Mehrdad Mostofizadeh: „Die Pflege ist eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Tagespflege

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Tagespflege und überhaupt die Pflege sind wichtige Themen, die in Nordrhein-Westfalen zu besprechen sind. Deswegen, Herr Kollege Klute, finde Ihre komische Eskapade, zu sagen, dass die Familienministerin nicht da sei, der familienpolitische Sprecher der Fraktion aber schon, ein bisschen schade. Das haben Sie auch überhaupt nicht nötig, Sie sind ein ehemaliger Staatssekretär, Sie wissen, wie das Geschäft funktioniert. Und dass es Sitzprämien im Parlament gibt, wusste ich auch noch nicht.

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Die hole ich mir gleich bei Ihnen ab!)

Würde ich Ihre Logik herumdrehen, müsste ich zur Kenntnis nehmen, dass Thomas Kutschaty kein Interesse an der Familienpolitik hat. Das ist doch albern, was Sie da machen.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

Kommen wir zurück zu Sache, denn das ist ein durchaus ernstes und wichtiges Thema. Die Pflege ist, wenn nicht die zentrale, so doch mindestens eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft. Die Zahlen sind richtig beschrieben, Sie haben sie in Ihrem Antrag aufgezeigt. Natürlich brauchen wir dafür Konzepte, und natürlich sind wir hier – dabei sind wir uns hoffentlich einig – als Land nicht allein unterwegs.

Themen wie doppelte Pflegegarantie, Pflegefreizeiten, Freistellung vom Beruf betreffen nicht nur die Pflege älterer Menschen bzw. die Seniorinnen und Senioren, sondern auch viele andere, etwa behinderte junge Menschen, die, vielleicht auch nur vorübergehend, auf Pflege angewiesen sind. Deswegen haben wir uns etliche Punkte vorgenommen: für Quartierspflege, für einen Aufbau bzw. eine Erweiterung – das ist ja keine neue Erfindung – von Kompetenzzentren in den Städten. Das alles sind wichtige Punkte.

Aber kommen wir ganz konkret auf Ihre Forderung zurück: Sie wollen im Prinzip eine Vollausfallversicherung für die Tagespflege machen. Die 80 Millionen Euro sollen – wenn ich Ihre Rechnung richtig verstehe – genau das abdecken, was an Fehltagen zustande kommt. Dann frage ich mich: Warum machen Sie das nicht bei der Physiotherapie? Warum machen Sie das nicht bei Kinder- und Jugendpsychiaterinnen? Warum machen Sie das nicht bei der Ergotherapie? Ich kann Ihnen sagen, dass es die Praxis mal eben zwischen 150 und 300 Euro kostet, wenn bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine Stunde ausfällt. Auch dort haben wir einen großen Mangel an Plätzen, und deshalb könnte ich mich fragen, warum dieser Ausfall nicht ausgeglichen wird.

Die Zahlen sprechen sogar dagegen – das hat die Kollegin Oellers ausgeführt, und der Minister wird ja wahrscheinlich auch noch etwas dazu sagen. Wir haben das Problem, dass deswegen ganze Einrichtungen schließen müssten, in dieser Schärfe nicht. Trotzdem – und das würde ich durchaus zugestehen – kann man darüber nachdenken, ob es Mechanismen gibt, die helfen könnten. Aber dann müssen es Mechanismen sein, die auch diejenigen mit in die Pflicht nehmen, die Termine absagen.

Die haben ja auch ein Budget, das sie anwenden können. Möglicherweise wollen sie auch die Träger mit in die Pflicht nehmen, was ein Versicherungssystem ausmachen kann.

Warum soll die öffentliche Hand der Generalsausfallbürge für Vorkommnisse in der Tagespflege sein? Das kann ich, ehrlich gesagt, nicht ganz nachvollziehen, Herr Kollege.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. Es würde sich aber schon lohnen – darauf ist ja auch unser doch sehr ausführliches Kapitel im schwarz-grünen Koalitionsvertrag ausgelegt –, sich die Mechanismen mal im Ganzen anzuschauen.

80 Millionen Euro – ohne Deckungsvorschlag! Nach einer Debatte, wie wir sie gestern hatten, in der die SPD-Fraktion hier im Parlament sagte, alles, was getan werde, müsse aus dem laufenden Haushalt finanziert werden, machen Sie nicht einmal einen Deckungsvorschlag dazu, wie diese 80 Millionen Euro zustande kommen sollen. „Wünsch dir was“ mag ein Spiel sein, das Sie gerne spielen, ist aber keines seriösen Parlaments würdig.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Lieber Kollege und liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir sind sehr daran interessiert, die zentrale Aufgabe der Stadtentwicklungspolitik, Präventionspolitik, Gesundheitspolitik, Pflege- und Familienpolitik gut nach vorne zu diskutieren. Nach der Systematik, auf eine Wunde ein Pflaster zu kleben und dann zu schauen, wie es weitergeht, vorzugehen, werden wir Grünen nicht mitmachen. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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