Mehrdad Mostofizadeh: „Das war in der Abwägung für uns notwendig und richtig.“

Gesetzentwurf zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/14

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich – das werde ich jetzt auch tun – wollte ich meinen Wortbeitrag damit beginnen, deutlich zu machen, dass wir uns durchaus schwer dazu durchgerungen haben, der teilweisen Übertragung der Besoldungserhöhung zuzustimmen, weil – das wollen wir auch klar zugestehen – wir der Auffassung sind, dass wir sehr wohl abwägen müssen, ob es gerechtfertigt ist, das so zu tun, wie wir es machen.
Wir haben es abgewogen. Wir stimmen den Argumenten, die der Finanzminister vorgetragen hat, zu. Wir sind der Auffassung, dass es angesichts der Alternativen, die uns zur Verfügung stehen, gerechtfertigt ist, es denjenigen, die etwas mehr verdienen – ich werde auch gleich noch etwas zu Spitzenverdienern und anderen Geschichten erzählen, die Sie hier vorgetragen haben –, eher zuzumuten, die Eins-zu-eins-Übertragung nicht zu bekommen, und denjenigen, die zwischen A2 und A10 liegen, mehr zu übertragen als den anderen. Das war in der Abwägung für uns notwendig und richtig.
Wir haben auch die Haushaltslage abgewogen. An der Stelle komme ich zu Herrn Lohn. Ich habe sehr viele CDU-Politiker gehört, bei denen ich das, was sie gesagt haben, bedenkenswert finde, nämlich dass wir den Menschen oftmals zu viel versprechen, dass wir rausgehen und das Bild erzeugen – egal, auf welcher politischen Ebene –, dass alles machbar sei.
Eines kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Lohn: Das, was Sie hier gemacht haben, war schlicht Stammtischniveau. Sie haben sich als Trittbrettfahrer auf die Debatte gesetzt und versucht, zu suggerieren,
(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh!)
dass es Tausende von Möglichkeiten geben würde, das gegenzufinanzieren, was Sie hier versprechen. Das will ich auch sehr deutlich machen.
Sie haben in Ihrem Brief und auch heute in der Pressemitteilung gesagt, wir hätten Milliarden an Steuergeschenken gemacht. Fakt ist: Von den Sachen, die wir beschlossen haben, gehen 700 Millionen an die Kommunen. Wollen Sie davon einen Euro streichen? Davon habe ich nichts gehört. Die Mindereinnahmen durch Wegfall der Studienbeiträge und Beitragsfreiheit des dritten Kindergartenjahres betragen 400 Millionen €. Außerdem haben wir exakt 400 Millionen € bei der Grunderwerbsteuererhöhung gegenfinanziert. Das sagen Sie niemandem, weil Sie überhaupt nicht daran interessiert sind, zuzugeben, wie die Haushaltslage in Nordrhein-Westfalen ist. Aber gleichzeitig rennen Sie zum Verfassungsgericht und behaupten, wir müssten den Haushalt noch mehr kürzen als das jetzt schon der Fall ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Was Herr Lohn hier vorgetragen hat – wir werden uns ja morgen noch ausführlicher über die Steuerpolitik unterhalten –, kann ich so nicht stehenlassen. Die Pläne zur Spitzensteuersatzerhöhung, die ja so sehr im Fokus sind, setzen bei uns bei 60.000 € Jahreseinkommen an und bei der SPD nach jetziger Programmlage bei 80.000 €
(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: 100!)
– 100.000 €. Das sind aus unserer Sicht die Besserverdienenden. Das sind aber nicht die Beamtinnen und Beamten, über die wir jetzt reden. Das haben Sie in völlig unzulässiger Art und Weise in einen Topf geworfen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie haben gleichzeitig noch vorgetragen, dass wir behauptet hätten, das wären Spitzenverdiener. Die Zeitungen haben geschrieben, das seien Spitzenbeamtinnen und -beamte. Das ist doch nicht unser Verdienst gewesen. Ganz im Gegenteil! Ich habe mir mehrmals die Mitteilungen der Landesregierung durchgelesen. Da ist davon keine Rede, sondern da ist sehr dezidiert ausgeführt, in welchen Besoldungsgruppen das passiert.
Eines will ich Ihnen mal sagen, weil Sie die Ministerpräsidentin immer aus ihrer Zeit zitieren, als sie noch Fraktionsvorsitzende der SPD war: Als wenn sich die Zeit nicht weitergedreht hätte! Was ist denn seit 2009 passiert?
(Lachen von der CDU – Zuruf: Abenteuerlich!)
Sie haben doch Schwerpunkte gesetzt, und zwar auch bei der Einnahmenpolitik. Sie haben ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz gemacht. Sie haben Gesetze zur Einkommensteuerentlastung gemacht, die dieses Land mehrere Milliarden Euro kosten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das sind Ihre Schwerpunkte! Sie tragen ganz massiv zu dieser Haushaltslage bei!
Ich habe drei Kinder im Alter zwischen 17 und 13 Jahren. Ich möchte nicht die Verantwortung dafür tragen, dass unsere Haushalte durch unsere Kinder nicht mehr gesteuert werden können.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)
Deswegen bin ich bereit, Herr Kollege, auch Entscheidungen zu treffen, die eben keinen Spaß machen.
(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])
– Herr Laumann, Sie machen sich einen ganz schlanken Fuß. In Ihrer Pressemitteilung steht, dass Sie diese Gehaltserhöhungen mit den Summen, die wir seit 2010 mehr ausgegeben hätten, gegenfinanzieren wollten. Ich kann Ihnen sagen, Sie haben den Leuten das hiermit schwarz auf weiß gegeben: Sie werden, falls jemand Ihre Partei wählen sollte, nicht nur diese Besoldungserhöhung nicht nachholen, sondern Sie werden auch noch für Stellenabbau sorgen. Denn Sie wollen Stellen abbauen. Das haben Sie in Ihrer Pressemitteilung gesagt.
Ich kann den Unmut über uns gut verstehen.
(Beifall von der CDU)
Niemand möchte gerne solche Entscheidungen treffen. Aber ich kann allen Kolleginnen und Kollegen im Landesdienst nur empfehlen, sich sehr genau anzugucken: Was hat diese CDU, was hat diese FDP in diesem Land in aktiver Zeit gemacht? Was wird sie tun, falls sie wieder drankommen sollte, was wir zu verhindern wissen?
Sie wird diesen Beamtinnen und Beamten bei der Besoldung keinen Deut nachgeben, sondern sie wird sie auch noch mit Stellenkürzungen bestrafen und diesen Haushalt nicht in Ordnung bringen; denn sie hat auch jetzt schon wieder im Bund angekündigt, eben nicht für Entlastung für diese Gruppen zu sorgen und auch nicht dafür zu sorgen, dass die Länder finanziell besser ausgestattet werden. Weitere Belastungen für die Länder stehen an.
(Beifall von den GRÜNEN)

