Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, dass mehrere Rednerinnen und Redner es geschafft haben, hier sachlich über das Thema zu reden. Die AfD schafft das nicht.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)
Ich werde auch nicht den Versuch unternehmen, die Hetze, die hier von rechter Seite immer wieder in diesem Saal versprüht wird, im Einzelnen zu bewerten. Allerdings muss ich Ihnen schon sagen: Mit welcher Aggressivität, mit welcher Aufgebrachtheit, mit welcher Menschenfeindlichkeit Sie hier am Pult stehen, das macht mich schon wütend und ärgerlich, was Sie da abziehen.
(Christian Loose [AfD]: Sie haben also ein Herz für Straftäter!)
– Herr Loose, lassen Sie mich in Ruhe! Sonst können wir an anderer Stelle darüber reden, wie man sich im Parlament zu verhalten hat, nämlich im Ältestenrat und nicht hier.
(Beifall von den GRÜNEN – Christian Loose [AfD]: Soll das eine Drohung sein?)
Herr Kollege, liebe Kolleginnen und Kollegen, heute ist der fünfte Jahrestag von Hanau. Neun Menschen wurden von einem Rechtsradikalen auf abscheuliche Art und Weise getötet – und Sie treten hier in dieser Art und Weise auf. Ich finde das ekelhaft.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)
Um das an der Stelle auch deutlich zu machen und nach dem Vorfall eben hier noch mal Fakten reinzubringen: Diejenigen, die mit dem Abschiebeflug abgeschoben wurden, wurden nach Bulgarien überstellt. Es ist keine Auswahl gewesen. Es geht nach dem Dublin-Verfahren. Sie sind dorthin zurückgeführt worden. Es ist keine Auswahl getroffen worden, welche besondere Art es ist. Es ist ein Dublin-Verfahren. Insofern konnten Sie sich Ihre ganze Litanei, die darum herum gestrickt worden ist, auch sparen.
Zweiter Punkt: Wir sollten an der Stelle auch mal über die Opfer reden. Zum Beispiel bei den Opfern in München handelt es sich um eine algerische Mutter und eine algerische Tochter.
(Enxhi Seli-Zacharias [AfD]: Was spielt das für eine Rolle?)
Und Sie reden hier immer von Migrantengewalt. Sie reden hier von Migrantengewalt auf der anderen Seite. Ich kann Ihnen nur sagen: Was hat denn an der Stelle …
(Enxhi Seli-Zacharias [AfD]: Ekelhaft!)
– Sie könnten ja mal den Migrantenbegriff erweitern.
(Eileen Woestmann [GRÜNE]: Jetzt können Sie was lernen!)
Der österreichische Pastor ist dann genauso in einen Topf zu werfen wie
(Christian Loose [AfD]: Der australische Austauschstudent!)
– genau – der australische Austauschschüler oder Menschen wie ich, die einen iranischstämmigen Vater haben, und, und, und.
Diese Form des Rassismus, den Sie immer wieder in dieses Parlament hineintragen, trägt nicht zur demokratischen oder rechtsstaatlichen Debatte bei. Vielmehr schürt das Rassismus.
Es führt uns vom Weg ab, nämlich diejenigen zu schützen, die geschützt werden müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die Täter, die in Deutschland, und zwar egal, woher sie kommen, egal, welche Herkunft sie haben, und auch egal, welche schlimme Kindheit sie gehabt haben, straffällig geworden sind, müssen gefunden und bestraft werden. Wir müssen den Rechtsstaat so stark machen, dass die Polizei und die anderen Behörden etwas dagegen tun können.
Was wir aber nicht tun werden, ist, diesem rassistischen Motto hinterherzulaufen, dass wir Migrantengewalt hätten und dass das der Untergang von Deutschland wäre. Das machen wir als demokratische und rechtsstaatliche Parteien nicht mit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Ich möchte es an der Stelle noch einmal sagen: Es wäre für die Opposition, für viele andere sehr verführerisch gewesen, heute, wenige Tage vor der Bundestagswahl, sich an Ministerin Paul abzukühlen und viele Dinge dagegen vorzubringen. Das ist von den meisten ausdrücklich nicht gemacht worden.
Herr Lürbke, was Sie da gemacht haben, müssen Sie mit sich selbst ausmachen, ob Sie dem an der Stelle Vorschub leisten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Demokratinnen und Demokraten, die den Ernst der Lage verstanden haben –
(Henning Höne [FDP]: Dürfen die Ministerin nicht kritisieren?)
und offensichtlich ist auf Bundesebene an der einen oder anderen Stelle etwas passiert –, werden sich nicht von diesem Gehetze treiben lassen. Sie werden die notwendigen Maßnahmen treffen. Die werden auch nicht alle schön sein.
Ich gehe davon aus, dass wir ab dem 24. Februar auf Bundesebene schwierige Koalitionsverhandlungen haben werden. Ich kann nur alle dazu aufrufen, mit kühlem Verstand und heißem Herzen vernünftige Lösungen zu finden. Die Lage ist viel zu ernst, um diese kleinkarierte Debatte hier am Pult weiter durchgehen zu lassen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)