Mehrdad Mostofizadeh: „Ihr Antrag ist in der Sache vernünftig und fundiert beschrieben.“

Antrag der Piraten zu "Lizenz Box"

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte auch ich mich bei der Piratenfraktion bedanken, dass wir das Thema jetzt im Fachausschuss beraten können. Das ist der bessere Weg, weil es neben den Lizenzboxen in der Tat noch andere Aspekte in dem Zusammenhang gibt.
Ich möchte nur eins vorwegschicken, damit es nicht in Vergessenheit gerät: Der Kollege Krückel hat Steuerdumping angesprochen. In dem Antrag werden Steuerhinterziehung, Steuerverkürzung oder Modelle dazu Thematisiert. Wir haben gestern über das Thema „Solidarumlage“ diskutiert. Ich, finde, wenn sich Kommunen zulasten anderer Kommunen Steuersätze von 300 Punkten leisten können – wir haben viele Jahre über Schleswig-Holstein diskutiert –, dann gehört es zur Wahrheit, dass man auch damit aus der solidarischen Finanzierung ausschert. Herr Kollege Krückel hat in dem Zusammenhang auf Großbritannien hingewiesen. Wenn Irland Stützungsgelder aus dem europäischen Fonds bekommen möchte und mit Unternehmenssteuersätzen im einstelligen Bereich operiert, ist das ebenfalls diskussionswürdig.
Der Kollege Hahnen hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Finanzminister in Person und das Land Nordrhein-Westfalen auf der Finanzministerkonferenz in vielerlei Hinsicht aktiv geworden sind. Die EU ist mit der Arbeitsgruppe Unternehmensbesteuerung aktiv. Das Thema ist auf der Tagesordnung. Deswegen ist es gut, dass wir es auch im Ausschuss diskutieren.
Mich wundert aber, Herr Kollege Kern: Sie haben den Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Herrn Walter-Borjans, im letzten Jahr mit einer Strafanzeige belegt, weil er Steuer-CDs hat kaufen lassen bzw. nichts dagegen unternommen hat, wenn man es richtig darstellt, denn er persönlich führt die Verhandlungen in aller Regel nicht. Das passt für mich nicht ganz zusammen. Das ist aber ein ganz persönliches Problem, das wir in dem Zusammenhang haben.
Richtig ist, um es klar zu sagen: Ihr Antrag ist in der Sache vernünftig und fundiert beschrieben. Die Punkte, die im Einzelnen vorgetragen worden sind, sind sehr diskussionswürdig. Deswegen freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss, damit wir die anderen Positionen, die da auch noch hinzukommen, diskutieren können.
Ich möchte an dieser Stelle auch ausdrücklich etwas ankündigen. Wir wollen diesen Antrag ja nicht in den Ausschuss überweisen, damit wir ihn still und klammheimlich verstecken. Vielmehr geht es uns in der Tat darum, die anderen Punkte mitzudiskutieren und möglicherweise eine breite Abstimmung zu diesem Thema, gern auch über die Fraktionsgrenzen hinweg, hinzubekommen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank. – Bitte bleiben Sie noch einen Moment bei uns, Herr Kollege; denn Herr Kollege Kern hat eine Kurzintervention angemeldet. Wenn er sich jetzt eindrückt, bekommt er für 90 Sekunden das Wort. – Bitte schön.
Nicolaus Kern (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Bislang haben wir hier eine recht sachliche Debatte erlebt. Deswegen fand ich es ein bisschen schade, dass Sie mit Ihrem Hinweis auf die Strafanzeige vom letzten Jahr doch das Feld des Sachlichen ein wenig verlassen haben. Diese Anzeige habe ich in der Tat erstattet. Ich habe mich aber ausdrücklich nicht – das haben wir hier im Parlament auch schon besprochen – dagegen gewendet, dass der Minister alles versucht, die Steuerschlupflöcher Richtung Schweiz zu schließen. Ich habe immer deutlich gemacht, dass es mir und uns Piraten um die Art und Weise geht, wie dieses versucht wird.
(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Als Staat kann man doch nicht zu jedem Mittel greifen. Insbesondere sollte man nicht mit Kriminellen zusammenarbeiten und gegen den Datenschutz verstoßen.
Deswegen habe ich mich auch hier bei meinem Redebeitrag so ausgedrückt, dass man erkennen kann: Uns geht es nicht darum, Steuersünder, Steuerverbrecher zu schonen, sondern um die Sache. Wir wollen für eine Erhöhung der Einnahmen des Staates sorgen – aber auf legale Weise, indem man die Gesetze entsprechend anpasst. Darauf sind die anderen Kollegen übrigens auch nicht eingegangen. Es geht hier ja nicht darum, illegales Vorgehen einzudämmen, sondern darum, dass auf legalem Wege solche Steuergeschenke verteilt werden. Dagegen müssen wir uns wenden. Das ist etwas ganz anderes.
Deswegen halte ich diese Vermischung, die Sie vorgenommen haben, verehrter Kollege Mostofizadeh, für etwas problematisch.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Wunderbar. Das war mit 90 Sekunden eine Punktlandung. – Jetzt hat Herr Kollege Mostofizadeh seinerseits 90 Sekunden Zeit, zu antworten. Bitte.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Kollege Kern, in der Tat haben wir das mehrfach diskutiert. Ich will Ihnen an dieser Stelle nur Folgendes sagen: Es ist keineswegs illegal. Da sind Sie auf dem völlig falschen Dampfer. Es ist nicht nur nicht illegal, Informationen, die man bekommen kann, nachzugehen. Vielmehr ist die Strafverfolgung sogar gehalten, allen Informationen nachzugehen, die sie bekommen kann.
Im Übrigen: Das mag Ihnen nicht schmecken – aber auch Prostitution und andere Formen illegaler Geldbeschaffung werden besteuert. Das sind zwei Paar Schuhe. Es geht in diesem Zusammenhang nicht um eine moralische Frage. Ich will das aber überhaupt nicht vermischen.
Der Ankauf von Steuer-CDs ist so lange notwendig, wie Menschen in diesem Staat oder auch in anderen Ländern meinen, auf illegale Art und Weise Steuerhinterziehung betreiben zu können. In der Schweiz liegen offenkundig dreistellige Milliardenbeträge herum. Deswegen ist es richtig, dass unser Finanzminister dem nachgeht.
Sie haben diesen Punkt jetzt dramatisch hochgespielt. Für mich war es nur einen kleiner Hinweis. Weil Sie der SPD Robin-Hood-Gebaren vorgeworfen haben, wollte ich Ihnen noch einmal deutlich machen, dass auch Sie im letzten Jahr vielleicht etwas von dem Weg der normalen parlamentarischen Auseinandersetzung abgekommen sind. Darüber hinaus finde ich es schon sehr merkwürdig, Herr Kollege, dass man überhaupt zu einem solchen Mittel greift, wenn man als Landtagsabgeordneter die Möglichkeit hat, einen Minister persönlich zu befragen, Kleine Anfragen zu stellen und vieles andere mehr.
Das wollte ich aber gar nicht hier vertiefen. Insofern: Lassen Sie uns über den Antrag reden und ansonsten vielleicht einen anderen Stil an den Tag legen.