Matthi Bolte-Richter: „Wir sind uns einig, dass wir endlich zu einer steuerlichen Forschungsförderung kommen müssen“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Forschungsförderung

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst einmal natürlich, weil ich es eben vergessen habe: Glückwunsch an Christina Kampmann zum Geburtstag und auch dazu, dass du es gerade geschafft hast, dass Flo Braun rotgeworden ist. Vielleicht ist das ja ein Zeichen; wer weiß. Vielleicht ist das aktuell Teil der Mission.
(Heiterkeit)
Wir haben heute eine ganze Reihe Vorschläge auf dem Tisch. Wir sind uns, glaube ich, in der Grundlage zunächst einmal einig. Das ist ein gutes Signal, denn wir sind uns einig, dass wir endlich zu einer steuerlichen Forschungsförderung kommen müssen.
Alle Studien zur wirtschaftlichen Entwicklung zeigen, dass es in unserem Land, in Deutschland, in Nordrhein-Westfalen, an Forschungsausgaben fehlt – gerade in der unternehmensnahen Forschung.
Das ist die zentrale Stellschraube, um unseren Standort abzusichern, gerade im digitalen Zeitalter mit den kürzeren Innovationszyklen. Da brauchen wir ein vielfältiges Instrumentarium.
Es ist ein bemerkenswertes Thema. Seit vielen Jahren debattieren wir darüber, dass steuerliche Forschungsförderung gut und notwendig wäre. Eigentlich sind sich seit Jahren alle einig, aber es passiert dennoch nichts. Das ist schon irgendwie komisch.
Deswegen ist es gut, dass es jetzt Bewegung gibt; da haben wir ein fraktionsübergreifendes Einvernehmen.
Es gibt auch auf Bundesebene Bewegung, auch wenn man sich damit noch auseinandersetzen muss, wie denn die genauen Regularien am Ende sein werden.
Wir haben in unserem Antrag einige Eckpunkte dazu skizziert. Wir haben das natürlich zu einem Zeitpunkt gemacht, als der Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht auf dem Tisch lag.
Wir haben Eckpunkte skizziert, in welche Richtung wir wollen: Wir wollen eine steuerliche Forschungsförderung, die Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen in den Fokus nimmt, denn heute erreichen wir mit unserer Forschungsförderung die großen Unternehmen; da haben wir auch ganz gute Zahlen an vielen Stellen.
Aber wir erreichen den Mittelstand noch nicht gut genug und an vielen Stellen sogar nur unzureichend. Das ist vor dem Hintergrund, dass kleine und mittlere Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind, ein Problem, das wir angehen müssen.
In den letzten Jahren sind Start-ups mit ihrer Bedeutung für die aktuelle Innovationspolitik immer stärker in den Blick geraten. Das ist eine Debatte, die wir nur begrüßen können. Auch da wäre eine steuerliche Forschungsförderung notwendig.
Eine solche Förderung mit Fokus auf diesen Teil des Mittelstands stärkt Deutschlands Position als Innovationsland und seine zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben in unseren Antrag nicht nur das Instrument der steuerlichen Forschungsförderung in den Blick genommen; wir haben auch noch einmal die Frage der Start-up-Ausgründung bzw. der Kooperation mit Start-ups als Digitalisierungs- und Innovationsstrategie für etablierte Unternehmen aufgeführt. Ich finde, das ist ein sehr relevantes Thema, an dem wir gerne ge- meinsam arbeiten können.
Wir haben jetzt verschiedene Pakete auf dem Tisch liegen. Wir haben zum einen unseren Antrag, wir haben den Antrag der Koalition, und wir haben den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der irgendwie über allem schwebt. Nun gilt es auseinanderzudröseln, was die ver- schiedenen Pakete unterscheidet.Für uns ist klar, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung korrigiert werden muss, weil er sich – Stichwort: Auftraggeberforschung; da sind wir, glaube ich, durchaus einer Meinung, dass wir da ran müssen – zu wenig auf kleine und mittlere Unternehmen sowie auf Start-ups fokussiert. Diese Einschätzung haben auch unsere Kolleginnen und Kollegen in Berlin.
