese Anforderung bewältigen kann. Nur ein handlungsfähiger und starker Staat kann die Schwachen in dieser Gesellschaft wirksam beschützen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Vor dem Hintergrund der erheblichen Zuwanderung im letzten Jahr – wir gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr wieder Flüchtlinge zu uns kommen werden – haben wir unter anderem 5.766 zusätzliche Stellen für die Schulen geschaffen. Wir haben die Betreuungsplätze in den Kitas ausgeweitet und auch die Justiz gestärkt. Darüber hinaus – da beißt die Maus keinen Faden ab – haben wir natürlich dafür gesorgt, dass das Personal zur Durchführung der Registrierungsverfahren durch zusätzliches Personal verstärkt wird; das Gleiche gilt eben auch für die Polizei. Rot-Grün hat keinen Anlass gebraucht, um zusätzliche Polizeistellen zur Verfügung zu stellen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Ich sage Ihnen: Wir unterstützen ausdrücklich auch das Ansinnen der Landesregierung, weitere Polizeikräfte – ich sage ganz ausdrücklich: – auf die Straße zu bringen, um sie sichtbar zu machen und für die Prävention von Straftaten einsetzen zu können.
Wir haben das Ganze mit einem sehr klaren Realismus gemacht. Wir sind nicht davon ausgegangen, dass die Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, alle nur das Beste wollen und dass niemand von ihnen straffällig wird. Auch deshalb sind wir der Überzeugung, dass die Polizei entsprechend mit Stellen ausgerüstet sein muss – im Übrigen auch die Justiz, um Verfahren von beispielsweise abgelehnten Asylbewerbern und Asylbewerberinnen schnell durchführen zu können. Wir waren da ganz illusionsfrei, wir wollten nichts vertuschen, und wir haben auch nichts beschönigt, wir wollen auch nichts verbergen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte einen Punkt aus der Rede der Ministerpräsidentin besonders anzusprechen. Den Frauen, die dort in Köln zu Schaden gekommen sind, ist es besonders wichtig, dass es jetzt zu einer schnellen Strafverfolgung kommt und insbesondere auch zu einer effektiven Bestrafung. Das heißt, dass zum Beispiel die Modelle, wie wir sie in Düsseldorf anwenden, bei denen Staatsanwaltschaften schnell handeln und die Justiz schnell verurteilt, deutlich machen, dass sich der Rechtsstaat nicht auf der Nase herumtanzen lassen darf und dass Straftäter schnell bestraft werden sollen und, wenn das Ausländerrecht es hergibt, sie dann auch schnell abgeschoben werden können.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die Menschen sollen sich auf öffentlichen Plätzen und auch bei Feiern sicher fühlen und der Polizei vertrauen können. Es geht um das Vertrauen darin, dass die Polizei die Sicherheit im Alltag und am Festtag gewährleistet und im Zweifelsfall auch für eine effektive Strafverfolgung sorgt. Daran darf es keinen Zweifel geben. Der Staat muss sein Gewaltmonopol durchsetzen können.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich möchte, und da bin ich ganz Durchschnittsbürger, Ihnen auch sagen: Ich möchte, dass sich meine Kinder in diesem Land frei entfalten und friedlich leben können. Meine Kinder sind auch Kinder einer Migrantenfamilie. Mindestens meiner Tochter sieht man an, dass sie fremdländische Wurzeln hat. Ich habe mich gefragt, was meine Kinder von den Ereignissen in Köln denken, auch vor dem Hintergrund, dass die Tätergruppe, von der berichtet wird, überwiegend aus dem nordafrikanischen oder arabischen Raum kommen oder so aussehen soll. Kann es sein, dass auch meine Kinder mit persischen Wurzeln einer Gruppe zugeschlagen werden, die pauschal als aggressiver, gewaltbereiter oder krimineller angesehen werden soll als die durchschnittlichen Deutschen ohne Migrationshintergrund?
