Mehrdad Mostofizadeh: „Höhere Zahlen, bessere pädagogische Betreuung, bessere Quoten“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Zukunft von Produktionsschulen

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Drucksachennummer ist mir gerade erst aufgefallen, aber mit George Orwell hat dieser Antrag zum Glück nichts zu tun. Wir möchten vielmehr der Landesregierung, die im Bereich der Arbeitsmarktpolitik entweder sehr impulshaft oder zum Teil ideologisch reagiert, die Gelegenheit geben, noch einmal nachzudenken – nachzudenken über Entscheidungen, die wir ehrlich gesagt für richtig falsch halten.
Lieber Minister Laumann, auch die Kommunikationsweise, mit der Sie hier agiert haben, ist gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Natürlich kann eine neue Landesregierung neue Schwerpunkte setzen. Sie kann neue Entscheidungen treffen, aber sie sollte tatsächlich auf das, was in diesem Land auch geleistet worden ist, Rücksicht nehmen. Sie sollte diese neuen Entscheidungen erklären, und sie sollte sie auf der Basis der Erkenntnisse dessen, was vor-her gewesen ist, treffen. Das ist in diesem Fall überhaupt nicht geschehen. Deswegen sollten Sie innehalten und diese Entscheidung überdenken.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Das ist auch keine neue Entscheidung, Herr Minister. Das Werkstattjahr ist ein alter Hut. Das Werkstattjahr wurde am Anfang dieses Jahrtausends eingeführt, es wurde auch bewertet und ausgewertet, und die Auswertung hat dazu geführt, dass man erkennen musste, dass über 50 % derjenigen, die dort mitgemacht haben, das Ziel eben nicht erreicht haben, dass sie die Maßnahme vorzeitig abgebrochen haben.
Wir haben dann die Konsequenz daraus gezogen, Produktionsschulen in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln. Der Wert dieser Produktionsschulen wurde nachgehalten und kontrolliert.
Und zurück zur Kommunikation: Sie haben Ihre Entscheidung in keiner Weise kommuniziert.
Eine Anfrage der Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokraten aus Dezember und auch eine Berichtsanfrage von uns machten erst deutlich, was dort geschehen ist. Und was noch viel schlimmer ist: Nach meinem Kenntnisstand haben Sie bis heute auch diejenigen regionalen Arbeitsgruppen, die damit befasst sind, überhaupt noch nicht informiert. Das ist eine Frage, die ich Sie bitte, heute oder im Ausschuss zu beantworten: Warum ist dies nicht geschehen? Warum werden wichtige Akteure, die sich im Bereich der Arbeitsmarktpolitik engagieren, wie auch staatliche Stellen offensichtlich bei dieser fachlichen Frage von Ihnen völlig außen vor gelassen?
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Ich möchte Ihnen aber auch erklären, warum wir das für falsch halten, was Sie hier machen. Sie setzen hier einen Schwerpunkt, der sich auf Jugendliche bis 18 Jahre beschränkt. Das Programm der Produktionsschulen halten Sie, wie Sie im Ausschuss auch noch einmal ausdrücklich gesagt haben, für Schule. Vielleicht hätten Sie sich vorher informieren sollen. Es geht nämlich darum, dass Menschen an dem konkreten Produktionsprozess gerade außerhalb von schulischen Strukturen, denen sie entweder nicht gewachsen waren oder die sie aus anderen Gründen ablehnen, teilnehmen können.
Herr Minister, offensichtlich haben Sie sich nicht ausreichend informiert und haben deswegen diese Entscheidung getroffen. Aber sei es drum.
Lassen Sie uns diesen Antrag in die Ausschüsse verweisen und genau überlegen, ob diese Linien richtig sind. Schließlich waren die in den Produktionsschulen gesammelten Erfahrungen durchweg positiv. Viele Teilnehmer haben nämlich den Abschluss geschafft, viele Menschen haben bis 25 Jahre eine Perspektive. Was machen Sie denn mit den Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren? Worin besteht denn das Nachfolgeprogramm?
Eines kann ich Ihnen versichern: Die Fachverbände haben bisher alle mit dem Kopf geschüttelt und das zum Teil auch mit klarer Ablehnung zum Ausdruck gebracht. Das war nicht nur bei den Produktionsschulen der Fall, sondern auch bei den Ausbildungsbotschaftern, die im Übrigen von allen Fraktionen dieses Landtags – außer von der AfD, die damals noch nicht beteiligt war – in der Enquetekommission ausdrücklich gelobt worden sind.
Herr Minister, ich habe Verständnis dafür, dass Sie in den letzten Monaten viel investieren mussten, um auf Bundesebene wieder eine Kuschelkoalition mit den Sozialdemokraten vorzubereiten. Aber dies hat dazu führt, dass junge Menschen nicht mehr die Gelegenheit haben, in den Bereichen arbeiten zu können, in denen es sinnvoll ist, und das darf nicht passieren. Lassen Sie uns die Zukunft der jungen Menschen nicht aufs Spiel setzen und noch einmal sehr intensiv über die Arbeitsmarktpolitik nachdenken. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)
Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Mostofizadeh.

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt
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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Minister, ehrlich gesagt finde ich das, was Sie hier machen, nicht in Ordnung. Sie diskreditieren letztlich Ihr eigenes Amt, wenn Sie sagen, Sie könnten nicht die gleiche Politik fortsetzen wie die Koalition vorher. Das ist doch völlig klar.
Nur um einmal die Fakten zur Abbruchquote zu nennen, weil Herr Kollege Schmitz das eben nicht getan hat: 50 % Zugang hatten wir nach den Produktionsschulen, beim Werkstattjahr waren es 30 %. Das ist auch regierungsamtlich bestätigt. Die Kollegin Hannen hat absolut deutlich gemacht, dass es nur um Ideologie ging. Sie hat sogar Sachverhalte erfunden, die gar nicht im Antrag stehen. Das Wort „Geflüchtete“, das Sie genannt haben, kommt in unserem Antrag nicht einmal vor.
Eines will ich Ihnen sagen: Wir müssen die Zahlen miteinander vergleichen und sollten hier keine Showkämpfe austragen. Setzen Sie sich mit den Argumenten auseinander. Das Argument bei der Produktionsschule ist: deutlich höhere Zahlen, bessere pädagogische Betreuung, bessere Quoten.
Daraus sollten Sie lernen und sich nicht davon verabschieden, nur weil irgendjemand anders das vorher gemacht hat. Das ist unser Ansinnen, und dafür kämpfen wir auch.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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