Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Witzel, dass Sie hier im Landtag in der Haushaltsrede mit dem Thema „BLB“ kommen, hätte ich mir in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können, wo doch die schwarz-gelbe Landesregierung so eindeutig von vorne bis hinten Verantwortung für den Bauskandal trägt, den Sie hier als den größten Bauskandal in der Landesgeschichte beschreiben. Das finde ich wunderbar.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die FDP setzt dem Ganzen aber noch darüber hinaus die Krone auf. Sie ist zumindest nach Zeitungsberichten – ich habe mich auch noch einmal bei Frau Beer vergewissert – die einzige Fraktion, die sich bis zum heutigen Tage nicht klar zu einem Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Skandals des BLB bekannt hat. Das passt ganz besonders gut zusammen, Herr Kollege.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vielleicht – weil Sie auch diese Retrodebatte heute geführt haben – noch eine Bemerkung zur WestLB. – Auch das ist ein unglaubliches Verständnis von der Trennung von Steuerzahlerinnen und Menschen in diesem Lande. Ich bestreite, dass der Finanzminister bzw. die Landesregierung über den Tisch gezogen worden sind; aber das haben wir alles diskutiert. Herr Kollege Witzel, Sie müssen mir einmal erklären, wo der Unterschied liegt, ob die Nordrhein-Westfalen die Kosten, die für das Land entstehen, als Sparkassenkundinnen und -kunden – immerhin sind 70 % der Nordrhein-Westfalen Kundinnen und Kunden bei einer Sparkasse – oder als Steuerzahler bezahlen.
Eines möchte ich – wir haben auch noch eine Fragestunde zu dem Thema – hinzufügen. Die Art und Weise der Mäkelei und des Herumkrittelns an der Abwicklung der WestLB und an der Weiterführung der Portigon, das Kritisieren in einer solchen Perfidie – das hat uns im Ausschuss Stunden gekostet hat und wird uns auch jetzt im Parlament Stunden kosten –, ist diesem Parlament nicht zuträglich. Vor allem kann es – ich hoffe, dass es dazu nicht kommt – dazu führen, dass weitere erhebliche Kosten hinzukommen, nicht, weil Sachverhalte aufgedeckt werden, sondern weil Sie die Politik madig reden und diesem Unternehmen keine Chance geben. Das finde ich ziemlich neben der Spur.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Auf die Verfassungsklagen hat der Kollege Börschel eben schon hingewiesen. Gerade heute reparieren wir ja noch einige Auswirkungen der von Schwarz-Gelb verlorenen Verfassungsklagen. Beim U3-Ausbau werden heute etwa 200 Millionen € nachgezahlt werden müssen, ohne dass ein Mehrwert entsteht. Das sind 200 Millionen €, die Sie den Kommunen schlicht aus der Tasche gezogen und wo Sie in Münster krachend verloren haben.
Das Gleiche gilt für den Einheitslastenausgleich. Auch dort haben Sie sich gerühmt, Geld gespart zu haben durch die Klage gegen den Nachtragshaushalt. Auch das ist vom Verfassungsgericht im Folgenden abgeräumt worden. Sie sind doch der große Verlierer vor dem Verfassungsgericht.
Ich finde es schon beschämend, eine Aussage derart zu machen, die Landesregierung hätte ein taktisches Verhältnis zur Verfassung. Das weise ich entschieden zurück, und das entspricht auch nicht der Wahrheit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie haben eben von Steuergeschenken auf Pump gesprochen, Herr Kollege Optendrenk und Herr Kollege Witzel.
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Betreuungsgeld!)
Drei Tage nach dem beeindruckenden Koalitionsgipfel in Berlin
(Vereinzelt Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)
wäre ich ganz vorsichtig mit solchen Äußerungen.
(Beifall von der SPD)
Wenn jemand in einer derart beschämenden und dreisten Art und Weise nicht nur Klientelpolitik betreibt, sondern durchsichtig zugunsten der Bundesländer Niedersachsen und Bayern, wo es auf der Kippe steht, wo die Bundesregierung auf der Kippe steht, eine Klientelpolitik auf Pump, auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler betreibt und das dann drei Tage später der Landesregierung vorwirft,
(Christian Lindner [FDP]: Was meinen Sie genau?)
