Mehrdad Mostofizadeh: „Das ist ein klares Indiz dafür, dass die Dynamik insgesamt immer noch hoch ist“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Coronalage

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Einen ähnlichen Antrag – das gebe ich zu – hat unsere Fraktion schon in der letzten Plenarsitzung vorgelegt. Allerdings muss man sehr deutlich sagen, dass sich seitdem auch einiges getan hat.

Der Gesundheitsminister hat sich im Ausschuss und schon vorher sehr klar geäußert. Politisch und fachlich ist er der Auffassung, dass wir eigentlich weitere Schutzmaßnahmen brauchen. Insbesondere die Maskenpflicht in Innenräumen hält er für richtig und notwendig. Er hätte sich auch vorstellen können, wollen oder müssen, dass die Länder entsprechende Schutzmaßnahmen einführen können, ohne dass das Parlament jeweils antanzen muss, nämlich mindestens eine längere Übergangsfrist oder eine Ermächtigung der Landesregierung.

Das Bundesland Hamburg, das eine niedrigere Hospitalisierungsrate hat als Nordrhein-Westfalen, hat reagiert und sich trotzdem zum Hotspot erklärt.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Ja!)

Genau das wollen wir heute vorschlagen. Ich will Ihnen zwei Argumente nennen, warum das aus unserer Sicht zielführend ist.

Es wird immer auf die drohende Überlastung – nicht auf die eingetretene Belastung – der Krankenhäuser – nicht des gesamten Gesundheitssystems – hingewiesen. Dazu zwei Zahlen, Herr Minister, aus Ihrer heutigen Vorlage:

Die Belegung der Normalstationen ist um 39 Personen und die Belegung der Intensivstationen um 11 Personen angestiegen, also nicht zurückgegangen, obwohl die Fallzahlen vorgeblich zurückgehen. Die Frage dabei ist natürlich, inwieweit getestet wird.

Der R-Wert ist gestiegen, und die Positivquote der PCR-Tests – ein ziemlich wichtiger Indikator – liegt in Nordrhein-Westfalen auf Höchstniveau. Fast jeder zweite PCR-Test ist positiv. Das ist ein klares Indiz dafür, dass die Dynamik insgesamt immer noch hoch ist.

An der Stelle will ich betonen, damit das zur Einordnung klar ist: Selbst wenn der Landtag § 28 des Infektionsschutzgesetzes anwenden würde, würde ein Großteil der vorherigen Schutzmaßnahmen wegfallen. Die Einschränkungen bei den Besucherzahlen im Stadion und viele Schutzmaßnahmen in anderen Bereichen würden nicht wegfallen.

Was die Bevölkerung letztlich will, zeigt sich daran, dass die allermeisten, sogar in den Schulen, weiterhin Maske tragen. Im Einzelhandel wird gerade von der älteren Bevölkerung sehr klar darauf abgestellt, dass sie sich unsicher fühlt, wenn keine Maske getragen wird.

Man könnte sagen, dass das Individualschutz ist, aber man ist eben auch auf den Schutz durch andere angewiesen. Es ist fachlich völlig eindeutig, dass das Tragen einer Maske umso besser und intensiver schützt, je mehr man nicht nur selbst am besten eine gute FFP2-Maske trägt, sondern eben auch die anderen.

Deswegen verstehe ich nicht, Herr Minister, warum Sie im Ausschuss lang und breit ausgeführt haben, dass die Hotspot-Regelung nicht funktioniert, obwohl Sie politisch anderer Auffassung sind. Klar, man kann immer nach Berlin zeigen. Dazu möchte ich auch noch zwei Punkte sagen:

Natürlich hätten wir uns ein strikteres Bundesgesetz gewünscht, aber wenn Grüne und SPD nicht zugestimmt hätten, wäre das Infektionsschutzgesetz komplett ausgelaufen.

Hier in Nordrhein-Westfalen könnten Sie § 28 des Infektionsschutzgesetzes anwenden und würden nichts damit kaputt machen. Das ist etwas völlig anderes als die Situation in Berlin, obwohl ich trotzdem die Kritik aufrechterhalte, dass man es hätte anders machen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben heute die Chance, § 28 des Infektionsschutzgesetzes anzuwenden, und davon sollten wir auch Gebrauch machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Minister, vielleicht können Sie dazu gleich noch einmal ausführen. Wenn ich es richtig gelesen habe, meldet die Stadt Bielefeld für sich an, Hotspot zu sein. Wie gehen Sie damit um? Müssen wir dann nächste Woche in den Landtag kommen und über diesen Antrag befinden? Oder wird die Landesregierung sagen: „Was interessiert mich, was die Bielefelder machen; das lasse ich so wegrauschen“?

Wie ist denn Ihr Umgang mit solchen Anträgen? Was ist denn die Haltung der Landesregierung auch bei der Bewertung der einzelnen Maßstäbe?

Deswegen haben wir nicht erneut die Anwendung beantragt, sondern – wie Sie auch richtig in dem Beschlussvorschlag nachlesen können – wir möchten von Ihnen, Herr Minister, wissen, wie es weitergehen soll. Sagen Sie nicht, wie schlecht es in Berlin gelaufen ist, sondern: Was macht diese Landesregierung, um die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen wirksam, effektiv und im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten gesundheitspolitisch zu schützen? Das müssen Sie an der Stelle deutlich machen, Herr Minister.

(Beifall von den GRÜNEN)

Eine letzte Bemerkung: Ich will sehr klar sagen, dass wir als Parlament eine hohe Verantwortung im Hinblick darauf haben, unseren Schutzfunktionen nachzukommen. Da muss es nicht interessieren, welche parteipolitischen Konstellationen auf anderen Ebenen zugange sind. Hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen wird entschieden, wie die Gesundheitspolitik in Nordrhein-Westfalen aussieht. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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