Matthi Bolte: „Sie haben die Fragen im Wesentlichen offen gelassen.“

Gesetzentwurf der Piraten zur Informationsfreiheit

Matthi Bolte (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Korte, Sie haben das ja gerade sehr tapfer vorgelesen. Aber man muss schon ein Stück weit bei der Wahrheit bleiben.
Selbstverständlich ist es so, dass wir dem Vorhaben, ein Transparenzgesetz als Weiterentwicklung des IFG zu schaffen, sehr offen, sehr positiv gegenüberstehen. Das ist ein so gutes Vorhaben, dass es sogar im rot-grünen Koalitionsvertrag steht.
Aber man muss doch konstatieren – das hat der ganze Beratungsverlauf gezeigt –, dass wir es hier mit einem Gesetzentwurf zu tun haben, der maximal gut gemeint war.
Der Text, der uns vorliegt, basiert auf einem Zwischenstand der Initiative „NRW blickt durch“ vom Mai vergangenen Jahres. Da haben Sie viele Textblöcke übernommen. Ich habe Ihnen auch schon gesagt: Meinetwegen kann man das so machen. Aber wenn man schon abschreibt, dann sollte man zumindest doch so abschreiben, dass diejenigen, von denen man abschreibt, das noch halbwegs gut finden.
Das haben Sie nicht hinbekommen. Die Initiative „NRW blickt durch“ hat Ihnen in der Sachverständigenanhörung im Dezember letzten Jahres zahlreiche handwerkliche Fehler attestiert.
Wenn ich mir das heute angucke, was Sie vorgelegt haben, dann haben Sie das geändert, was ich Ihnen letzten Donnerstag im Innenausschuss vorgelesen habe. Wow, kann man sagen. Sie haben ein paar Bezüge korrigiert. Das ist fünf Monate nach der Anhörung ein interessanter Schritt.
Aber Sie haben trotzdem die Fragen im Wesentlichen offen gelassen. Wenn man jetzt wirklich mal von diesen kleinen Änderungen absieht, haben Sie die Fragen offen gelassen, die uns das ganze Verfahren über beschäftigt haben.
Zum einen das Thema „Konnexität“: Ich habe immer gesagt, das es für uns kein Totschlagargument ist, dass ein Transparenzgesetz möglicherweise zusätzlichen Aufwand verursachen mag. Aber es ist ein Argument, das man ernst nehmen muss. Die Spitzenverbände haben in der Anhörung Zahlen genannt. Wir haben von Ihnen nichts weiter dazu gehört. Erkennen Sie diese Zahlen an? Was sagen Sie dazu? In was für einem Modus Operandi kann man möglicherweise diese Zahlen erheben? Sie haben nichts dazu gesagt. Dazu wollten Sie nichts sagen. Sie wollten nicht sagen, wie Sie damit umgehen möchten.
Sie haben darüber hinaus gehört, dass das Verhältnis von IFG und Ihrem Gesetzentwurf unklar ist, ungeklärt ist. Das stimmt. Wenn man Ihnen nett begegnet, stimmt es zumindest für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren, den ich übrigens nach wie vor knapp finde. Da haben selbst die Hamburger eine längere Frist angelegt.
Ein bisschen IFG, ein bisschen Transparenzgesetz? Da muss man sich schon irgendwie entscheiden. „Ein bisschen schwanger“ gibt es ja auch nicht.
Ein weiterer großer Kritikpunkt betrifft den LDI. Sie wollen dem LDI zusätzliche Rechte verleihen. Okay. Sie wollen ihn stärken. Okay. Aber wie gehen Sie damit um, dass der LDI sagt: „Was Sie da als Piratenfraktion vorhaben, das kann ich nicht und will ich nicht“? Auch dazu wollten Sie bisher nichts sagen.
Das sind nur einige Beispiele von Fragen, die Sie im ganzen Verfahren offengelassen haben. Das sind auch nur die Grundfragen, die Sie offengelassen haben. Was die wirklichen Filetstücke betrifft – zum Beispiel das, was wir von der Open Knowledge Foundation Deutschland zum Thema „Lizenzen“ gehört haben –, hatten Sie offensichtlich gar keine Lust mehr, noch darauf einzugehen.
Sie haben die letzten fünf Monate seit der Anhörung nicht genutzt, um etwas Substanzielles an Ihrem Gesetzentwurf zu tun. Sie haben diese Zeit nicht einmal genutzt, um sich eine substanzielle inhaltliche Antwort auf unsere Kritikpunkte, die wir aus der Sachverständigenanhörung abgeleitet haben, auszudenken. Sie haben auch nicht die Gelegenheit genutzt, einmal mit uns von den regierungstragenden Fraktionen zu reden, obwohl wir nach der Anhörung erklärt haben, dass wir durchaus gesprächsbereit sind. Sie wollten aber nicht mit uns sprechen. Sie haben diese Gelegenheit nicht genutzt. Darum stehen wir heute im Plenum in dieser Art und Weise voreinander.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Open-Government-Strategie der Landesregierung – das hat der Kollege Schneider gerade schon gesagt – befindet sich auf der Zielgeraden. Sie wird in Kürze vorgelegt. Wir haben immer gesagt, dass es Sinn macht, das IFG in diesem Rahmen zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln. Man hätte sich darauf verständigen können, diese Verfahren zu harmonisieren. Auch das wollten Sie nicht.
Die Initiative „NRW blickt durch“ hat mittlerweile einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Ihre Vertreter waren damals sehr unglücklich darüber, dass die Piratenfraktion einfach einen Zwischenstand genommen, verschlimmbessert und hier im Landtag eingebracht hat. Sie von den Piraten haben mit ihrem Entwurf nicht einen zivilgesellschaftlichen Prozess aufgenommen, sondern sind reingegrätscht. Wir werden als regierungstragende Fraktionen den Entwurf dieser Initiative in der Form, in der er jetzt vorliegt, selbstverständlich mit viel Respekt auswerten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr Gesetzentwurf mag zwar gut gemeint sein. Sie hätten aber irgendwann einsehen müssen, dass er nicht gut gemacht ist.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Matthi Bolte (GRÜNE): Ich kann nach wie vor nicht beurteilen, ob Sie das nicht konnten oder ob Sie das nicht wollten. Ich sehe nur, dass Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Jetzt erwarten Sie von uns, dass wir Ihnen zur Belohnung auch noch das Vokabelheft hinterhertragen. Sie haben dem Thema „Transparenzgesetz“ einen Bärendienst erwiesen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)