ist das, wie ich finde, schon ein grotesker Spagat, den Sie hier an den Tag legen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP])
– Herr Kollege Lindner, weil Sie gerade dazwischenrufen: Sie haben es nicht versäumt, sozusagen noch vor Tagesfrist darauf hinzuweisen, dass das Betreuungsgeld Unsinn ist. Aber was dem Ganzen die Krone aufsetzt, ist, dass der Bundesvorsitzende der FDP, Herr Rösler, dem Sie gerne nachfolgen wollen, Herr Kollege Lindner,
(Christian Lindner [FDP]: Nein! – Heiterkeit und Zuruf von der SPD: Das bitte unbedingt ins Protokoll!)
vor der Presse sagt: Wir haben durch die verspätete Einführung des Betreuungsgeldes etwa 750 Millionen € gespart. – Das ist doch unfassbar! Das ist ungefähr so, als wenn ich mir ein Auto nicht kaufe, das ich mir nicht leisten kann, um dann meiner Familie zu verkünden: Ich habe 20.000 € gespart, ich bin der große Held. – Das ist doch unglaublich!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vielleicht noch einen Satz zu Herrn Kollegen Witzel. 95 % Ihrer Rede ist ein ideologischer Textbaustein, den ein FDP-Politiker, der ansonsten zum Haushalt nichts beizutragen hat, oftmals vortragen muss.
(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])
Aber das schließt unmittelbar an das an, was Sie in Berlin abgezogen haben. Sie haben nicht nur Klientelwahlkampf zugunsten von Niedersachsen und Bayern gemacht – die 1 Milliarde, die Herr Ramsauer extra bekommt, wird ja nicht breit über das Bundesgebiet verteilt, sondern landet zu wesentlichen Teilen wieder in Niedersachsen und Bayern, wie es bisher auch der Fall gewesen ist. Vielmehr haben Sie den Bundestagswahlkampf ideologisch zugespitzt. Sie lassen keinen Tag aus, um zu sagen, dass die Energiewende deswegen nicht zustande kommt, weil die erneuerbaren Energien so furchtbar teuer sind. Sie sind dermaßen ideologisch auf dem Feldzug und haben sich in Schwarz-Gelb eingemauert, dass das wirklich nur noch zulasten der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land geht.
(Christian Lindner [FDP]: Das sagt ausgerechnet ein Grüner!)
Ich wäre auch gerne bereit, heute eine Wette anzunehmen, dass dieser Spuk im Herbst nächsten Jahres Gott sei Dank ein Ende haben wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Meine Damen und Herren, dieser Haushalt – ich habe das in der ersten Lesung angesprochen; deswegen und weil der Kollege Börschel bereits auf die wesentlichen Punkte hingewiesen hat, werde ich es kurz machen – ist nachvollziehbar und solide finanziert. Er setzt die richtigen Schwerpunkte,
(Lachen von der FDP)
und vor allem ist es nach wie vor richtig, dass wir in Bildung, in ökologischen Umbau und in soziale Gerechtigkeit investieren und dass wir gleichzeitig die Neuverschuldung herunterfahren.
Sie, Kolleginnen und Kollegen von der FDP, haben nicht einmal technische Anträge zum Haushalt gestellt; Sie haben sich damit begnügt, ideologischen Kleinkram hier vorzutragen. Sie haben nicht konstruktiv zu den Haushaltsberatungen beigetragen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Sie an der Stelle auch nicht ganz glaubwürdig.
Noch einen Satz zu den Piraten. Herr Kollege, wenn Sie diese Argumentation wirklich ernst meinen, dass wir, weil wir in diesem Jahr 600 Millionen € Mehreinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich haben, den Verbundsatz um 1 % heraufsetzen sollen, dann haben Sie sicherlich auch noch zugehört, als der Finanzminister vorgetragen hat, dass im nächsten Jahr natürlich ein gegenteiliger Effekt eintritt und durch die gestiegene Steuerkraft die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich entsprechend heruntergehen werden.
Sollen wir dann im nächsten Jahr den Verbundsatz bei den Kommunen um 2 % senken, um das wieder auszugleichen? Ist das verlässliche Politik? – Ich würde eher sagen: Sie haben schlicht keine Ahnung von dem Thema und sollten diesen Antrag nicht noch einmal hier vortragen.
(Zurufe von den PIRATEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Generaldebatte war angekündigt worden, aber außer einigen Hinweisen zum Verfassungsgericht ist von der CDU eigentlich nichts gekommen. Insofern will ich auch meine Redezeit nicht komplett ausschöpfen.
Dieser Haushalt ist sinnvoll, zukunftsfähig, und deswegen werden wir ihm geschlossen zustimmen. Auf die Änderungsanträge hat Herr Kollege Börschel schon hingewiesen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)