Matthi Bolte: „Wir wollen, dass wir Spitzenreiter bleiben“

Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU zum Wirtschaftsstandort NRW

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Matthi Bolte (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bombis, Herr Wüst, Sie müssen sich jetzt entscheiden: Wollen Sie, dass NRW so dasteht, wie Mecklenburg-Vorpommern? Soll Nordrhein-Westfalen mit einer Versorgungsquote von 52,8 % bei der Breitbandversorgung auf Platz 13 im Bundesländervergleich stehen? Oder wollen Sie, dass unser Land mit 77,4 % Spitzenreiter der Flächenländer bleibt?
(Zuruf von der FDP)
Das ist unser Anspruch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen, dass wir Spitzenreiter bleiben, dass wir weiterhin an der Spitze der Flächenländer stehen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die zweite Frage, die Sie mit Ihren Wortbeiträgen offengelassen haben, lautet: Wollen Sie, dass wir das so machen wie Bayern?
Bayern hat 47,6 Millionen € aus den ersten beiden Fördertranchen erhalten. Bayern ist ja sonst immer Ihr gelobtes Land.
Ich kann jeden Bayern verstehen, der schnelles Internet haben will, weil er sich statt seines Ministerpräsidenten Seehofer im Bayerischen Rundfunk lieber den deutlich sympathischeren und menschlicheren Frank Underwood auf Netflix angucken will.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN – Michele Marsching [PIRATEN]: Blödsinn, ein Insider, den der andere nicht versteht!)
Aber auch wie Bayern sollten wir es nicht machen; denn Bayern hat zwar 47,6 Millionen € aus beiden Förderrunden bekommen, aber NRW hat eben 55,3 Millionen € bekommen, und damit liegen wir weiterhin vor Bayern, genauso wie bei der Versorgung insgesamt.
Weil das alles so ist, ist Ihre Aktuelle Stunde nur bedingt aktuell. Sie liefern nichts, außer dass Sie unser Land schlechtreden, und Sie liefern vor allem in dieser Frage wieder einmal nichts nach vorn.
(Beifall von den GRÜNEN – Lutz Lienenkämper [CDU]: Ah!)
Ich glaube, es ist notwendig, dass man sich bei dieser Frage sehr genau anschaut, wie die Verteilung innerhalb der beiden Fördertranchen ist. Mecklenburg-Vorpommern bekommt über beide Förderrunden 53 % der Fördersumme, Sachsen erhält 16,3 %, Niedersachen 11,3 %, und wir in Nordrhein-Westfalen sind dann schon auf Platz 4. Das ist eine sehr krasse Ungleichverteilung innerhalb dieser Förderprogramme. Deshalb kann man sich durchaus fragen: Warum ist das so?
Der Kollege Vogt hat gerade schon einige Indikatoren genannt. Es ist natürlich zum einen so, dass dieses Förderprogramm Eigenheiten hat, die strukturelle Benachteiligungen für Nordrhein-Westfalen bedeuten. Gewisse Gewichtungen im zugrunde liegenden Scoring-Modell wirken sich zu unserem Nachteil aus.
Vor allem aber werden Ausbauprojekte bevorzugt, die einen besonders großen unterversorgten Bereich erschließen. Weil NRW nun einmal Spitzenreiter unter den Flächenländern ist, kann dieser Faktor so bei uns nicht greifen.
Das heißt, man muss erst dieses Förderprogramm zugrunde legen und sich fragen: Warum funktioniert das so, und warum bringt das diese Ergebnisse? – Das ist eine seriöse Debatte. Davon habe ich leider weder bei Herrn Wüst noch bei Herrn Bombis etwas gehört. Das ist der erste große Faktor.
Der zweite Faktor, über den wir uns unterhalten können, ist die bundesweite Verteilung. In diesem Zusammenhang hatte Herr Wüst in seiner Pressemitteilung letzte Woche bemängelt, dass der Bundeserlös aus der digitalen Dividende im Gegensatz zu den Landesanteilen an der digitalen Dividende nicht nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt wird.
