Mehrdad Mostofizadeh: „Mit den Kommunen muss einheitlich und unmittelbar kommuniziert werden können“

Zum Antrag der GRÜNEN auf Änderung der Pandemischen Leitlinien

Mehrdad Mostofizadeh

Der Antrag

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schönen guten Tag, Herr Gesundheitsminister und Frau Kommunalministerin! Nun sind doppelt so viele Regierungsmitglieder wie sonst üblich hier im Plenum. Der Ministerpräsident zieht es ja vor, um 17 Uhr in Bonn eine Rede zu halten und um 19:20 Uhr – er ist gerade offenkundig unterwegs – im Erich Brost-Pavillon in Essen. Ich habe mir einmal die Entschuldigtenliste herausgesucht, Frau Präsidentin. Herr Minister Biesenbach ist ganztägig entschuldigt, ansonsten kein einziger Minister und auch nicht der Ministerpräsident. – So viel zum Respekt vor dem Parlament, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dass ich das an dieser Stelle erwähne, ist dem Auftritt von Frau Kollegin Schneider geschuldet. Wir haben einen Unterausschuss Pandemie gegründet, unter anderem im Einvernehmen der vier Fraktionen CDU, SPD, FDP und Grüne, um dort wichtige Arbeit zu leisten. Vielen Dank an die Vorsitzenden Schmeltzer und Preuß, die sich gemeinsam mit den Obleuten viel Mühe geben, dass dort eine Menge geleistet wird.

Mittlerweile haben wir, wenn ich richtig rechne, schon vier oder fünf Anhörungen, Sachverständigengespräche mit vielen guten Inputs durchgeführt. Frau Kollegin Lück hat darauf hingewiesen. Es haben auch bereits Auswertungsgespräche stattgefunden, aus denen wir wichtige Erkenntnisse gezogen haben. Der Antrag von SPD und Grünen greift genau diese Punkte auf.

Frau Kollegin Schneider, den Punkt, an dem Sie über die Schule hinaus das Thema „Kinder und Jugendliche“ in Ihrem Antrag aufgreifen, mögen Sie mir einmal zeigen. Ich erkenne da nichts, was Freizeitangebote betrifft oder dass Kinder und Jugendliche als eigene Individuen außerhalb von Schule und formeller Bildung gesehen werden. Dazu kann ich in Ihrem Antrag nichts erkennen, werte Kollegin Schneider.

(Beifall von den GRÜNEN und Regina Kopp-Herr [SPD] – Zuruf von Susanne Schneider [FDP])

Heute Vormittag stand dort ein Mann, der die Coronapandemie insgesamt leugnet. Ein kurzer Exkurs: Fast 2.000 Menschen, schottische Fans, haben sich bei der Europameisterschaft nach Angaben des „kicker“ mittlerweile angesteckt. Dann können Sie sich überlegen, ob die Pandemie vorbei ist oder ob wir uns da leider ein Superspreaderevent ansehen müssen. Das möchte ich sehr deutlich sagen.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Ich hatte gehofft, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil die Sommerpause naht und wir die niedrigen Inzidenzen haben, dass wir die Gelegenheit nutzen, um gemeinsam wichtige Punkte nach vorne zu bringen. Da reichen keine Sonntagsreden. Da reicht es nicht, so zu tun, als wenn die einen dafür sind, dass die Menschen in Urlaub fahren können, und die anderen wollen es verhindern.

Wir haben in dem Unterausschuss gemeinsam wichtige Erkenntnisse gesammelt. Die sollten wir gemeinsam zusammenfügen und dem Landtag zur Beschlussfassung vorlegen. Alles andere ist doch lächerliche und unnötige Ideologie. Das können wir uns absolut sparen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will vier Stichworte nennen:

Erstens. Das Thema „Kommunikation“ – Frau Kollegin Lück hat es angesprochen – war ein ganz zentraler Punkt in einer Anhörung vor drei oder vier Wochen. Es ist eben nicht so, wie Sie eben geschildert haben, dass, wenn der Krisenstab aufgelöst wird, der Gesundheitsminister entmachtet und der Innenminister mit viel Macht ausgestattet würde. Die Landesregierung hat doch selbst die Kompetenz, die Geschäftsordnung für ein solches Verfahren festzulegen.

Viel wichtiger ist mir ein anderer Punkt der Kommunikation: Mit den Kommunen muss einheitlich und unmittelbar kommuniziert werden können.

Noch viel wichtiger ist: Wir sprechen immer über vulnerable Stadtteile. Wir müssen die erreichen, und zwar sprachlich, über die sozialen Medien und über unterschiedlichste Angebote, die sonst nicht an die Informationen kommen oder sich damit schwertun. Deshalb müssen unterschiedliche Angebote gemacht werden. Das Gesundheitsministerium selbst sperrt sich doch gar nicht dagegen und sagt: Wenn es gute Ideen sind, lasst es uns gemeinsam machen.

Was ich jedoch nicht verstehe, ist die Herangehensweise an die Themen „Krisenstab“ und „einheitliche Kommunikation“. Wir haben in unserem Antrag sehr gute Vorschläge gemacht, die man schlichtweg ergreifen könnte.

Das Zweite ist: Lassen Sie uns doch auch Bürgerinnen und Bürger in einem Bürgerrat – das war ein konkreter Hinweis von Frau Professor Woopen in diesem Zusammenhang – installieren, damit die Menschen, die das nutzen, vielleicht aus eigener Perspektive Hinweise geben, wie wir das machen können.

Mein dritter Punkt bezieht sich auf das Stichwort „Kinder- und Jugendliche“. Frau Schneider, Sie sprechen die psychischen und sozialen Folgen an. Allerdings bieten Sie keinerlei Ansatzpunkte, wie damit umgegangen werden soll. Ich bin ganz bei Ihnen; ich habe das quasi beruflich zu bearbeiten. Wir könnten das alles aufgreifen, aber das tun Sie nicht.

Mein vierter und letzter Punkt ist, weil Sie auch Ihre eigenen Punkte ansprachen: Ich will die Debatte zum Monitoring an dieser Stelle nicht wiederholen. Letztlich bleibt aber auch das ein zahnloser Tiger, weil Sie die Pandemie zwar monitoren wollen, aber nicht bereit sind, die einzelnen Elemente – da bin ich ganz bei Frau Lück – anzusprechen und darzulegen, was das an dieser Stelle dann bedeutet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hätten heute die große Chance gehabt, wichtige Faktoren für den Sommer festzuschreiben und eine Perspektive zu schaffen. Davor haben sich die CDU und die FDP ausdrücklich gedrückt.

Wir haben einen konkreten Vorschlag für Pandemische Leitlinien vorgelegt. Mein dringender Appell ist, die nächsten Wochen und Monate so nicht verstreichen zu lassen, sondern Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen zu ziehen, die wir dann für den Fortlauf dieser Pandemie als auch für künftige Pandemien – so schlimm sich das anhört –

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

nutzen können, und zusammenzuarbeiten. Ich bitte daher, unserem Antrag zuzustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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