Auch bei dem Antrag der Koalition fehlt für uns eine klare Fokussierung in diesem Bereich. Wir haben da einfach unterschiedliche Vorstellungen.
Wir sehen eine Förderung vor, die konkret KMU und Start-ups in den Blick nimmt. Mit einem guten Förderinstrument für diesen wichtigen Bereich könnte uns das einen Fortschritt bringen.
Wir werden sicherlich gemeinsam beobachten, was auf Bundesebene passiert, denn da spielt im Moment die Musik. Ich freue mich sehr darauf, die Debatte gemeinsam mit Ihnen zu führen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich stehe noch hier, weil das Signal für die Kurzintervention leuchtet.
Vizepräsident Oliver Keymis: Das leuchtet auf und kündigt die Kurzintervention an. Nach der Rede gibt es eine Kurzintervention. Ist die Rede zu Ende?
(Heiterkeit)
Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Ja, die Rede ist zu Ende.
Vizepräsident Oliver Keymis: Ah, die Rede ist zu Ende. (Heiterkeit)
Vielen Dank, Herr Bolte-Richter, dass die Rede zu Ende ist; das wissen wir jetzt auch. – Jetzt kommt die Kurzintervention, angemeldet durch die CDU-Fraktion. Herr Braun hat das Wort, wenn er sich aktiviert.
Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Er guckt uns schon so erwartungsfroh an.
Vizepräsident Oliver Keymis: Ja, ich weiß, ich habe die grüne Krawatte auch gesehen. – Bitte schön.
(Heiterkeit)
Florian Braun (CDU): Dann seien Sie einmal auf meine grünen Socken gespannt.
Vizepräsident Oliver Keymis: Den Rest wollen wir nicht sehen, Herr Braun. (Heiterkeit)
Florian Braun (CDU): Ich versuche auch, diesmal nicht rot zu werden.
Wir sind uns sehr einig in der Analyse, die KMU in den Fokus stellen zu wollen. Ich befürchte aber, dass Sie sich nicht dessen bewusst sind, dass Sie den KMU in unserem Land mit der Idee, eine Begrenzung auf Mitarbeiterzahlen bzw. Jahresumsatz vorzunehmen, einen Bärendienst erweisen.
Damit schaffen Sie nur weitere Bürokratie und weitere Verfahren, um zu schauen, wer tatsächlich förderfähig ist. Deswegen halte ich es für genau richtig, dass wir das für alle Unternehmen öffnen, um keine weitere Bürokratie einzuführen.
Es ist ja klar: Wenn die Forschungsförderung so kommt, sind auch alle KMU in unserem Land Nutznießer. Keiner wird davon ausgeschlossen. Aber würden wir in Ihrem Sinne handeln, würde dies eine Bürokratie bedeuten, die gerade KMU nicht mehr leisten könnten.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Bolte-Richter, Sie haben 1:30 Minute lang Gelegenheit zu antworten oder zu reagieren. Bitte schön.
Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Das mache ich sehr gerne, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Braun, mir leuchtet jetzt nicht unmittelbar ein, warum eine Begrenzung entlang der Definition, die wir in Europa für kleine und mittlere Unternehmen haben – bis 249 Mitarbeitende – unmittelbar Bürokratie bedeuten soll.
(Zuruf von Florian Braun [CDU])
Die Mitarbeiterzahl eines Unternehmens kennt das Unternehmen. Diese festzustellen ist, glaube ich, nicht mit unmittelbarer Bürokratiebelastung verbunden.
Wenn Sie einen besseren Vorschlag haben, wie wir diese Gruppe von Unternehmen konkret erreichen, sind wir dafür natürlich offen. Wir haben uns schlicht und ergreifend an einer in Europa verwendeten, wissenschaftlichen Definition orientiert. Das ist eher Wissenschaft und weniger Bürokratie.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Florian Braun [CDU])