2. Runde:

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wedel hat eben seine immer wiederkehrende Rede zum Sparkurs der Landesregierung vorgetragen beziehungsweise abgelesen. Das sind aber Allgemeinplätze. Herr Kollege Wedel, sagen Sie doch ein einziges Mal, wo genau gespart werden soll außer beim LPVG. Wo genau wollen Sie gegenfinanzieren? Wo genau machen Sie etwas anders als wir? – Ich habe in der heutigen Debatte nur vernommen, dass der Kollege Abruszat vorgetragen hat, das Land solle bei der Kommunalfinanzierung noch mehr Geld hineinschießen und stärker zur Finanzierung beitragen.
(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)
Ich habe Ihr Muster verstanden. Ihr Muster lautet: Die Landesregierung hat versprochen, immer 1:1 zu übertragen und ordentlich draufzulegen und das aus dem Nirwana zu finanzieren. Das halten Sie uns jetzt vor.
Mich würde interessieren: Was wollen Sie denn? Was will die FDP? Was will die CDU?
(Lebhafter Widerspruch von Christian Möbius [CDU])
– Kollege Möbius, Sie führen immer die Verfassungsklagen an. Sie haben zehn Verfassungsklagen verloren, davon drei Verfassungsklagen gegen Maßnahmen zulasten der Kommunen, und zwar unter anderem, weil Sie den Landeshaushalt zulasten der Kommunen gegenfinanziert haben.
Noch etwas zum Thema „Personallüge“, die Sie zu verantworten haben. Sie haben gesagt, Sie würden den Landeshaushalt über Personalabbau sozusagen gegenfinanzieren. Fakt ist aber: 14.000 Stellen sind in der Legislaturperiode von 2005 bis 2010 tatsächlich gestrichen worden, davon 5.000 aufgrund der kw-Stellung, die Rot-Grün bis 2005 ausgebracht hat. Es verbleiben also noch 9.000 Stellen. Aber: 11.900 Stellen sind dazugekommen, 2.900 Stellen haben Sie zusätzlich aufgebaut.
(Lebhafter Widerspruch von Christian Möbius [CDU])
– Herr Kollege, eines kann ich Ihnen sagen: Ich habe sehr gut verstanden, was Sie wollen. Sie wollen Stimmung machen. Sie haben kein Konzept.
(Widerspruch von Karl-Josef Laumann [CDU])
Sie haben fünf Jahre lang bewiesen, dass Sie dieses Land nicht sinnvoll regieren können.
Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen noch etwas zurufen: Mir tut es leid, dass wir nicht 1:1 übertragen können. Sicher aber ist: Schwarz und Gelb sind die Garanten dafür, dass es nur noch viel schlimmer kommen kann
(Lebhafter Widerspruch von der CDU und der FDP)
– Moment! – und im Bund die Grundlage dafür gelegt werden muss, dass dieses Bundesland handlungsfähig ist. Das, meine Damen und Herren, werden wir im September dieses Jahres hoffentlich erleben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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