Mehrdad Mostofizadeh: „Herr Minister, ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen soll“

Gesetzentwurf der Landesregierung zur Pflegeberufereform

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schneider, Ihre Reden sind immer so angelegt, dass Sie zuerst den Sachverhalt ein Stück weit schildern und dann eine Nebelkerze werfen. Hinsichtlich der Pflegeausbildung will ich an diesem Punkt ansetzen:
Was der rot-grünen Koalition in der letzten Legislaturperiode gelungen ist, ist eine Verdopplung der Altenpflegeplätze in Nordrhein-Westfalen. Kein anderes Bundesland hat im Bereich „Pflege“ annähernd so erfolgreich gearbeitet wie Nordrhein-Westfalen – das ist die Wahrheit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Bis Sie das gesagt hatten, dachte ich: Komisch, zum ersten Mal habe ich eine Menge Überschneidungen mit der Einschätzung der FDP und der Kollegin Frau Schneider.
(Heiterkeit von Susanne Schneider [FDP] und Henning Höne [FDP])
–  Wenn Sie das witzig finden und es für einen Sport halten, mag das so sein. Ich würde das aber gerne inhaltlich bewerten.
Die Altenpflege wird meine große Sorge für die nächsten Jahren sein. Herr Minister Laumann, wir haben ja nicht nur dieses Pflegeberufegesetz, sondern auch ein Pflegestärkungsgesetz, das ausgerechnet diejenigen stärkt – was, weil es zu lange verschlafen wurde, auch richtig und notwendig ist –, die zumindest in Nordrhein-Westfalen am wenigsten für die Pflegeausbildung getan haben: die Krankenhäuser. Und das ist sehr eindeutig; denn es sind dort keine Ausbildungsplätze hinzugekommen – in der Altenpflege hingegen immerhin 10.000 pro Jahrgang.
Dass die Krankenkassen jetzt vollumfänglich jeden neuen Pflegeplatz finanzieren werden, wird – wie die letzten Jahre gezeigt haben – das Potenzial für diejenigen, die in die Altenpflege gehen wollen, deutlich reduzieren. Diese Einschätzung teilen eigentlich alle.
Kommen wir zum Ausgangspunkt zurück: Warum machen wir das hier heute? – Weil der Bund – statt sich um die Quantität zu kümmern – der Meinung gewesen ist, es müsse – durch die Vereinheitlichung der Pflegeausbildung – etwas an der Qualität getan werden. Die beiden Aspekte wurden nicht zusammengebracht.
Was wird die Folge sein? – Die Altenpflege wird in den nächsten Jahren deutlich geschwächt werden. Frau Kollegin Weng hat aus meiner Sicht schon alle Punkte richtig ausgeführt. Die Qualität ist auf Bundesebene insbesondere in der Altenpflege gesenkt worden und man ist den privaten Anbietern aus völlig unerklärlichen Gründen – es sei denn, man möchte Klientelpolitik machen – entgegengekommen. Das ist völlig falsch und ein schlechter Ausgangspunkt für diese Reform. Daran kann jetzt der Minister hier nichts mehr ändern; er war aber ja durchaus auch in der Bundesregierung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich teile inhaltlich eins zu eins die Einschätzung von Frau Weng. Leider aber hat die SPD im Bund es mitgetragen.
Der Kollege von der CDU hat vorhin vorgetragen, wir bräuchten eine attraktivere und zukunftsfähigere Altenpflegeausbildung. – Das wird es so nun nicht geben. Wir werden Leute, die eigentlich in die Altenpflege gehen wollten, durch die Rahmenbedingungen – das Pflegestärkungsgesetz und die anderen von mir angesprochenen Punkte – eher davon abhalten. Es wird nicht attraktiver, im Gegenteil.
Die derzeitige Situation in der Altenpflege ist folgendermaßen: Es ist zu wenig Personal vorhanden und – das muss man sich mal vorstellen – in anderen Bundesländern muss noch Schulgeld für die Altenpflegeausbildung bezahlt werden.
Der Bundesgesundheitsminister hat es in der letzten Legislaturperiode nicht geschafft, ein überzeugendes und umfassendes Konzept vorzulegen – heute ist die Situation unverändert.
(Beifall von Monika Düker [GRÜNE])
Herr Minister, ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen soll.
Frau Kollegin Schneider hat es angesprochen: Wenn man für die generalistische Ausbildung ist, dann muss man konsequent sein und die Altenpflege auch hinsichtlich der Finanzierung mit der Krankenpflege gleichstellen. Das kann nichts anderes heißen, als dass das Niveau in der Altenpflege einer Ausstattung mit mindestens 500 Euro pro Pflegeplatz entsprechen muss. Genau das werden wir beantragen.
Man kann nämlich nicht Anforderungen auf Bundesebene stellen und als Pflegebeauftragter eine Gleichstellung fordern, und dann aber denjenigen in der Krankenpflegeausbildung über 500 Euro pro Platz zur Verfügung stellen, und in der Altenpflegeausbildung wird gerade mal von 280 auf 380 Euro …
(Minister Karl-Josef Laumann: Deswegen mache ich ja jetzt auch was!)
–  Nein, das reicht nicht aus, Herr Minister.
(Minister Karl-Josef Laumann: Werfen Sie mir nicht vor, ich hätte nichts gemacht!)
–  Das ist doch Stümperei. Sie haben nur 280 Euro vorgesehen; und Sie haben dieses Gesetz auch nicht gemacht. Nordrhein-Westfalen hat im Bundesrat abgelehnt, was Sie auf Bundesebene vorgelegt haben – und zwar aus sehr guten, inhaltlichen Gründen und weil Sie die Finanzierung nicht nachliefern.
Das fehlt an dem Ganzen. Sie müssen auch offen zugestehen, dass Sie den Teil bei der Altenpflege eben nicht nachgeschoben haben. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir natürlich dieses Gesetz ausführlich beraten. Die Fehler liegen in der Vergangenheit. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD) 

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