Matthi Bolte: „Wir brauchen weiterhin starke Institutionen für die Verbraucherinnen und Verbraucher“

Antrag von SPD, GRÜNE und FDP Datenschutz und Datensicherheit verbessern

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der geschätzte Kollege van den Berg hat gerade damit angefangen – ich würde es gerne fortsetzen –: dass wir heute nicht nur über das Thema „Datenschutzkonferenz, Datenschutzsiegel, Medienkompetenzförderung“ debattieren, sondern dieses Vorhaben auch in einen größeren datenschutzpolitischen Kontext einsortieren.
Der Datenschutz hat in Deutschland seit vielen, vielen Jahren ein hohes Niveau. Die Datenschutzpolitik bei uns hat auch schon eine lange Geschichte. Wir haben einige Eckdaten für Nordrhein-Westfalen in unserem Antrag aufgezählt. Wenn man sich die historischen Daten anschaut, dann sind insbesondere die 80er-Jahre mit dem Volkszählungsurteil und der Ausbuchstabierung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung zu nennen.
Seitdem ist aber viel passiert. Ich glaube, darauf müssen wir reagieren. Wir haben heute die Digitalisierung als einen unglaublich breiten gesellschaftlichen Prozess, der in ganz viele Themenbereiche hineingeht. Wir haben die Situation, dass Daten zunehmend zu einem Wirtschaftsgut werden. Wir erleben immer wieder Datenskandale insbesondere in der Privatwirtschaft. Und wir sehen zugleich, dass der Prozess der Digitalisierung ein globaler Prozess ist, der nicht an Staatsgrenzen haltmacht. All das sind Herausforderungen, denen sich die Datenschutzpolitik heute stellen muss.
Meine Damen und Herren, diesen Herausforderungen sollten wir mit einem Dreiklang von Maßnahmen begegnen. Diese Maßnahmen sprechen wir in unserem Antrag an. Zunächst einmal brauchen wir weiterhin starke Institutionen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Und wir brauchen starke Rechte. Insbesondere die Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union ist ein ganz wichtiger Baustein für eine Datenschutzpolitik der Zukunft, denn letzten Endes werden wir nur mit einem einheitlichen internationalen und durchsetzungsstarken Rechtsrahmen weiterkommen.
In diesem Zusammenhang ein kleiner Ausflug in die Bundespolitik! Auch da sehen wir: Die Bundesregierung steht bei der europäischen Datenschutzgrundverordnung immer wieder auf der Bremse. Aber auch auf der nationalen Ebene kommt man in Berlin nicht voran. Noch 2010 hat der damalige Bundesinnenminister, Thomas de Maizière, ein Rote-Linien-Gesetz angekündigt. Rote Linien: Damit sollten unter den Bedingungen der Digitalisierung Grenzen gezogen werden, um die Wahrung der Persönlichkeitsrechte im Netz festzuschreiben.
Jetzt, zweieinhalb Jahre später, kann man bilanzieren, was passiert ist. – Nichts! Der heutige Innenminister Friedrich folgt auch hier seiner Maxime „Vertagen und verschleppen“. Wir können seit heute davon ausgehen, meine Damen und Herren, dass das ein Ende findet, und zwar – um genau zu sein – am 22. September nächsten Jahres.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Zweitens das Thema Medienkompetenz – Kollege van den Berg hat auch das schon angesprochen. Am vergangenen Montag hatten wir hier im Haus – einige Kolleginnen und Kollegen waren anwesend – den Tag der Medienkompetenz. Ich möchte mich für unsere Fraktion noch einmal ganz herzlich bei allen bedanken, die mitgewirkt haben: an der Vorbereitung, an den Aktionen vor Ort, an den Diskussionen. Das war, glaube ich, ein guter und interessanter Tag, für den ich sehr dankbar bin.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben auch im Koalitionsvertrag einige Maßnahmen festgeschrieben. Hierbei möchte ich insbesondere auf das Projekt „Medienpass NRW“ und die zusätzlichen Stellen beim Landesdatenschutzbeauftragten verweisen, die wir bereits 2011 geschaffen haben.
Drittens. Ich glaube, dass wir – das ist die große Herausforderung, vor der wir im Moment stehen – auch einen gesellschaftlichen Konsens erzeugen und Strukturen dafür schaffen müssen, dass wir diesen Diskurs führen können, um Datenschutz für die Zukunft und in der Zukunft breit aufzustellen.
Denn den genannten Herausforderungen kann man nicht nur mit starken Rechten und nicht nur mit Medienkompetenzförderung begegnen, sondern es braucht einen neuen gesellschaftlichen Konsens darüber, wie wir den Datenschutz aufstellen können. Dafür schlagen wir mit der Datenschutzkonferenz eine Struktur vor. Ich finde es wichtig, dass wir dabei versuchen wollen, tatsächlich alle Akteurinnen und Akteure an einen Tisch zu holen – bewusst nicht nur die Wirtschaft, nicht nur Behörden, sondern alle gesellschaftlich relevanten Gruppen. Das ist unter Punkt II.1 des Antrages noch einmal genau aufgeführt. Das ist der Weg, den wir gemeinsam gehen können.
Ich freue mich auf den Prozess, der vor uns liegt, und bedanke mich ganz herzlich.
(Beifall von den GRÜNEN)