Ich habe auch an die vielen Familien in Nordrhein-Westfalen gedacht, die vielleicht vor ähnlichen Fragen stehen. Familien, die eigentlich hier schon eine Heimat gefunden haben und die sich angesichts der Ereignisse von Köln erneut fragen, ob sie tatsächlich dazugehören oder ob sie Menschen zweiter Klasse sind. Ich habe an die vielen Flüchtlinge gedacht, die zu uns aus Situationen extremer, auch sexualisierter Gewalt gekommen sind, Menschen, die glaubten, hier endlich sicher zu sein, und die nun wieder Angst haben: Angst vor Ausgrenzung, Angst vor Benachteiligung und offenkundig auch Angst vor gewalttätigen Tätergruppen wie in Köln, wo pakistanische Mitbürgerinnen und Mitbürger gejagt und verprügelt worden sind.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wofür sollen diese Geschehnisse in dieser Silvesternacht nun alles herhalten? Da bilden sich selbsterklärte Bürgerwehren und wollen die Polizei ersetzen. Ausgerechnet Rockerbanden, von denen selbst Straftaten im Rotlichtmilieu begangen worden sind, sollen jetzt Frauen schützen. Das ist doch unappetitlich und abscheulich, was dort gesagt wird.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN sowie Ministerin Barbara Steffens – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Ich kann nur alle warnen, die Taten von Köln zu instrumentalisieren. Die Frauen, die in Köln zu Opfern geworden sind, dürfen jetzt nicht für eine Politik des Generalverdachts herhalten. Sie dürfen nicht als Verschiebemasse auf dem Bahnhof der Rechtspopulisten dienen. Auch in dieser Auseinandersetzung stehen wir alle als gewählte Volksvertreterinnen in der Pflicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Aber, das will ich an dieser Stelle deutlich sagen, ich schaue nicht nur auf die Ränder, sondern auch auf das, was hier im Landtag passiert. Ich hatte den Eindruck, es geht nicht mehr wirklich nur um die Sache. Heute geht es darum, den Innenminister zum Rücktritt zu treiben. Ich habe, Herr Kollege Laschet, Herr Kollege Lindner, wenig von der Aufarbeitung der Vorfälle in Köln gehört.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das Ganze gipfelt doch darin, dass Sie jetzt die gesamte Landesregierung als Sicherheitsrisiko darstellen.
Lieber Herr Kollege Laschet, ich habe gestern Abend noch mit meinen Kollegen in Berlin telefoniert. Da habe ich sehr Erfreuliches gehört. Ich habe gehört, dass die allermeisten Rednerinnen und Redner sowohl von CDU als auch von SPD nicht der Versuchung erlegen sind, die Vorkommnisse in Köln für billigen Populismus auszunutzen. Das liegt möglicherweise auch darin begründet, dass unser Innenminister und auch die Herren Schürmann und Heinen im Bundestag dem Innenausschuss Rede und Antwort gestanden haben – leider ganz anders als der Bundesinnenminister und auch die Vertreterin des Bundes hier im Innenausschuss des Landtages.
In dieser Befragung zeichnet sich doch folgendes Bild von den Geschehnissen in der Nacht in Köln: Die Berichte der Bundespolizei decken sich in wesentlichen Teilen mit den Erkenntnissen der Landespolizei, zumindest soweit sie mir bekannt sind. Ich will den einzelnen Beamtinnen und Beamten ausdrücklich meine Hochachtung und meinen Dank aussprechen. Vielen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die in Köln tätig gewesen sind. Sie waren trotz erheblichen persönlichen Einsatzes nicht im ausreichenden Maße in der Lage und offensichtlich überfordert, die Frauen zu schützen und die Strafverfolgung durchzuführen. Auch bei der Feststellung der Deliktsarten decken sich die Erkenntnisse der Bundespolizei mit den Erkenntnissen der Landespolizei.
Es gibt allerdings einen ganz wesentlichen Unterschied: Die Landespolizei hätte zusätzliche Kräfte anfordern können. Die Bundespolizei allerdings nicht. Es standen keinerlei zusätzliche Kräfte bei der Bundespolizei zur Verfügung.
