Matthi Bolte-Richter: „Wir brauchen ein Urheberrecht, das die Freiheit des Internets und die Meinungsvielfalt schützt“

Antrag der SPD-Fraktion zur Digitalisierung in der EU

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Beschäftigen wir uns doch einfach mit dem bisherigen Abstimmungsverhalten im Rechtsausschuss zu dem Ergebnis des Trilogs. Im Ausschuss gab es ein eindeutiges Votum der Vertreterinnen und Vertreter der Grünen gegen das Ergebnis des Trilogs zur Urheberrechtsreform, nur damit das mal klargestellt ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ein Blick auf die ganze Entwicklungsgeschichte und auch die Debatte hier zeigt: Das ist wirklich GroKo-Politik zum Abgewöhnen hoch drei.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Nach dem Ergebnis des Trilogs hat Frau Barley via Twitter gesagt: Damit habe ich nichts zu tun; die CDU war schuld. Die Antwort von Helge Braun aus dem Kanzleramt lautete: Nein, wir haben nichts damit zu tun; das hat sich Frau Barley in ihrer Ressortverantwortung so überlegt. Ja, was denn nun? Können Sie vielleicht irgendwann mal klären, wie die deutsche Bundesregierung eigentlich zu dieser Urheberrechtsreform steht?
Zu den anderen Punkten: Ich finde, es ist wirklich ein gewagter Move der SPD, diesen Antrag heute einzubringen; denn da gibt es nicht nur die völlig ungeklärte Rolle von Frau Barley bei der Urheberrechtsreform, mit Olaf Scholz kommt einer der größten Blockierer der Digitalsteuer auch noch aus Ihren Reihen.
Werfen wir einen Blick in den Antrag: Darin ist Herr Holthoff-Pförtner Ihr schärfstes Schwert gegen Olaf Scholz.
 (Josef Hovenjürgen [CDU]: Hört, hört!)
Ist Olaf Scholz denn unbewaffnet, oder was ist da los?
(Heiterkeit von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE], Josef Hovenjürgen [CDU] und Moritz Körner [FDP])
Herr Pinkwart hat vorhin so schön gesagt: Wir sind doch gar nicht zuständig, wir haben mit alldem nichts zu tun. Sieht man sich die Anträge an, die hier zugrunde liegen, dann fragt man sich: Warum bringen die Koalitionsfraktionen denn einen Antrag zu dem Thema ein, wenn wir mit alldem nichts zu tun haben?
Wir sind uns, denke ich, an einer Stelle einig, nämlich darin, dass das Urheberrecht eine großartige Erfindung ist, die geschützt werden muss. Wir müssen aber auch erkennen, dass dieses Urheberrecht den Bedingungen des digitalen Zeitalters nicht mehr gewachsen ist und dass das digitale Zeitalter ein anderes Urheberrecht braucht.
Wir brauchen ein Urheberrecht, das die Freiheit des Internets und die Meinungsvielfalt schützt und das natürlich auch dafür sorgt, dass Künstlerinnen und Künstler entsprechend vergütet werden.
(Florian Braun [CDU]: Das war gut!)
Wenn wir uns das anschauen, sehen wir aber, dass Upload-Filter und die Regelungen, wie sie in Art. 13 stehen, ein klarer Angriff auf die Meinungs- und Medienvielfalt in Deutschland und Nordrhein-Westfalen sind. Wir Grüne lehnen Upload-Filter deshalb klar ab. Im Übrigen, Frau Kollegin Kampmann, ist in Ihrem Antrag ja nicht von einer klaren Abkehr von Art. 13 die Rede, sondern darin steht auch nur ein halbgares Bekenntnis gegen Upload-Filter.
Lieber Florian Braun, die CDU hat uns doch auf europäischer Ebene seit Jahren erzählt: Diese Upload-Filter stehen da gar nicht drin. Das ist überhaupt kein Problem; es ist kein Thema der Urheberrechtsreform. – Und nun klopfen Sie sich dafür auf die Schultern, dass Sie auf nationaler Ebene das verhindern wollen, was es angeblich auf europäischer Ebene nicht gibt. Das ist doch absurd. Das ist doch, als würden Sie einen umliegenden Wald anzünden und sich dann dafür feiern, dass Sie ein altes Feuerwehrauto für Ihr Dorf gekauft haben.
(Beifall von Johannes Remmel [GRÜNE] – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Was ist also zu tun? Es ist nicht so, dass wir das alles nur ablehnen. Wir müssen grundlegend an das Urheberrecht heran. Wir müssen das Urhebervertragsrecht weiterentwickeln. Wir müssen die Lizenzierungsmodelle vereinfachen. Wir müssen vereinfachte Modelle, die für alle handhabbar sind, voranbringen. Und wir müssen von Notice and Take Down ausgehend einen Rechtsrahmen entwickeln, der auch funktioniert.
Denn Notice and Take Down funktioniert ja. Es ist nicht so, als wären wir im Wilden Westen, sondern wir haben einen Rechtsrahmen, der funktioniert. Er muss nur zu einem tragfähigen Rahmen weiterentwickelt werden, in dem wir die Freiheit des Netzes schützen, in dem wir dessen Demokratieversprechen einlösen und in dem wir Urheberinnen und Urheber gerecht an der Verbreitung ihrer Werke partizipieren lassen.
(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)
Das alles liefert die Urheberrechtsreform, wie die EU sie vorlegt, nicht. Deshalb gilt am kommenden Samstag: raus auf die Straße und alle im Europäischen Parlament
(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.) gegen die Urheberrechtsreform. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)