Mehrdad Mostofizadeh: „Legen Sie ein Konzept auf den Tisch, das das nachvollziehbar macht, was mit diesen Worten zu verbinden ist.“

Antrag der CDU zu demografiefesten Gesetzen

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Schmitz hat eben vorgetragen, wir könnten uns entweder blind, blöd oder taub stellen oder jetzt diesem Antrag zustimmen. So ist meine Zusammenfassung an dieser Stelle.
(Hendrik Schmitz [CDU]: Das ist verkürzt!)
Ich frage mich, Herr Kollege Schmitz: Haben Sie sich bisher blind, blöd und taub gestellt und deswegen nie bei den CDU-Anträgen darüber nachgedacht, sie im Hinblick auf die Aspekte der Demografiefähigkeit und der Nachhaltigkeit zu untersuchen?
(Hendrik Schmitz [CDU]: Alter Hut!)
Das finde ich ein bisschen erstaunlich. Vielleicht nur der Hinweis auf die Landeshaushaltsordnung: Danach ist es zwingend, wenn man Ausgaben macht, dass die Kostenfolgen dieser Ausgaben zum Beispiel bei einer Gesetzesinitiative entsprechend zu beschreiben sind. Ich weiß, dass Sie mit Ihrem Antrag etwas mehr wollen. Aber dann müssen Sie auch sagen, was Sie wollen, Herr Kollege. Denn nur zu fordern: „Wir müssen da was machen“, ist ein bisschen wenig. Das muss nämlich genau definiert werden.
Ich habe mir zutragen lassen bzw. wir haben auch hier im Parlament darüber debattiert: Wir haben auf Ihren Vorschlag hin eine Enquetekommission eingerichtet. Diese Enquetekommission befasst sich genau mit der Frage: Wie ist Nachhaltigkeit, wie ist Demografiefestigkeit zu definieren? Es wird ja in manchen haushaltspolitischen Debatten hier im Plenum immer wieder deutlich, dass möglicherweise die CDU-Fraktion eine andere Auffassung hat als die grüne Fraktion.
Ich halte es zumindest nicht für nachhaltig – das bezieht sich auf das Beispiel der kalten Progression von eben –, einen Vorschlag zu machen, die kalte Progression jetzt abzuschaffen und, wenn wir der FDP folgen würden, das in den Folgejahren immer linear anzugleichen. Dann hätten wir einen Einnahmeausfall von 700 Millionen €. Sie beschreiben aber nicht den nachhaltigen Effekt dieser Vorgehensweise, und Sie beschreiben auch nicht, wie sich das demografisch in den Folgejahren auswirkt.
Der Kollege Kruse fordert zum Beispiel immer wieder mehr Polizistinnen und Polizisten. Wir haben aber – das wissen wir – in den nächsten Jahren viel weniger Menschen. Da muss man sich schon fragen: Warum fordert er das denn trotzdem? Weil es gerade Spaß macht oder weil er sich blind, blöd oder taub stellt, um das an der Stelle mit Ihren Worten zu charakterisieren?
Mein Vorschlag, Herr Kollege, ist folgender: Arbeiten Sie in der Enquetekommission an diesem wichtigen Thema intensiv weiter! Ziehen Sie keinen Aspekt scheinheilig – aus meiner Sicht – voreilig heraus, sondern legen Sie ein Konzept auf den Tisch, das das nachvollziehbar macht, was mit diesen Worten zu verbinden ist!
Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel, um zu illustrieren, wo es eventuell handfest wird. Zur Frage der Altersfinanzierung haben wir in den 90er-Jahren immer gehört: Ja, die Demografie, es wird alles schlimm und schwierig; wir haben mehr alte Menschen, und deswegen sind die Sozialsysteme nicht mehr zu bezahlen. – Tatsächlich war es so, dass sich die Zahl der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in den Jahren zwischen 1995 und 2010 nicht verändert hat. Das liegt schlicht daran, dass früher mehr Kinder da waren, weil die Menschen mehr Kinder hatten
(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])
– lassen Sie mich bitte ausreden; das können Sie ja dann möglicherweise nachvollziehen –, und jetzt diejenigen, die Rentenbezieher sind, langsam mehr werden. Insofern war es bei dem Vorgang, der dort beschrieben worden ist, ein konjunkturelles Problem.
Worauf ich hinaus will, ist Folgendes: Sie müssen sehr dezidiert beschreiben, wohin Sie wollen. Einfach nur zu sagen: „Wir haben Demografie, wir haben das Thema Nachhaltigkeit“, das sind schlichte Überschriften. Sie müssen das mit Leben füllen, zumindest mit einem Konzept, und dann kann man einen Antrag daraus machen. Das, was Sie hier auf den Tisch legen, sind Überschriften. Mein Vorschlag ist, wie gesagt: Arbeiten Sie in der Enquetekommission ein vernünftiges Konzept aus, und dann können wir uns darüber unterhalten. Aber schlicht Überschriften zuzustimmen, fällt uns ausgesprochen schwer.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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