Mehrdad Mostofizadeh: „Das sind schon für über 2 Milliarden Euro Wünsche, für die die FDP keine Deckungsvorschläge für diesen Landeshaushalt vorweisen kann.“

Aktuelle Stunde auf Antrag der FDP zur Haushaltskonsolidierung

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lindner, es wundert nicht, dass Sie die Rede frei vortragen können, denn Sie halten immer die gleiche Rede.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])
Vermutlich können die Journalisten, die Sie dafür gelobt haben, die Rede mittlerweile selbst frei vortragen.
(Lachen von Christian Lindner [FDP])
In den letzten Plenartagen haben wir erlebt, dass die FDP offensichtlich die Order herausgegeben hat: Sucht euch mal die Punkte heraus, die bei der Großen Koalition mangelhaft sind – wir haben ja keine Fraktion mehr im Bundestag –, schreibt mal ein paar Anträge, und wir machen Bundespolitik hier im Landtag.
(Lachen von Christian Lindner [FDP])
Das konnten wir am Mittwoch und gestern erleben, und heute nimmt das seine Fortsetzung.
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Oh!)
Herr Kollege Lindner, bei der Analyse sind wir uns an verschiedenen Stellen einig. Das war gestern schon so. Nur wir haben eine Bundestagsfraktion, die das viel besser und intensiver vortragen kann, Herr Kollege Laschet. Deswegen müssen wir im Landtag nicht den Quatsch kopieren, der im Bundestag schon abläuft.
Aber, Herr Kollege, so billig kommen Sie uns auch nicht davon. Ich werde jetzt wieder ein paar Punkte vortragen müssen, die ich wahrscheinlich schon 18 Mal oder 20 Mal im Landtag vorgetragen habe. Aber sie werden dadurch nicht falsch, dass Sie immer wieder das Gegenteil behaupten.
Sie werfen dem Finanzminister vor, er würde keine solide Haushaltspolitik machen. Der Kollege Zimkeit hat eben die Punkte schon angedeutet. Ich lese mal Ihren Wunschzettel vor: kalte Progression abschaffen im Bund, Mehrkosten für Nordrhein-Westfalen 400 Millionen € mindestens, Personalbesoldung aufstocken auf das Eins-zu-eins-Niveau, 760 Millionen € für Nordrhein-Westfalen,
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Stärkungspakt, Abschaffung des Solidarbeitrags, 90 Millionen €, Abschaffung der Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 5 %, 450 Millionen €, Inklusion mindestens 250 Millionen €, wenn ich auch nur ansatzweise die Wünsche, die Sie dort vortragen, zusammenrechne.
(Ralf Witzel [FDP]: Wer hat das denn gefordert? Das ist doch alles falsch! Das ist unwahr!)
Das sind schon, liebe Kolleginnen und Kollegen, über 2 Milliarden €, für die die FDP keine Deckungsvorschläge für diesen Landeshaushalt vorweisen kann.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Unwahr!)
Ihre Argumentation wäre selbst dann falsch, wenn Sie in Ihre Logik zurückkehren wollten und sagen würden: Im Bund hatten wir 2008/2009 eine Finanzkrise und haben zum Teil damals als alte Große Koalition und dann auch als Schwarz-Gelb in den Konjunkturpaketen I und II Stützungsmaßnahmen vorgenommen.
Darin waren mehrere einkommensteuerliche und andere steuerliche Stützungsmaßnahmen in einer Größenordnung, die Nordrhein-Westfalen durchaus im Milliardenbereich betrifft. Die haben Sie auch nicht zurückgenommen. Sie machen also nicht einmal mehr eine antizyklische Politik, sondern Sie machen eine prozyklische Politik.
Es geht Ihnen eigentlich nicht darum, eine gradlinige Haushaltspolitik zu machen, sondern darum, Klientel zu bedienen. Darin haben Sie sich immer ausgezeichnet. Dafür haben Sie Ihre Beschlüsse getragen.
(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)
Das bemängeln Sie jetzt, weil Sie nicht mehr in der Regierung sind. Wunderbar!