Leider sind diese zusätzlichen Kräfte – das hat der Innenminister zu Recht ausdrücklich gerügt –, in jener Nacht in Köln nicht angefordert worden. Diese Kräfte hätten zur Verfügung gestanden und auch deswegen zur Verfügung gestanden, weil wir in der Koalition mit Weitsicht diese Polizeistärke bereitgestellt haben.
Hier stellt sich doch die Frage: Welcher Minister hätte denn in dieser Nacht eine persönliche Verantwortung für sich reklamieren müssen? Der Bundesinnenminister hat keine einzige Person zusätzlich zur Verfügung gestellt. Die Bundespolizei ist im Moment offensichtlich nicht in der Lage, in besonderen Situationen mit Polizeistärke reagieren zu können. Das ist ganz unmittelbare politische Verantwortung, die beim Bundesinnenminister liegt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Serap Güler [CDU])
– Hören Sie doch mal zu, Frau Güler!
In der Absprache mit der Landespolizei wäre es zudem nach meiner Einschätzung möglich gewesen, zu sagen: Hört mal, Leute, wir sind überfordert! Fordert doch zusätzliche Kräfte an! – Auch hier ist zu fragen, warum dies nicht geschehen ist, warum die zusätzlich zur Verfügung stehenden Polizeikapazitäten nicht abgerufen worden sind.
Nach dieser schlichten Betrachtung des Sachverhalts, der sich für mich in dieser Nacht so wie eben dargelegt darstellt, bricht das Sittengemälde zusammen, das Sie, Herr Laschet, von Innenminister Jäger als Sicherheitsrisiko gezeichnet haben. Alternativ müssten Sie diesem Sittengemälde hinzufügen: Der Bundesinnenminister ist das wahre Sicherheitsrisiko dieser Republik. – Das machen Sie natürlich nicht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was uns dann auch besonders geärgert hat, war der nachträgliche Umgang des Polizeipräsidiums Köln mit den Vorgängen. Man hat in der Silvesternacht die Lage falsch eingeschätzt und nur unzureichend kommuniziert und dadurch für Verunsicherung gesorgt und letztlich das Vertrauen in die Polizei – das ist mehrfach gesagt worden – und auch in den Rechtsstaat massiv beschädigt.
Entsprechende Konsequenzen wurden gezogen. Ich will es ganz klar sagen: Wir haben als Koalition größtes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung dessen, was in Köln passiert ist: erstens, um die Strafverfolgung zu sichern, und zweitens, um Erkenntnisse gewinnen zu können, wie derartige Vorgänge vermieden oder zumindest wirksam bekämpft werden können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Einigen – ich hoffe nicht, dass sie sich in diesem Raum befinden; allerdings habe ich von anderen Interviews heute Morgen im Radio gehört und musste sie auch heute in der Zeitung lesen – will ich ausdrücklich sagen: Einigen geht es offensichtlich darum, ganz plumpe rechtspopulistische Politik auszubreiten. Sie suggerieren, dass es sich bei dem Phänomen in Köln um eine rein importierte unmittelbare Folge der Zuwanderung von Flüchtlingen handelt. Da rate ich Ihnen nur: Denken Sie einmal zu Ende, was das dann heißt, auch für Sie selbst in der Bundespolitik, die von der Union regiert wird!
(Zuruf von der CDU)
– Jetzt hat wieder ein Mann dazwischengerufen.
(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])
Denken Sie das einmal vom Ende her, wie Herr Altkanzler Kohl formulierte! Vielleicht kommen Sie auf eine bessere Idee, wie man Populismus bekämpfen kann, ohne dass man das Original stärkt und sich selbst und damit dann die ganze Demokratie schwächt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich sage Ihnen deutlich: Wir machen konkrete Vorschläge. Die Ministerpräsidentin hat heute einen ganzen Katalog vorgetragen. Wir setzen uns für schnelle Asylverfahren ein, und das nicht erst seit 2016. Denn wir wollen, dass die Flüchtlinge endlich wissen, ob sie hier bleiben und integriert werden können oder ob sie schnell zurückgeführt werden können.
