Mehrdad Mostofizadeh: „Menschen, die aus Fluchtgründen hierherkommen, sind keine irregulären Migranten“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Integrationspolitik

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich sprechen wir heute über den vermutlich letzten Antrag, den Herr Dr. Stamp hier im Landtag begründet. Vermutlich spreche ich auch zum ersten Mal zu einem Antrag, den er begründet, denn ich bin kein ausgewiesener Integrations- und Migrationspolitiker. Aber ich glaube, ich bin einer von denen, die Sie zumindest am längsten hier auch kennen. Deswegen erlaube ich mir, ein paar Worte dazu zu sagen.

Vielleicht ganz kurz zu dem Antrag: Der Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, verdeckt ein bisschen das, was Herr Dr. Stamp gemacht hat. Leider sind in dem Antrag einige Punkte nicht enthalten, die in seiner Arbeit vorher durchaus zu sehen waren.

Bei der Migrationspolitik nur zwischen regulärer und irregulärer Migration oder zwischen Arbeitsmarktzugang und Abschieben zu unterscheiden, finden wir, ehrlich gesagt, etwas zu kurz gesprungen. Deswegen finde ich es sehr gut, dass im Antrag wenigstens formuliert wird, dass wir einen Integrationskonsens haben.

Was auch fehlt, ist – das haben die Kollegin und auch Herr Baran in sehr deutlicher Weise gesagt –, dass die Menschen, die aus Fluchtgründen, aus guten Gründen hierherkommen, keine irregulären Migranten sind, sondern sie haben gute Fluchtgründe. Sie sind auch hier herzlich willkommen, wenn sie vor Gewalt, Krieg oder ähnlichen Dingen in anderen Ländern geflüchtet sind und hier in Nordrhein-Westfalen angekommen sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im Antrag fehlt uns auch ein Wort zur Antidiskriminierungsarbeit, weil gerade Menschen mit Migrationshintergrund Rassismuserfahrungen immer und immer wieder machen. Deswegen wäre es schön gewesen, wenn Sie das in dem Antrag ausgeführt hätten.

Trotzdem betont der Antrag den integrationspolitischen Konsens, den die vier Fraktionen SPD, CDU, Grüne und FDP hier haben. Deswegen möchte ich mir erlauben, ein paar Punkte aus Ihrer Biografie und Ihrer politischen Arbeit zu erwähnen, die wir ausgesprochen positiv finden.

Kollege Baran hat schon den Bleiberechtserlass angesprochen, der in einer Zeit gekommen ist, in der Herr Seehofer auf Bundesebene noch deutlich Stimmung in die andere Richtung gemacht hat. Deswegen Respekt, dass das in Nordrhein-Westfalen an der Stelle in einer christlich-liberalen Koalition auch möglich war, Herr Kollege.

Das Zweite ist: Sie haben ein Teilhabe- und Integrationsgesetz gemacht – das ist eben auch schon genannt worden –, in dem Sie sich explizit auch zu Rassismussensibilität und anderen Fragen geäußert haben, was Sie auch in Gesetzesform gegossen haben, was wir ausgesprochen gut finden.

Ein Punkt, den ich selbst relativ gut beurteilen kann, weil ich aus dem Bereich auch komme, ist das Modellprojekt „Guter Lebensabend“. Es ist Ihnen zu verdanken, dass in Nordrhein-Westfalen kultursensible Politik in Bezug auf alte Menschen gemacht wird, wobei es deutlichen Ausbaubedarf in Nordrhein-Westfalen gibt. Da kann ich nur herzlichen Dank sagen. Das wird auch von Ihrer Nachfolgerin fortgeführt. Das sind sehr wichtige Bausteine Ihrer Arbeit gewesen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Zum Schluss möchte ich noch einen Punkt anführen, der sich jetzt nicht in Gesetzen oder anderem widerspiegelt:

Das ist Ihre Haltung, die ich immer wieder bei Ihnen erfahren durfte. Sie haben in Ihrer Sprache und in Ihrem Auftreten sehr klare Kante gegen rechts gezeigt.

Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen – normalerweise erwähne ich das sonst in Reden nicht; aber das kann ich allen nur sagen –: Menschen fühlen sich extrem ausgegrenzt, die wie ich eine Migrationsgeschichte haben, wenn Diskussionen geführt werden, dass aufgrund ihrer Migrationsgeschichte dieses oder jenes, dieser Gewaltzugang oder jene Pascha-Äußerung, da seien. Meine Verwandten im Iran kämpfen gegen dieses Regime, das muslimisch geprägt ist. Ich kann Ihnen nur sagen: Schließen Sie bei den Debatten die Menschen, die hier in Nordrhein-Westfalen sind, nicht aus. Achten Sie bitte auf Ihre Sprache.

Das hat Herr Dr. Stamp für meine Begriffe immer getan. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Bei meiner Internetrecherche über Sie, Herr Kollege, ist mir noch ein Punkt aufgefallen, der uns beide offensichtlich verbindet. Sie haben Fußball beim SV Rot-Weiß Bonn-Röttgen gespielt – mit großer Begeisterung, aber wie ich selbst auch mit offensichtlich mangelndem Erfolg nach oben. Das finde ich sehr ehrenwert. Schöne Grüße an Ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bei Rot-Weiß Röttgen! Ich hoffe, dass Sie mit dem Verein weiterhin verbunden bleiben.

Eines muss man auch neidvoll anerkennen. Sie haben, glaube ich, dreimal das Kommunalmandat in diesem Wahlkreis gewonnen. Das ist für einen FDP-Politiker sicherlich außergewöhnlich. Da Sie nicht mehr da sind, ist es leider der FDP jetzt wohl auch nicht mehr gelungen.

Alles in allem möchten wir von der Grünenfraktion Ihnen zurufen: Herr Dr. Stamp, machen Sie Ihre Arbeit mit diesem Engagement so weiter, wie Sie sie bisher gemacht haben. Wir werden sicherlich an der einen oder anderen Stelle diskutieren und unterschiedlicher Auffassung bleiben. Aber es wäre auch langweilig, wenn wir in der Politik alle gleicher Meinung wären.

Viel Erfolg, Glück auf und alles Gute in Berlin!

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der FDP)

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