Mehrdad Mostofizadeh: „An der Stelle sind Sie völlig unglaubwürdig“

Gesetzentwurf der Landesregierung: Landeshaushalt 2018 - Einzelplan Kommunales und GFG

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da mich Kollege Hovenjürgen so freundlich zu dieser Haushaltsdebatte eingeladen hat, spreche ich seinen Nachnamen wenigstens vernünftig aus. Im Gegensatz dazu darf er bei meinem Nachnamen noch trainieren. Deswegen freue ich mich darauf, demnächst Münster in Sorbisch zu lesen.
Ganz kleine Räder, Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, dreht die Politik bei diesem Thema, wobei es eigentlich ein ganz großes Rad werden könnte, zu dem Thema „Minderheiten“ zu sprechen.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Es wäre doch eine prima Idee, wenn Sie schon Schleswig-Holstein zum Thema machen, darüber nachzudenken, wie das mit unseren Minderheiten aussieht, zum Beispiel mit Sinti und Roma, die eine über 500 bis 600 Jahre dauernde Geschichte – auch in Nordrhein-Westfalen – haben. Allein 50.000 deutsche Sinti leben in Deutschland. Da könnten wir uns doch mal mit  deren kulturellen Identität auseinandersetzen und diese Fragen im Ausschuss intensiv diskutieren. Deswegen freuen wir uns  über diese Debatte ganz ausdrücklich.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Ob eine veränderte Schreibweise von Straßennamen uns so weit nach vorne bringt, werden  wir sehen.  Wir werden uns bei diesem Antrag  – ähnlich wie die Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokraten – enthalten. Aber der Gesetzentwurf ereilt uns aller Voraussicht nach, und ich denke, in den Anhörungen wollen wir uns ausführlich mit dem Thema befassen. Ich würde gerne mit dem zweiten Punkt, dem Thema „Integrationspauschale“, anfangen. Wir haben uns schon intensiv über die Art und Weise der Weitergabe unterhalten. Ich will Sie hier nicht quälen, weil wir schon dreimal gesagt haben, dass insbesondere die Kolleginnen und
Kollegen der CDU gefordert haben, jeden Cent an die Kommunen weiterzugeben und seit dem 15. Mai nichts mehr davon wissen wollen. Diese Haltung der CDU halte ich – dabei bleibe ich auch – nach wie vor für Wahlbetrug.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Ich will das auch einbetten, weil wir auch die Unterschiede betrachten müssen, weil Sie immer sagen: Rot-Grün hat das auch nicht gemacht. – Ich möchte nur auf zwei Zahlen hinweisen. In Kapitel 095 des Einzelplans, der direkt neben Einzelplan 08 liegt, sind nämlich die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung nach Flüchtlingsaufnahmegesetz aufgeführt. Gegenüber 2016 plant die Regierung für 2018 – möglicherweise wird das gar nicht gebraucht – mit 1,2 Milliarden € weniger Ausgaben allein nach dem FlüAG und mit 400 Millionen € weniger Kosten für das Land selber für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen. Das sind völlig andere Ausgangsbedingungen, als Rot-Grün sie hatte, und trotzdem leiten Sie von der Integrationspauschale nicht einen einzigen Cent an die Kommunen in Nordrhein-Westfalen weiter. An der Stelle sind Sie völlig unglaubwürdig.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Beim Stärkungspakt – das hat der Kollege eben angedeutet – schaffen Sie erst den Soli ab, anstatt auf der anderen Seite diejenigen zu entlasten, die es eigentlich brauchen, nämlich die Kommunen beim Vorwegabzug besserzustellen. Das ist ein vergleichbarer Betrag, den Sie ohne größere Probleme aus dem Haushalt finanzieren und gegenfinanzieren könnten. Das machen Sie ausdrücklich nicht. Jetzt zu den Tricksereien, die sich gerade im Kommunalbereich widerspiegeln: Sie haben von den Krankenhausinvestitionen eine schwarze Kasse gebildet, indem Sie die Kostenlast von 100 Millionen € von 2017 auf 2018 verschieben. Damit sind die Investitionen in die Krankenhäuser auf dem niedrigsten Stand dieses Jahrzehnts angekommen, wenn man allein die Landesgelder betrachtet.
(Sven Wolf [SPD]: Eine dauerhafte Entlastung der Kommunen ist es auch nicht!)
Ein zweiter Punkt, bei dem Sie die Kommunen mit allen Tricks an der Nase herumführen wollen – Sie haben eben das Beispiel Sportausschuss gebracht –, ist die Schul- und Bildungspauschale bzw. die Sportpauschale. Durch die Operation, die Sie da vornehmen, kommt nicht ein einziger Cent mehr in die kommunalen Kassen. Da, Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, kann ich nur sagen: Sie vertrauen den Kommunen? – Das ist doch lächerlich, wenn Sie sagen, die Dynamisierung würde zu mehr Ausgabemitteln führen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Der letzte Punkt, den ich gerne anführen möchte, ist das Verhältnis zu den Kommunen und der Umgang mit den Kommunen. Das Thema „Krankenhausfinanzierung“ haben Sie in einer  Weise an die Kommunen gebracht, dass die aus der Zeitung erfahren haben, 100 Millionen € zusätzlich investieren zu müssen. Da hat selbst der schwärzeste Christdemokrat, nämlich Herr Kollege Schneider, aufschreiben müssen, dass das kein Umgang mit den Kommunen ist und Sie schon zu Beginn der Legislaturperiode die Kommunen nicht ernst nehmen und im Regen stehen lassen.
– Das ist kein guter Start. Eine letzte Bemerkung, Frau Ministerin: Nicht einen Cent unterscheidet dieses GFG von einem rot-grünen GFG. Allein die Konjunktur hilft Ihnen. Das ist gut, dass es den Kommunen an der Stelle besser geht, aber Ihre verbesserten Ausgangsbedingungen  – weniger Ausgaben für Flüchtlinge,  weniger Kosten an anderer Stelle – geben Sie gerade nicht an die kommunale Familie weiter. Deswegen sind Sie an der Stelle auch unglaubwürdig. Bei den anderen Versprechungen werden wir im nächsten Jahr gucken, welche Sie halten, und bei welchen Sie wieder mit leeren Händen dastehen. 
Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)