Mehrdad Mostofizadeh: „Es ist richtig, dass wir nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach Bedarf fördern und das auch strukturell im Länderfinanzausgleich berücksichtigen.“

Antrag der FDP zum Soli

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich feststellen: Ich habe in der Tat mit ein bisschen Spannung den Beitrag von Herrn Dr. Optendrenk erwartet, und ich kann nach diesem Beitrag sagen: CDU, SPD und Grüne sind der Auffassung, dass ein Solidaritätszuschlag über 2019 hinaus erhalten bleiben muss. Armin Laschet hat dies erklärt, und Sie haben das heute bestätigt. Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen – das sage ich ganz ausdrücklich anlässlich der Aktuellen Stunde, die es im Bundestag vor zwei Tagen gegeben hat –, dass Sie das im Interesse Nordrhein-Westfalens und im Interesse der Bundesländer auch auf Ihrem Bundesparteitag ab Montag sehr deutlich vortragen werden und dass Sie dafür sorgen werden, dass die Interessen Nordrhein-Westfalens auch in der CDU vertreten werden.
(Beifall von Stefan Zimkeit [SPD])
Darüber hinaus möchte ich noch sagen, Herr Kollege Dr. Optendrenk, der Umsatzsteuervorwegausgleich ist nicht irgendein Nebenaspekt in einem Gesamtkonstrukt dieses Gutachtens, sondern es ist der zentrale Reformvorschlag in diesem Gutachten. Es ist der zentrale Vorschlag für mehr Transparenz und Fairness im bundesweiten Bund-Länder-Finanzausgleich und nicht ein Nebenaspekt.
Ferner beziehe ich mich noch einmal auf die Rednerinnen und Redner der CDU – die Beiträge der CSU waren in der Debatte einigermaßen abenteuerlich –, die im Bundestag vorgetragen haben. Alle haben gesagt, das Ruhrgebiet und andere Regionen Nordrhein-Westfalens bedürfen besonderer Infrastrukturinvestitionen und besonderer Unterstützung. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es richtig, dass wir nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach Bedarf fördern und das auch strukturell im Länderfinanzausgleich berücksichtigen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU – da wende ich mich ganz ausdrücklich an Sie –, es ist auch von hoher Bedeutung, wie sich die CDU Nordrhein-Westfalens in diesem Zusammenhang verhält. Wenn die CDU Nordrhein-Westfalens die Interessen Nordrhein-Westfalens vertritt -nehmen wir einmal den Vorschlag von Herrn Kollegen Laschet auf, einen Infrastrukturfonds zu bilden –, dann müssen Sie den anderen Kolleginnen und Kollegen, die wollen, dass das Soli-Aufkommen zu 90 bis 95 % in den Pott des Bundes fließt, eine Absage dafür erteilen. Dem müssen Sie ganz klar eine Absage erteilen, Herr Dr. Optendrenk und Herr Laschet; denn das ist das, was alle Rednerinnen und Redner der CDU/CSU im Bundestag vorgetragen haben. Die haben nämlich gesagt, wir müssen die sieben Umsatzsteuerpunkte abziehen – ich war ja schon sehr erregt, als Sie das auch vorgetragen haben –, und wir müssen noch andere Punkte von den Soli-Geldern abziehen. Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wir müssen dafür sorgen, dass von dem Soli-Aufkommen ab 2019 die Hälfte an die Länder und Kommunen geht und die andere Hälfte – so wie es aufgeteilt ist – beim Bund verbleibt. Dann können wir uns gerne auch im Detail – das werden wir in den wenigen Minuten, die wir heute haben, vielleicht nicht lösen können – darüber unterhalten, wie es dann weitergeht.
Dass die FDP da irgendwie eine Außenseiterrolle spielt, ist ja jetzt sehr deutlich geworden. Sie interessiert sich eben nicht dafür, wie in Nordrhein-Westfalen die Strukturpolitik aussehen soll. Deswegen schreiben Sie auch solche Anträge. Nur, an eines möchte ich noch erinnern: Es waren 1991 CDU/CSU und FDP im Deutschen Bundestag, die einen befristeten Solidaritätszuschlag eingeführt haben. Dann wurde er wieder abgeschafft. 1995 waren es wieder CDU/CSU und FDP, die einen – jetzt passen Sie bitte auf – unbefristeten Solidaritätszuschlag gesetzlich festgelegt haben. 1998 wurde er dann auf 5,5 % abgesenkt.
Das ist die Gesetzeslage.
Es ist nicht richtig, dass der Soli befristet ist. Vielmehr ist es notwendig, dass er immer wieder begründet wird; das ist bei einer Zuschlagsteuer notwendig. Insofern ist es falsch, was Sie gesagt haben, Herr Witzel. Erstens ist es falsch, dass der Soli befristet ist, zweitens ist es falsch, dass, sollte man ihn nicht abschaffen, es zu einer Steuererhöhung kommt.
Wenn der Soli allerdings ohne Veränderung in den Tarif integriert würde – das hat auch die Antwort auf die Kleine Anfrage der grünen Fraktion ergeben –, wären erhebliche Anstrengungen notwendig, um zum Beispiel durch eine Kindergelderhöhung oder andere Maßnahmen Ungerechtigkeiten im System auszugleichen.
Deswegen appelliere ich an alle, die in Nordrhein-Westfalen Verantwortung tragen: Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Hälfte des Aufkommens aus dem Soli in die Länder fließt, und sorgen wir dafür, dass Nordrhein-Westfalen sowohl im vertikalen als auch im horizontalen Ausgleich seine berechtigten Interessen zum Ausdruck bringen kann.
Da Herr Dr. Optendrenk die Steinkohle- und die Absatzmarktförderung ins Spiel gebracht hat, möchte ich ihm nur eines zurufen: Ja, Sie haben recht. Aber gerade mit dem Argument der besonderen Förderung Nordrhein-Westfalens in diesem Zusammenhang haben die anderen Bundesländer – wie ich finde, nicht ganz zu Unrecht – gesagt: Dann müsst ihr beim Länderfinanzausgleich und auch beim Förderprogramm für den Verkehr und bei anderen Förderprogrammen ein Stück zurückstecken.
Diese Förderung ist jetzt aber im Wesentlichen beendet, und deswegen müssen wir dafür sorgen, dass wir bei den Strukturförderprogrammen wieder den Stand erreichen, der Nordrhein-Westfalen zusteht, und dass das Geld, das in Nordrhein-Westfalen erwirtschaftet wird, auch hier ausgegeben werden kann, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dafür müssen wir uns alle gemeinsam einsetzen; zumindest gilt das für diejenigen, die für die Zukunft dieses Landes streiten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Was sagt denn der Steuerzahler dazu?)