(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Ganz billiger Populismus! – Gegenruf von Horst Becker [GRÜNE]: Das ist die Wahrheit! Sie verwechseln das!)
Jetzt komme ich zu den Punkten, die Sie kritisieren.
In der Tat: Die Große Koalition im Bund hat einige Versprechungen gemacht, die das Rentenpaket betreffen. Da hat die Kanzlerin Wort gehalten. Laschet muss ja die Kanzlerin dann auch dort unterstützen. Sie hat Wort gehalten. Sie hat nur kein Finanzierungskonzept auf den Tisch gelegt. Sie finanzieren sich sozusagen auf Pump, auf Hoffnung.
Das muss der Wahrheit wegen dann aber auch gesagt werden: Das führt dazu, dass der Rentenbeitrag nicht abgesenkt wird. Das führt dazu, dass wenige von vielen profitieren, die wenig haben, und von denen mitfinanziert werden müssen. Das halte ich schlicht für ungerecht, was Sie da in Berlin machen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zurück zu dem, was uns in Nordrhein-Westfalen betrifft: Der populistische Versuch von Herrn Lindner, den Landtag aufzuregen, ist erkennbar gescheitert. Eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zuzulassen,
(Zuruf von der FDP: Jetzt kommt es!)
muss man akzeptieren, weil es schwierig wird.
(Allgemeine Heiterkeit)
Wir kritisieren ja nicht das Präsidium. Aber so ganz aktuell – das hat der Kollege Lindner in seiner Einleitung schon zugegeben – ist das Ganze nicht, was er vorgetragen hat.
Ein letztes Zitat aus Ihrem Antrag – ich brauche ich die Redezeit nicht auszuschöpfen – möchte ich mir dann schon noch erlauben. Sie beschreiben die Finanzlage der öffentlichen Hand und sagen, dass die Kommunen offensichtlich positive Finanzierungssalden haben. Das ist zutreffend, was Bayern und Baden-Württemberg anbetrifft.
(Armin Laschet [CDU]: Snowden!)
– Absolut. – Sie bemängeln aber gleichzeitig, dass in Nordrhein-Westfalen die Kommunen so schlecht dastehen, bieten aber keinerlei Finanzierungskonzept, wie es besser werden soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie malen sich die Welt dort schlecht, wo Sie keine Verantwortung tragen. Dort, wo Sie Verantwortung getragen haben, malen Sie ein rosarotes Bild, das absolut unzutreffend ist. Das, was Sie die letzten zwei oder drei Tage in diesem Landtag abgezogen haben, entspricht einem Wunschbild der FDP, aber nicht der Realität, weder in Nordrhein-Westfalen noch in Deutschland.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


2. Runde:

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin es ja gewohnt, dass Herr Kollege Witzel auf Argumente nicht eingeht, sondern das abspult, was er sich aufgeschrieben hat. Doch ich will es trotzdem – zumindest, Herr Witzel, damit es im Sachzusammenhang steht – noch mal erklären.
Ich habe vorhin vorgetragen – dazu haben Sie nichts gesagt, haben keinerlei Versuch unternommen, das argumentativ zu widerlegen –, dass Sie einen Wunschzettel in der Größenordnung von 2 Milliarden € für diesen Landeshaushalt aufgeschrieben haben.
(Ralf Witzel [FDP]: Das ist falsch! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])
– Die Zahlen habe ich eben genannt; die werde ich jetzt nicht wiederholen. Also: kalte Progression, Personalbesoldung, Stärkungspakt, Grunderwerbsteuer, Inklusion, Konnexität. Ich könnte diese Liste noch verlängern; das waren jetzt nur die wichtigsten Brocken.
(Zurufe von der FDP)
– Ihr habt eben schon zehn Minuten geredet. Vielleicht bin ich jetzt mal dran.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Zwischenrufe sind schon möglich.
(Jochen Ott [SPD]: Das wird den Herrn Witzel verwirren! – Beifall von der SPD)
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Kollege Witzel, die größte Nummer ist, dass Sie Anträge in der Größenordnung von, ich glaube, 150 Millionen globale Minderausgaben on top auf das vorschlagen, was unser Finanzminister für diesen Landeshaushalt vorgeschlagen hat,
(Ralf Witzel [FDP]: Mehrausgaben, ja!)
