Mehrdad Mostofizadeh: „Es muss im Quartier Zugang und Begegnung stattfinden können“

Antrag der SPD-Fraktion zur Pflege von älteren Migrant*innen

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich für den sachlichen Prozess bedanken – wobei die wesentliche Debatte ja nicht im AGS, sondern im Integrationsausschuss geführt wurde. Der Kollege Lenzen hat es im Prinzip vorweggenommen: Ein wesentlicher Unterschied zwischen unserem Entschließungsantrag und Ihrem jetzt vorliegenden Entschließungsantrag ist bei der Struktur der Pflegebetreuung zu finden.
Ergänzend zu dem, was die Kolleginnen und Kollegen bereits gesagt haben, möchte ich auf die spezielle Situation der Migrantinnen und Migranten bzw. Menschen mit Migrationshintergrund oder Zuwanderungsgeschichte eingehen.
Hier ist zunächst die Altersstruktur zu betrachten. Insgesamt ist es ja so, dass diese Menschen eher jünger sind als die deutsche Bevölkerung; „deutsch“ sind in diesem Fall nicht diejenigen mit deutschem Pass, sondern diejenigen, die länger hier leben. Wenn man aber genauer hinsieht, gibt es dort massive Unterschiede, weil zum Beispiel die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler der ersten Generation sogar deutlich älter sind als der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung, die länger hier lebt.
Die materielle Lage vereinigt sich bei vielen Migrantinnen und Migranten, zumindest im Schnitt. Sie ist oftmals bei den Älteren im Schnitt schlechter als bei denjenigen, die länger hier leben.
Das führt mich auch zu dem, was bei der Befragung der Migrantinnen und Migranten zum Beispiel im Auftrag der Stadt Essen deutlich geworden ist. Es ist nämlich nicht nur der Teil der Pflege zu betrachten, sondern auch das, was vor der Pflege stattfindet. Ich will das nur kursorisch anführen.
Viele brauchen altersgerechte Wohnungen. Dieses Thema haben wir im Rahmen der Landesbauordnung auch länger diskutiert. Der ÖPNV muss behindertengerecht und barrierefrei sein. Es muss im Quartier Zugang und Begegnung stattfinden können.
Der Begriff „Quartier“ scheint im Übrigen gerade für die FDP ein elektrisierendes Merkmal zu sein. Denn sie wollen ihn nicht akzeptieren, obwohl der Sozialraum im Antrag durchaus mit aufgeführt wurde. Wo der Unterschied ist, möge man mir irgendwann einmal erläutern.
Wie gesagt, muss im Quartier Zugang und Begegnung stattfinden können. Daher ist es umso bedauerlicher, dass das MAGS das Programm ZWAR gestrichen hat. Das gehört zur Wahrheit auch dazu. Das sind Punkte, die in diesem Zusammenhang bedauerlich sind.
Der ursprüngliche Antrag – das will ich den Kolleginnen und Kollegen von der SPD zugestehen – ging absolut in die richtige Richtung; das ist gar keine Frage.
Allerdings wollten wir beim Thema „Kultursensibilität“ den § 2 des Alten- und Pflegegesetzes, der den Grundsatz beschreibt und noch einmal deutlich macht, in dem Antrag schlichtweg nur zitieren. Dazu war die Koalition nicht bereit.
Einen Punkt finde ich dann schon verwunderlich. Das Wort „selbstbestimmt“ – das heißt, dass die Menschen selber ihr Altersumfeld gestalten wollen, können und sollen – kommt in dem Antrag gar nicht mehr vor. Das ist für mich leider ein bisschen der Beleg dafür, dass der Kampf an dieser Stelle doch an der Pflegestruktur ausgetragen werden soll –
(Beifall von den GRÜNEN)
dass ambulant weiterhin nicht vor stationär gehen darf und solche Dinge.
Das ist schade; denn das hätte man in diesem Antrag nicht ausfechten müssen. Insofern bitte ich um Verständnis dafür, dass wir dann auch unseren Entschließungsantrag in dieser Klarheit aufgestellt haben. Wir haben lange versucht, gemeinsam dahin zu kommen. Dann sind aber zwei, drei wesentliche Faktoren dem entgegengetreten. Insofern bitte ich nicht nur um Verständnis; es ist dann die konsequente Haltung unserer Fraktion gewesen, das dann auch im Original zu machen.
Das ist zwar bedauerlich. Ich gehe aber davon aus, dass im Integrationsausschuss jetzt die richtige Richtung eingeschlagen wird. Wenn wir im AGS bei der Pflegestruktur demnächst auch noch ein Stückchen weiterkommen sollten, kann es vielleicht doch noch einen gemeinsamen Antrag geben.
Deswegen werden wir den hier vorgelegten Entschließungsantrag ablehnen. Was den SPD-Antrag in der ursprünglichen Form angeht, werden wir uns enthalten. Natürlich bitte ich darum, dass Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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