Matthi Bolte-Richter: „Wir brauchen einen handlungsfähigen Rechtsrahmen“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zum Facebook-Datenskandal

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Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es war uns wichtig, heute diesen Antrag zum Facebook-Datenskandal zu stellen, weil 310.000 Men­schen in Deutschland und weltweit über 87 Millionen Menschen betroffen sind. Dabei ist die­ser Datenskandal letztlich nur ein Symptom für viel tiefergehende Probleme.
Über viele Jahre wurden Datenschutz und IT-Sicherheit ein zu geringer politischer Stellenwert eingeräumt. Die digitale Zivilgesellschaft wurde geschwächt, anstatt sie zu stärken. Digitale Verbraucherrechte wurden viel zu lange nicht durch Gesetze, sondern durch Kaffeerunden angepackt, und die großen Digitalunternehmen sind ihrer Verantwortung, die sie haben, in der Vergangenheit nicht gerecht geworden. Im Gegenteil: Sie haben das Race to the bottom beim Datenschutz vorangetrieben und aktiv ausgenutzt. Sie haben die Standards lax ausge­legt und über das Legale hinaus überdehnt.
(Beifall von Horst Becker [GRÜNE])
Sie haben Hass und Hetze viel zu lang eine Plattform geboten und sich auch noch darauf zurückgezogen, dass sie ja nur eine Plattform seien und mit alledem nichts zu tun hätten. Deshalb, meine Damen und Herren, offenbart dieser Datenskandal einen Angriff auf das Herz unserer Demokratie.
(Beifall von Monika Düker [GRÜNE] und Horst Becker [GRÜNE])
Denn da, wo Wahlen und Abstimmungen beeinflusst werden, ist es eine Bedrohung für die Demokratie, und da ist dann auch der Gesetzgeber gefordert.
Wir machen Ihnen heute, meine Damen und Herren, konkrete Vorschläge, wie es weiterge­hen kann, wie wir politisch mit diesem Datenskandal umgehen können. Wir machen Ihnen Vorschläge für viele Einzelmaßnahmen, aber auch für eine Gesamtstrategie. Hier im Land schlagen wir Ihnen vor, Informationsangebote für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger aus Nordrhein-Westfalen aufzulegen. Wir fordern Sie auf, Angebote zur Förderung der Medien­kompetenz zu stärken, denn nur kompetente Verbraucherinnen und Verbraucher, nur kom­petente Nutzerinnen und Nutzer sind in der Lage, die Chancen, die ohne Frage – und es ist wichtig, dass das gerade beim vorigen Tagesordnungspunkt betont wurde – mit der Digitali­sierung einhergehen, dann auch zu nutzen.
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn wir so oft kritisch mit den Betreibern solcher Plattformen wie den sozialen Netzwerken umgehen – sie bieten doch eine große Chance für Bürgerinnen und Bürger, sich zu vernetzen, Meinungen auszutauschen, zusammenzukom­men und die Zivilgesellschaft zu stärken. Diese Chancen müssen wir wieder in den Mittelpunkt stellen, aber dafür brauchen wir eben einen handlungsfähigen Rechtsrahmen.
Die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union beispielsweise bietet dafür einen Handlungsrahmen, aber auch da sehen wir wieder, wie er in Deutschland auf der Bundes­ebene, aber auch hier auf der Landesebene, geschwächt wird. Wenn wir uns anschauen, wie dieses Umsetzungsgesetz zur Datenschutz-Grundverordnung aussieht, dann wird Daten­schutz drübergeschrieben, aber Datenschutzabbau betrieben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich bin mir sehr sicher, dass gleich eines der Argumente seitens der regierungstragenden Fraktionen sein wird: Na ja, gute Ideen sind irgendwie drin, aber da ist ja doch viel Bundesrecht, und da haben wir nicht so viel mit zu tun. Ich erinnere Sie einfach nur einmal daran, dass es kaum jemanden gab, der hier den angeblich fehlenden Einfluss Nordrhein-Westfalens in Berlin so sehr beklagt hat, wie Herr Laschet das zu seiner Oppositi­onszeit getan hat. Also machen Sie doch Ihren Einfluss bitte schön in Berlin geltend!
Sie hätten ja sogar Verbündete. Thomas Jarzombek forderte diese Woche exakt das, was wir mit diesem Antrag vorschlagen, was in unserem Antrag steht. Lassen Sie sich doch einmal seinen Artikel aus der „Bild“-Zeitung vom Montag faxen, wir haben ihn auch aus dem Internet für Sie ausgedruckt und können ihn auch direkt weitergeben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Zuruf von der FDP)
Also, meine Damen und Herren, wir brauchen einen handlungsfähigen, einen stabilen Rechts­rahmen, wir brauchen aber auch auf Bundes- wie auf Landesebene Regierungen, die sich dieser Thematik endlich annehmen, die endlich aktiv werden. Wir brauchen einen Innenmi­nister, der den Datenschutz achtet, statt seine Hackerbrigaden loszuschicken. Wir brauchen eine Schulministerin, die endlich digitale Sicherheit für Lehrerinnen und Lehrer, für Schüler, für Eltern schafft. Wir brauchen eine Verbraucherministerin, die sich um Verbraucherrechte kümmert, die Verbraucherrechte schützt, statt immer nur Gefahrenabwehr in eigener Sache zu betreiben.
Das brauchen wir – und einen handlungsfähigen Rechtsrahmen. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

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