Mehrdad Mostofizadeh: „Gerade Programme für prekäre Jugendliche, die keine Arbeitsstelle und keinen Ausbildungsplatz bekommen, wollen Sie auslaufen lassen“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Arbeitsmarktpolitik

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Koalitionsfraktionen liest sich wie ein Entschließungsantrag, den man zwischen Tür und Angel gestrickt hat. Man hätte ihn eigentlich in der letzten Plenarsitzung zu unserem Antrag zu den Produktionsschulen stellen können.
Sie sind nicht nur ein paar Wochen zu spät dran, sondern Sie erdreisten sich auch noch, diesen Antrag, der ein umfassendes Konzept – so schreiben Sie es ja selbst – für die Arbeitsmarktpolitik sein soll, ohne weitere Debatte in den Ausschüssen direkt abstimmen zu lassen. Indem Sie Ihre eigene Arbeitsmarktpolitik nicht diskutieren wollen, nehmen Sie sich doch selbst nicht ernst.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Auch inhaltlich ist das ganz dünne Suppe, die Sie hier anbieten. Der Minister hat ja immer gesagt: Um die über 19-Jährigen kümmern wir uns. – Auf Konferenzen verspricht er sich dann immer mal wieder und spricht dann von über 18-Jährigen oder unter 18-Jährigen. Tatsächlich ist es doch so: Sie wollen die gesamte Ausbildungstätigkeit und Betreuung der Bundesagentur für Arbeit überlassen. Für die zwischen 19- und 25-Jährigen ist bei Ihnen nichts mehr im Angebot; denn für sie wird jegliche Arbeitsmarktpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen eingestellt. Das halte ich für fahrlässig.
(Marco Schmitz [CDU]: Wir überlassen das Fachleuten!)
Sie weisen auf Ihre eigenen Schwerpunkte hin: Sie wollen Leute in Ausbildung bringen, die vorher nicht in Ausbildung waren. Ich verstehe aber die Instrumente, die Sie da anwenden, gar nicht. Sie schreiben selbst in Ihrem Antrag, dass das eigentlich die Arbeitgeber und die Handwerksbetriebe machen müssten. Komisch ist nur, dass ausgerechnet die IHKen und die Sozialverbände scharf kritisieren, was Sie da anstellen.
Beispielsweise soll das Programm „Jugend in Arbeit plus“, das in den letzten zwei Jahrzehnten sehr erfolgreich gearbeitet hat, auslaufen. Gerade Programme für prekäre Jugendliche, die keine Arbeitsstelle und keinen Ausbildungsplatz bekommen, wollen Sie auslaufen lassen. Sie wollen es mehr dem Zufall überlassen. Gerade die guten, von der IHK angestoßenen Programme wollen Sie nicht mehr durchführen. Da passen doch Zielrichtung, Maßnahme und das, was Sie versprochen haben, überhaupt nicht zusammen. Deswegen ist der Antrag von grüner Seite selbstverständlich abzulehnen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Das Gleiche gilt für die Schwerpunktsetzung zu den Themen „Produktionsschulen“ und „Werkstattjahr“. Sie setzen auf ein sehr kostenintensives Programm und nehmen dabei von den fast 3.000 erfolgreich vermittelten Ausbildungsplätzen 1.000 bis 2.000 Stellen weg. Das ist aus meiner Sicht die völlig falsche Zielrichtung. Der Minister hat nach mehrfachen Versuchen immer noch nicht darstellen können, was an den neuen Programmen so viel besser ist. Er erzählt immer nur: Wir nehmen das Gute von dem einen Programm und packen das mit dem Guten von dem anderen zusammen. Das kostet zwar das Doppelte und wir erreichen nur die Hälfte, aber das soll bessere Politik sein. Ich verstehe nicht, warum Sie das machen.
Das Einzige, was ich verstehe, Herr Minister, ist Folgendes: In Ihrem Aktionismus brauchen Sie schlecht vorbereitete Programme, weil Sie sich einfach nur von der alten Regierung ab-setzen wollen. Das halte ich allerdings nicht nur für falsch, sondern sogar für fahrlässig. Machen Sie sich doch Gedanken, wie die Politik vernünftig laufen soll. Legen Sie Ihren Koalitionsparteien, die selbst nicht in der Lage sind, etwas vorzulegen, etwas Vernünftiges auf den Tisch. Das, was wir heute lesen, ist ja nichts anderes als das Nachvollziehen längst getroffener Entscheidungen, die nicht im Hause, sondern am Hause vorbei und nicht im Konsens mit den Sozialpartnern getroffen worden sind.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich Ihnen nur zurufen: Das ist keine Arbeitsmarktpolitik aus einem Guss, sondern das ist Aktionismus an den Leuten vorbei. Der Kollege Dudas hat es soeben schon gesagt: Das ist Basta-Politik. Da wird den Partnern eine Politik vor die Füße gekippt, die sie erstens nicht nur nicht wollen, sondern auch nie mitdiskutieren konnten. Sie setzen dem Ganzen die Krone auf, indem Sie sagen: Wir diskutieren das nicht mehr und bringen das heute direkt zur Abstimmung ein. Deswegen lehnen wir diesen Antrag selbstverständlich ab, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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