Zur Wahrheit gehört auch, dass beispielsweise die Maghreb-Staaten Marokko und Algerien kein Rücknahmeabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland haben. Es ist doch Augenwischerei, wenn der Bundesinnenminister suggeriert, man könne die Menschen schnell ablehnen, wenn er seine Hausaufgaben nicht erfüllt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich kann Ihnen nur sagen: Sie suggerieren Handlungsfähigkeit, wo noch sehr viele Hausaufgaben zu erledigen sind.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich warne ausdrücklich davor, Versprechungen zu machen, die nicht eingehalten werden können, und auch ausdrücklich vor Aktionismus. Die Enttäuschung der Menschen schadet mehr als vorübergehende Geländegewinne, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Grüne kämpfen seit Jahrzehnten gegen sexualisierte Gewalt und dafür, dass Frauen über ihren eigenen Körper verfügen können, dass sie frei und selbstbestimmt leben können und auch frei von patriarchaler Gewalt.
Heuten wehren wir uns entschieden dagegen, Frauen, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind, für populistische Zwecke zu instrumentalisieren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Weil uns der Kampf für Frauenrechte so wichtig ist, darum sind wir vorne mit dabei, wenn es darum geht, Konsequenzen aus den Vorgängen von Köln zu ziehen. Wir wollen die richtigen und zielgerichteten und wirksamen Konsequenzen ziehen, solche, die Frauen wirklich helfen und deren Freiheit und Sicherheit wirksam schützen.
Deshalb schlagen wir eine Veränderung des Sexualstrafrechts vor, die es ermöglicht, gegen sexuelle Belästigung wirksamer vorzugehen als bisher.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Hier muss sich mit Blick auf die bereits 2011 verabschiedete sogenannte Istanbul-Konvention vor allem die Union bewegen. Artikel 36 der Konvention verlangt, dass jede nicht einvernehmliche sexuell bestimmte Handlung unter Strafe zu stellen ist.
Wir Grüne wollen, dass endlich mit dem Grundsatz ernst gemacht wird: Nein heißt nein.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wer ein solches Nein nicht akzeptiert, ist ein Täter. Der muss die Härte des Rechtsstaats spüren und strenger Strafe entgegensehen.
Es muss auch möglich sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein überraschender Griff beispielsweise an die Brust einer Frau nicht nur als Beleidigung – wie heute – bestraft wird und eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr möglich macht, sondern deutlich härter bestraft werden kann.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir müssen auch über die Einführung des neuen Straftatbestandes eines sexuellen Angriffs nachdenken, der gegenüber der bisherigen uneinheitlichen Rechtsprechung klarer und restriktiver fasst, was überhaupt als sexueller Übergriff zu werten ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre wichtig, wenn diese Lehre aus Köln gezogen wird: dass das Problem sexualisierter Gewalt auch mit strengen und klaren Strafen bekämpft werden muss. Auch hier ist die Bundesregierung in der Pflicht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Zum Schluss möchte ich einen persönlichen Appell an alle demokratischen Parteien hier im Landtag richten, einen Appell, der etwas Gemeinsames in den Mittelpunkt stellt, eine besondere Stärke unseres Landes, dessen Menschen in der Vergangenheit immer wieder bewiesen haben, dass sie Krisen bewältigen können: den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, die Integration von Hunderttausenden Flüchtlingen aus dem Osten und auch den Strukturwandel.
Wir waren die Gesellschaft, die immer wieder gefordert hat. Wir haben es geschafft. Das sage ich auch denjenigen, die jetzt zweifeln und vielleicht auch Angst haben. Wenn wir solidarisch bleiben, wenn wir Augenmaß und Vernunft bewahren, dann werden wir es auch an dieser Stelle schaffen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Anhaltender Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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