Mehrdad Mostofizadeh: „Hebammen waren zu jeder Zeit systemrelevant“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu Hebammen in der Pandemie

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die AfD macht es wie so häufig: Sie nimmt sich eine Berufsgruppe heraus, behauptet, sie würde besonders unter der Pandemie leiden,

(Zuruf von Dr. Martin Vincentz [AfD])

und versucht dann, das zu diskreditieren, was andere im Landtag oder als Landesregierung als Schutzmaßnahmen angeordnet haben.

Das stimmt schlicht für die Hebammen nicht. Einige wichtige Aspekte sind hier auch genannt worden. Frau Kollegin Schneider hat darauf hingewiesen, dass es nicht nur Videoformate gibt. Da war sie sogar zu bescheiden: Die sind nicht nur möglich, sondern sie werden natürlich auch eins zu eins bezahlt. Das hat sie natürlich gemeint.

Was auch wichtig ist: Die Hebammen – vielleicht setzen Sie sich mit denen mal auseinander – fordern genau diese Hygienekonzepte. Da bin ich ganz bei Frau Kollegin Weng. Sie möchten ihre Geburtsvorbereitungskurse in kleineren Gruppen durchführen und abrechnen. Sie möchten wechseln: Eine Gruppe ist digital, eine ist anwesend. – Es gibt auch eine Eins-zu-eins-Betreuung, wo es nötig ist. Das gab es allerdings schon längst vor Corona.

Sie haben auf einen ganz wichtigen Aspekt nicht hingewiesen. Das hat Frau Kollegin Schneider angedeutet. Da geht es nämlich um die Akademisierung. Dort wäre nämlich schon einiges zu tun. Wir brauchen eine Lösung für die althergebrachte Ausbildung. Da mag es noch Hinweise geben.

(Zuruf)

– Ja, wir brauchen die schon. Wir brauchen die auch als Lehrerinnen und Lehrer. Sonst fallen die aus. Das muss in der Ausbildungsordnung entsprechend anerkannt werden. Zumindest ist mir das so gesagt worden.

Schlichtweg noch zu den Fakten: Seit dem 22. Februar sind die Hebammen impfberechtigt. Sie sind auch gleichgestellt. Das ist eben schon mal dargestellt worden: Prio-Gruppe 2.

Sie führen selbst Infektionsschutzmaßnahmen nach eigenen Standards durch. Sie haben sich mit den Kontaktbeschränkungen ausdrücklich arrangiert und halten sie auch für richtig, weil sie hygienisch notwendig sind.

Und – das ist mir ganz besonders wichtig – wir müssen darüber reden, wie es generell bei den Hebammen weitergeht. Vielleicht einen Hinweis: Wir haben Hebammenpflicht. Es kann bei der Geburt schon mal ein Arzt fehlen, aber eben nicht die Hebamme. Insofern ist es ein ganz wichtiger Beruf.

Doch weil sich die AfD nicht um die Leute gekümmert hat, sondern versucht hat, die Polemik auf den Tisch zu legen, möchten wir gerade jetzt die Zeit nutzen, um deutlich zu machen: Wir haben zu wenige Hebammen in Deutschland, auch zu wenige in Nordrhein-Westfalen, wobei ich, Herr Minister, ausdrücklich konstatieren muss, dass wir in Nordrhein-Westfalen sogar eine etwas bessere Situation haben als im Vergleich zu anderen Bundesländern. Das will ich nicht infrage stellen. Wir müssen darüber nachdenken, ob ein fünf- bis sechsjähriges berufsbegleitendes Studium angemessen ist. Aus meiner Sicht nicht. Es ist eigentlich zu lang und kostet zu viel Aufwand, weil die Hebammen dann zu wenig verdienen können.

Das wären alles Aspekte, die uns nach vorn bringen können. Insgesamt ist die Situation natürlich schwierig. Ganz wichtig fand ich den Hinweis von Frau Kollegin Weng. Allen Ernstes – das macht fast schon wütend – die Betreuungssituation von Eltern in Zusammenhang mit den Hebammen zu bringen, also zu suggerieren, die Hebammen müssten jetzt die Aushilfsexpertinnen für mangelnde Kitaangebote sein, ist schlichtweg eine Unverschämtheit. Ich will noch darauf hinweisen: Hebammen waren zu jeder Zeit systemrelevant und wurden als solche auch hier in Nordrhein-Westfalen anerkannt und konnten ihre Kinder in den Kitas betreuen lassen.

Insofern wird es Sie nicht wundern, dass wir diesen Antrag ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Matthias Kerkhoff [CDU])