Mit dieser Forderung hätten Sie uns vermutlich sofort an Ihrer Seite gehabt. Eine solche Forderung haben Sie aber nicht geäußert. Das erzählen Sie uns erst heute, als wäre Ihnen plötzlich etwas ganz Neues eingefallen. Warum haben Sie sich letztes Jahr nicht an die Seite der Landesregierung gestellt, als genau das unsere Forderung war?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es immer klar gesagt und werden das auch weiterhin tun: Wir unterstützen die Kommunen dabei, sich optimal für das Bundesprogramm aufzustellen. Dafür haben wir ein neues Programm aufgelegt, mit dem wir die Erstellung von Breitbandkonzepten und die Einsetzung von Breitbandkoordinatoren fördern, und zwar – das muss ich bei Ihnen immer betonen, weil Sie es nie zur Kenntnis nehmen – aus Landesmitteln. Sie werden sehen, dass wir damit in den nächsten Runden auch Erfolge zeitigen werden.
Weil Sie das immer wieder erzählen und weil es jedes Mal falscher wird, möchte ich hinzufügen: Natürlich kommt Nordrhein-Westfalen seiner Verantwortung nach und investiert eigenes Geld in den Ausbau. 50 Millionen € fließen in ein Programm für Glasfaser in Gewerbegebieten. Die 77 Millionen € aus GRW und RWP werden auch immer gerne von Ihnen vergessen. 65 Millionen € fließen in die Förderung der ländlichen Räume, in Leerrohrverlegungen, in die WLAN-Infrastruktur, in Beratungsleistungen und nicht zuletzt auch in den Anschluss von Schulen, damit wir digitale Teilhabe auch in der Bildung gewährleisten können.
Insgesamt – das hat der Minister schon letzte Woche im Ausschuss klar und deutlich gesagt – bleibt das Land bei seinen Investitionszusagen. Wir investieren bis 2018 eine halbe Milliarde Euro in die Breitbandnetze, und dann werden wir wegen des steigenden Bedarfs auch dafür sorgen, dass es eine flächendeckende Glasfaserinfrastruktur gibt.
Und nun, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU – schließlich war das für Sie auch ein Anlass für diese Aktuelle Stunde –, ein Schwenk zum Papier von unternehmer.nrw. Ich bin nicht der Spin-Doctor der CDU …
(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Das wäre ja noch schöner!)
– Ja, Gott sei Dank nicht. Da hätte ich im Moment eine ziemlich schwierige Aufgabe.
Ich habe mich ernsthaft gefragt: Warum haben Sie sich ausgerechnet diesen Punkt aus diesem Papier herausgesucht. Warum haben Sie sich ausgerechnet eine Rubrik mit Punkten herausgesucht, die wir längst auf den Weg gebracht haben?
(Lachen von der CDU)
Ein eigenes Programm für den Anschluss von Gewerbegebieten wird gefordert. Das haben wir. Eine Gigabit-Strategie mit dem Zeithorizont 2025 wird gefordert. Diese hat der Minister vor drei Wochen vorgestellt. Rahmenbedingungen für Industrie 4.0 werden gefordert. Die weitere Förderung unseres Flaggschiffs in diesem Bereich haben wir vorgestern beschlossen. Netzwerkbildung wird gefordert. Das ist der Kerngedanke unserer Strategie für die digitale Wirtschaft. Ausbau des E-Governments wird gefordert. Dafür haben wir vor der Sommerpause ein E-Government-Gesetz beschlossen, außerdem ein Landesprogramm, das von den IT-Verbänden bis zu unternehmer.nrw begrüßt wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da bleibt nur das Fazit: NRW ist ein starkes Digitalland. Wir bleiben bei unseren Zusagen. Daran dürfen Sie uns gerne messen. Wenn es gut läuft für unser Land, werden Sie uns daran auch weiterhin – auch im Jahr 2018 – von der Oppositionsbank aus messen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)