Mehrdad Mostofizadeh: „Dieses System gäbe es gar nicht, wenn der Staat es nicht mit allen Mitteln aufrechterhalten würde“

Antrag der SPD-Fraktion zur Einführung einer pauschalen Beihilfe

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hätte das gedacht? Die FDP: die neue Partei der Beamtinnen und Beamten hier in Nordrhein-Westfalen, Vorreiterin des öffentlichen Dienstes, der öffentlichen Hand. Vergessen sind die Worte „Privat vor Staat“.
Mehr Privat vor Staat – das wäre das, was Ihre Partei, Herr Kollege Witzel, an dieser Stelle eigentlich vortragen müsste.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Der Kollege Weske hat es angesprochen: Es geht heute im Kern darum, ob dieses Land bereit ist, denjenigen Angestellten im Landesdienst, die nicht in die Beihilfe hineinkommen, die Möglichkeit zu geben, sich auch gesetzlich zu versichern, und das zu den gleichen Bedingungen, wie sie für die anderen gelten, nämlich indem der Arbeitgeberanteil vom Land übernommen wird.
Eine Mehrheit von FDP und CDU hier im Landtag sagt: „Nein, wir wollen die Ungerechtigkeit im System belassen“, und schiebt da die PKV-Diskussion vor. Eigentlich müssten Sie sich für eine solche Haltung schämen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von der SPD und Matthi Bolte-Richter [GRÜNE] – Henning Höne [FDP]: Uiuiui!)
Der Aspekt, den der Kollege Blöming in die Diskussion eingebracht hat, ist entlarvend. Alle Sachverständigen, die sich in der Anhörung zu diesem Thema sachlich geäußert haben, haben Ihnen doch konzediert, dass es nicht um einen Einstieg in die Bürgerversicherung geht.
Herr Kollege Witzel, ich will Ihnen sehr klar sagen: Ich halte eine Bürgerversicherung für den richtigen Weg, weil es nicht richtig ist, dass 50 % der Privatversicherten vom Staat alimentiert werden, nämlich Beamtinnen und Beamte, die pflichtmäßig dort drin sind. Dieses System gäbe es gar nicht, wenn der Staat es nicht mit allen Mitteln aufrechterhalten würde. Das ist doch die Wahrheit, über die wir hier reden müssen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Zurück zur Ungerechtigkeitsfrage: Chronisch Kranken wird der Zugang zur PKV verwehrt.
(Ralf Witzel [FDP]: Nein, das stimmt nicht! – Gegenruf von Heike Gebhard [SPD] – Sven Wolf [SPD]: Das sind horrende Beiträge!)
Sie haben nicht die Möglichkeit, dort hineinzukommen, und Sie sind nicht bereit, den hälftigen Beitrag zu zahlen.
(Unruhe – Glocke)
Wir können ja einfach in das Protokoll der Anhörung hineinschauen. Dort hat auch der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes vorgetragen, dass wir zweistellige Millionenbeiträge einsparen, weil diejenigen, die in der GKV versichert sind, weiterhin – so hat es der Finanzminister verlangt – den kompletten Beitrag tragen müssen. Wir hatten doch Streit darüber, ob es 12 Millionen Euro oder vielleicht auch 35 Millionen Euro sind, die das Land Nordrhein-Westfalen spart, indem diese ungerechte Versicherungsform in Nordrhein-Westfalen aufrechterhalten wird.
Andere Bundesländer – das hat der Kollege Weske richtigerweise gesagt – wie Hamburg und Bremen, aber in der letzten Legislaturperiode auch in Teilen Nordrhein-Westfalen haben ihren Beschäftigten die Möglichkeit gegeben, diese faire Auswahl treffen zu können.
Wir sprechen doch über die Attraktivierung des öffentlichen Dienstes und der Beschäftigung im Landesdienst sowie über Quereinsteigerrinnen und Quereinsteiger bei den Lehrerinnen und Lehrern. Bei den Zehntausenden, die wir zusätzlich im Landesdienst haben wollen, können wir es uns nicht länger leisten, diese ungerechte Form ohne pauschale Beihilfe aufrechtzuerhalten.
Deswegen rufe ich Sie auf: Nehmen Sie die Anhörung ernst, nehmen Sie den Vorschlag der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ernst, und stimmen Sie dieser Regelung heute hier im Parlament zu. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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