Mehrdad Mostofizadeh: „Sie laufen der Situation hinterher“

Zum Haushaltsplan 2022 - Wirtschaft

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man nicht über den Einzelplan reden will, redet man darüber, was vor viereinhalb Jahren gewesen ist, Herr Kollege Untrieser.

(Zuruf von Dr. Christian Untrieser [CDU])

Offensichtlich haben Sie viel zu wenig zu bieten, um darüber reden zu können – wobei das, was im Haushalt steht, vom Volumen her gar nicht so schlimm ist; das muss man durchaus zugestehen.

Bezüglich des Tariftreue- und Vergabegesetzes fordern Sie mich aber doch heraus. Sie sagen allen Ernstes gegen alle Gewerkschaften, gegen alle Verbände, die Arbeitnehmerinteressen vertreten, das Tariftreue- und Vergabegesetz wäre ein reines Bürokratiemonster und lächerlich. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wir Grünen werden alles dafür tun, dass wir die Wettbewerbsgleichheit und die Tariftreue stärken sowie die Mitbestimmung in Betrieben sehr hochhalten werden und natürlich wieder ein Tariftreue- und Vergabegesetz auflegen werden, das seinen Namen verdient und dafür sorgt, dass Kinderarbeit und andere Dinge nicht in die öffentliche Beschaffung gehören und Nordrhein-Westfalen bei diesem Thema Vorreiter ist.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Minister, ich weise nun auf einige Punkte, die uns aktuell umtreiben, hin. Ihr Haushaltsplan schreibt im Prinzip Wesentliches fort, was vorher gewesen ist – ein bisschen Digitalisierung hier, ein bisschen Förderung da, das Handwerk ansprechen dort. Aber ich möchte einmal auf die aktuelle Situation eingehen.

Wir haben in dieser vierten Coronawelle wieder eine ganz prekäre Situation gerade für die Gruppen, die uns am Herzen liegen müssen – diejenigen, die in der Innenstadt arbeiten, die in den Zentren unterwegs sind, die Gastronomie machen. Und was tun Sie? Sie tun nichts. Sie laufen der Situation hinterher. Es wäre doch viel besser, wenn diese Unternehmen jetzt klare Regeln hätten und nicht auf den Bund gewartet worden wäre. Eine Weihnachtsfeier nach der anderen wird abgesagt, die Umsätze brechen ein, und wir können nicht einmal Ausfallzahlungen leisten, weil Sie als Landesregierung nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und den Betrieben zuzusagen: Wir gehen von 2G, von 2G plus aus. Wenn Veranstaltungen abgesagt werden, treten wir für euch ein. Dann zahlen wir Ausfallbürgschaften; dann machen wir Kurzarbeitergeld. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles fehlt bei dieser Landesregierung. Kein Plan, keine …

(Dietmar Brockes [FDP]: Und Sie sagen, es werde nicht über den Haushalt gesprochen! Wo steht das im Haushalt?)

– Was ist denn mit Ihnen los?

(Heiterkeit und Beifall von Wibke Brems [GRÜNE])

Sie sind doch gleich dran. Sie haben doch gleich fünf Minuten Redezeit, Herr Kollege Brockes. Sind Sie irgendwie falsch abgebogen, oder was?

(Dietmar Brockes [FDP]: Sie sind ein bisschen fachfremd! – Daniel Sieveke [CDU]: Mann, Mann, Mann!)

Herr Minister, ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen, der ebenfalls in Ihren Bereich fällt, nämlich das Thema „Handwerk“. Sie haben auf die Enquete hingewiesen. Wie wäre es denn, wenn Sie mit anstoßen würden, dass das Handwerk wieder in die Innenstädte hineinkommt, dass es in Bebauungsplänen vorkommt, dass Sie durch Beratung mit dafür sorgen, dass gerade kleine und mittlere Handwerksbetriebe, die oftmals keinen Platz finden und auf die grüne Wiese verwiesen werden, wieder in die Zentren hineinkommen? Das wäre doch einmal eine Initiative, durch die wir fachlich ein ganzes Stück vorankämen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zwei kurze Hinweise möchte ich im Detail noch geben. Beim Institut für Freie Berufe fragt man sich schon, wer da personell eigentlich unterwegs ist. Einerseits sitzen die Leute im Aufsichtsrat und andererseits im operativen Geschäft, und gleichzeitig werden 750.000 Euro bereitgestellt, bei denen mir die Vorstellung fehlt, wie das wirklich etwas voranbringen soll. Und dann ist es eine Fokussierung auf einen derart kleinen Bereich.

Vielleicht könnten Sie das der geneigten Öffentlichkeit auch noch mal erklären. Denn auch die Personalidentität mit Leuten, die Ihnen sehr nahe stehen, ist da schon ziemlich groß. Ich kann mich hier auch an Referenten aus Landtagsfraktionen und andere erinnern. Es würde mich tatsächlich sehr interessieren, ob das irgendwie ein Geschmäckle hat oder ob Sie es inhaltlich doch sehr gut begründen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Sie nicht sehr wundern: Wir werden den Einzelplan auch an dieser Stelle ablehnen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)