Mehrdad Mostofizadeh: „Deswegen brauchen wir Entlastung für die Pflegebedürftigen und für die Pflegenden sowie Ausweichräume“

Antrag der "AfD"-Fraktion zur Pflegepolitik

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige Aspekte haben die Kollegen schon angesprochen. Ich hoffe auch, dass sich der Minister von seiner gestrigen Rede erholt hat.
(Minister Karl-Josef Laumann: Bestens drauf!)
Ich habe die letzten Punkte nicht mehr ganz nachvollziehen können, aber okay.
Ich möchte ein paar Aspekte ansprechen, weil mir die Frage der Achtung der häuslichen Pflege und wie deren Perspektive ist, hier ein bisschen zu kurz kommen.
Frau Kollegin Altenkamp hat einige wichtige Punkte angesprochen, aber bei der AfD spielt der Pflegebedürftige selber überhaupt keine Rolle.
(Zuruf von der AfD: Oh! – Zuruf von Helmut Seifen [AfD]) Der Pflegebedürftige, und da nehme ich einfach mal mich selber,
(Zurufe von der AfD)
–  halten Sie doch einfach einmal fünf Minuten aus –
muss doch selbst entscheiden können, in welchem Setting er gepflegt werden möchte.
Was haben Sie eigentlich für Vorstellung? Glauben Sie, dass alle Eltern mit ihren Kindern zusammenleben? Glauben Sie, dass man sich das aussuchen kann?
Ich möchte nicht gezwungen werden, von meinen Familienangehörigen gepflegt zu werden. Das ist eine Perspektive, die Ihrem Antrag völlig abgeht.
(Markus Wagner [AfD]: Wo haben Sie das denn her? Mein Gott, bleiben Sie doch einmal bei den Tatsachen! Unerträglich! – Weitere Zurufe von der AfD)
Ich möchte noch andere Punkte ansprechen, die mir wichtig sind. Wenn es wirklich um finanzielle Themen geht, gucken wir uns doch einmal die Pflegeversicherung an. Die Pflegeversicherung beachtet zum Beispiel auch den unterschiedlichen Status der Privat- und gesetzlich Versicherten.
Ein Privatversicherter, der Anspruch auf Beihilfe hat, hat zum Beispiel 2.000 Euro mehr Pflegegeld im Monat als ein gesetzlich Versicherter. Das sind echte Unterschiede in der Frage von Gleichbehandlung und Nichtgleichbehandlung von Pflegebedürftigen. Da sollten wir auf Bundesebene herangehen.
Das Thema Pflegeinfrastruktur hat die Kollegin Altenkamp angesprochen, aber dazu gehören das will ich ergänzen – auch die Themen „öffentlicher Nahverkehr“ oder das „Pflegesetting im Quartier“, das wir aufbauen müssten.
Für 500 Millionen Euro könnte man eine Menge zustande bringen. Beim Thema Landesbauordnung waren Sie ja auch ganz entspannt; der haben Sie zugestimmt. Das führt dazu, dass wir ohne Not weniger behindertengerechte Wohnungen haben werden.
(Minister Karl-Josef Laumann: Das ist nicht wahr! Wir kriegen mehr!)
Eines will ich zum Ende auch noch mal sehr klar sagen: Eine Partei, die in ihrem Bundestagswahlprogramm stehen hat, dass sie alle Sozialsysteme schleifen will, und die glaubt, mit 83 Euro im Monat die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen verbessern zu können, ist völlig fehl am Platze.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Tritschler?
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Nein. (Zuruf von Markus Wagner [AfD])
–  Ich finde den Fraktionsvorsitzenden der AfD ausgesprochen unangenehm; (Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall von der SPD)
ich werde es aber aushalten. (Zurufe von der AfD)
–  Es ist ja ein ganz besonderer Stil von Ihnen, dass Sie Rednerinnen und Redner, die hier stehen, niederbrüllen wollen, ihnen ins Wort fallen und verhindern wollen, dass man überhaupt zum Ende kommt.
(Zurufe von der AfD)
–  Wenn das Ihr Stil ist, lohnt eine Auseinandersetzung kaum.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP
– Zurufe von der AfD)
Das Thema Pflege ist mir ein ganz besonderes Anliegen. Ich glaube, wir müssen durch mehr- stufige Punkte dafür sorgen, dass die Pflegeinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen besser wird, dass wir das Quartier stärken, dass wir häusliche Strukturen so ausgestalten, dass Menschen möglichst lange in dem Umfeld leben können, das sie sich wünschen. Allein deswegen ist dieser Antrag abzulehnen.
Aber er ist auch aus einem anderen Grunde abzulehnen. Ich glaube, damit wird etwas ganz anderes verfolgt, nämlich dass man sich wünscht, dass die Pflege genauso wie die Kinderpflege in das häusliche Umfeld zurückversetzt wird. Der Staat solle sich raushalten und mit wenigen Almosen dafür sorgen, dass Menschen dort die Pflege verrichten sollen.
(Andreas Keith [AfD]: Schrecklich! – Weitere Zurufe von der AfD)
Da rede ich auch über Pflegestandards. Ich habe selber lange in der ambulanten und in der stationären Altenpflege gearbeitet. Ich will da keinem zu nahe treten, aber viele Menschen sind mit diesem Setting schlicht überfordert.
Deswegen brauchen wir Qualität, qualifiziertes Personal, das die Menschen schulen kann, Entlastung, wie es die Kollegen Altenkamp dargestellt hat: Entlastung für die Pflegebedürftigen und für die Pflegenden sowie Ausweichräume, um einfach mal aus dem Ganzen herauszukommen.
Das wäre eine Perspektive für die Menschen. Dafür setzen wir Grünen uns ein, und dafür kämpfen wir auch. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Es gibt eine Kurzintervention von der AfD-Fraktion. Es spricht für die AfD-Fraktion Herr Tritschler. Bitte schön, Herr Tritschler.
Sven Werner Tritschler (AfD): Vielen Dank. – Herr Kollege Mostofizadeh, Sie haben gerade in Ihrer Rede gesagt – ich zitiere –: Die AfD, die in ihrem Bundestagswahlprogramm stehen hat, dass sie alle Sozialsysteme schleifen will.
Ich weiß nicht, wo Sie das entdeckt haben. Ich halte das für einen der Untergriffe, wie wir Sie von Ihrer Fraktion und von Ihnen im Besonderen immer wieder hier im Haus erleben müssen. Das ist dem Hohen Haus meines Erachtens unwürdig.
Nichtsdestotrotz: Wenn Sie mir die Fundstelle nennen können, spende ich Ihrer Fraktion einen Kasten Matetee, Sojalatte oder was man sonst so bei Ihnen trinkt.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Mostofizadeh, wenn Sie das Mikrofon aktivieren, können Sie darauf antworten. Bitte schön.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Tritschler von der AfD-Fraktion hat durch seinen Redebeitrag deutlich gemacht, auf welchem politischen Niveau er unterwegs ist. Dem ist nichts hinzuzufügen, Herr Kollege.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Das ist gelogen! – Weitere Zurufe von der AfD)

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