Aber dem Landesfinanzminister und der Koalition ins Stammbuch schreiben, dass globale Minderausgaben des Teufels sind. Wie schizophren sind Sie denn eigentlich?
(Beifall von der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Das haben wir nicht gesagt!)
Um deutlich zu machen, wo bei Ihnen nur noch Ideologie unterwegs ist:
(Ralf Witzel [FDP]: Das ist unwahr, einfach nur unwahr!)
Sie haben eben zur Wirtschaftspolitik Argumente angeführt; nehmen wir mal die Energiepolitik. Die schwarz-gelbe Bundesregierung – Sie sind nicht nur abgewählt worden, Sie sind sogar aus dem Bundestag herausgeschossen worden – hat im Jahre 2011 ein Atomverlängerungsgesetz gemacht. Und 2012 haben Sie ein dann Atomausstiegsgesetz gemacht, das jetzt dazu führt, dass Billiarden Investitionen nicht möglich sind und die großen Energiekonzerne – in Klammern: daran haben sie ein Stück weit selbst Schuld – in die Knie gehen. Und Sie sprechen von Entfesselungseffekten für die Wirtschaft! Sie sind ideologisch verblendet! Das ist alles, was Sie sind.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP])
Vielleicht mal konkret, was Sie in diesem Landeshaushalt wirtschaftspolitisch vorschlagen: Sie schlagen im Wesentlichen vor, Flughäfen, die wir nicht brauchen, und halböffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel Messen noch stärker zu subventionieren. Das macht die FDP aus. Von Wirtschaftspolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich bei Ihnen ernsthaft nichts erkennen.
(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])
Herr Kollege Schmitz, ich will Ihnen mal deutlich sagen, was uns an der Stelle trennt. Sie haben uns vorgeworfen, dass die Rentenpläne der Grünen teurer werden als das, was CDU und SPD hierzu vorschlagen. Der Unterschied ist – in der Sache wird dazu Frau Kollegin Maaßen noch vortragen –: Die Grünen haben im Gegensatz zu Ihnen ein Finanzierungskonzept mit Billiarden Steuermehreinnahmen vorgelegt zugunsten der Menschen in diesem Land, die ungefähr 30.000 € bis 40.000 € verdienen, und haben auch gesagt, woher das Geld dafür kommen soll.
Sie sagen nicht, wo das herkommen soll, sondern Sie belasten die Beitragszahlerinnen. Das sind die, die zwischen 1.000 und 4.000 brutto verdienen. Das finde ich sozial ungerecht. Das unterscheidet uns, Herr Kollege Schmitz.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich möchte Ihnen noch einen Hinweis zu den rosa Zellen geben. Früher haben wir über rote Zellen gestritten, heute sind es rosa Zellen. Es handelt sich offensichtlich nicht um rosa Zellen, sondern um die Farbe „Cool-Down-Pink“. Ich habe mich darüber eben noch mal aufklären lassen. Diese Farbe, Herr Kollege Schmitz, ist genauso teuer wie weiße Farbe. Und die Anstriche erfolgen immer nur dann, wenn sowieso ein Anstrich erfolgen muss. – Das war also ein ganz schlechtes Beispiel, Herr Kollege. Erst sachkundig machen und dann den Vorwurf in den Raum stellen!
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Aktuelle Stunde hat wenig Neues gebracht, außer dass die FDP erneut versucht hat, ihr Potpourri abzuziehen. Dabei hat sie sich allerdings selbst entlarvt und deutlich gemacht, dass sie für den Wunschzettel in Höhe von 2 Milliarden € keine entsprechenden Gegenvorschläge darlegen kann.
(Widerspruch von Ralf Witzel [FDP])
Sie sind nicht geeignet, dieses Land zu führen. Gott sei Dank sitzen Sie auf der Oppositionsbank. Und das soll auch noch lange so bleiben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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