Mehrdad Mostofizadeh: „Am Ende wäre es gut, wenn wir die Werkstätten gar nicht brauchen würden“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Inklusion in den Arbeitsmarkt

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ausgangspunkt der heutigen Beratung war ein Antrag unserer Fraktion vom 2. Juli 2019. Es kann also manchmal fast zwei Jahre dauern, bis es hier im Plenum zu einem Ergebnis kommt. Erst einmal herzlichen Dank dafür, dass es zu einem Ergebnis kommt und vier Fraktionen einen gemeinsamen Antrag eingebracht haben und ihn gleich auch verabschieden werden.

Wie die Kolleginnen und Kollegen eben schon betont haben, ist es ein zentrales, allerdings kompliziertes und komplexes Feld – gar keine Frage. Natürlich hat Nordrhein-Westfalen auf diesem Feld eine ausgeprägte Tradition. Deshalb glaube ich – das hat Herr Kollege Lenzen auch gesagt –, dass wir in vielen Punkten in die gleiche Richtung unterwegs sind und auch das Ziel haben, gemeinsam für Verbesserungen zu sorgen.

Es ist auch nicht zu verstehen, wie eben schon gesagt wurde, dass ausgerechnet jetzt die Menschen mit Behinderung, die eine hohe Qualifikation haben und in der Regel eine deutlich größere Loyalität gegenüber ihren Arbeitgebern aufweisen als der Durchschnitt der Arbeitnehmerschaft, in der Coronakrise in besonderer Weise unter Arbeitsplatzverlusten leiden müssen, obwohl die Quote schon vorher schlechter war. Da müssen wir besser werden.

Die Ansatzpunkte sind eben schon teilweise angerissen worden: Es geht um eine bessere Beratungsstruktur für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, damit auch klar wird, wo Nischenarbeitsplätze sind, wie sie identifiziert werden können, wie auch dafür gesorgt werden kann, dass passgenaue Angebote gemacht werden können.

Ein zweiter Punkt – ich glaube, Kollege Lenzen hat ihn angesprochen – ist die Frage der Beratung. Es geht darum, dass nicht unterschiedlich beraten wird oder die unterschiedlichen Stränge nebeneinanderliegen, sondern dass man sich stärker abstimmt, stärker die Person und nicht das eigene Programm im Mittelpunkt sieht: Was ist die beste Maßnahme? Was ist das beste Programm?

Am besten wäre es – ich glaube, das wäre uns allen das Allerwichtigste –, danach zu fragen: Wie kann sich die betroffene Person aus den Möglichkeiten selbst die beste aussuchen?

Einen sehr wesentlichen Punkt hat Kollege Neumann sehr pointiert dargestellt: Inklusionsbetriebe. Tatsächlich halten wir auch dort eine weitere Förderung, eine weitere Herausstellung dieser doch sehr guten Möglichkeit für sinnvoll, um unterschiedliche Charaktere zusammenzubringen, die aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten und Möglichkeiten das Beste für Betriebe machen.

Quasi vor meiner Tür in Essen hat das Franz Sales Haus ein ganz hervorragendes Angebot. Die Leiterin dieses Hauses ist im Übrigen nicht dafür bekannt, mit überbordender Rücksicht, Freude und Nachsichtigkeit mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umzugehen, sondern sie fordert selbstverständlich auch Leistung. Das ist auch gut so, und zwar unter den gegebenen Möglichkeiten. Sie bietet aber eben auch entsprechende Angebote an, damit das machbar und umsetzbar ist.

Der letzte Punkt ist die Stärkung der Arbeitsassistenz und der Integrationsfachdienste, damit die Möglichkeit besteht, Rechtskreiswechsel vorzunehmen und eine vernünftige Bezahlung zu erreichen. Was die Bezahlung in den Werkstätten angeht, wäre das allerdings eher ein Appell an den Bund, Herr Minister.

Am Ende wäre es gut, wenn wir die Werkstätten gar nicht brauchen würden. Ich bin aber kein Fantast: Ich glaube, wir brauchen ihre Struktur noch eine ganze Weile. Dann müssen eben diejenigen, die für relativ überschaubares Gehalt dort arbeiten, vernünftig bezahlt werden.

Am Ende der Debatte möchte ich mich herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen für das Zustandekommen bedanken; ich finde das auch nicht ganz unwichtig.

Am Schluss möchte ich noch einen ganz zentralen Punkt nennen: Durch die zusätzlichen Träger haben wir auch neue Gestaltungsmöglichkeiten in der Landschaft. Sie können flexibel reagieren. Auch die werden uns sicherlich ein gutes Angebot machen, damit Menschen mit Behinderung besser auf den ersten Arbeitsmarkt und in Beschäftigung kommen können. Deswegen freue ich mich, dass wir jetzt diesen Antrag gemeinsam beschließen, und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und von Bodo Löttgen [CDU] – Vereinzelt Beifall von der SPD)