Matthi Bolte-Richter: „Wer gegen Studiengebühren ist, der weiß, dass wir seine Stimme sind“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Hochschulfreiheit

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Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Körner, das, was Sie hier vorgetragen haben, war schon hochinteressant. Ich möchte nur ein paar Beispiele dessen aufgreifen, was Sie zu den Rahmenvorgaben gesagt haben.
Sie müssten uns einmal darlegen, warum eine gemeinsame Rechnungslegung der nordrhein-westfälischen Hochschulen die Wissenschaftsfreiheit oder den wissenschaftlichen Fortschritt einschränkt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Lieber Kollege Körner, wir haben die Ministerin in der Fragestunde im November gefragt, ob sie uns ein konkretes Beispiel liefern kann, wo ein Forschungsprojekt an der Zivilklausel, an dieser maßvollen Regelung, wie wir sie im Hochschulzukunftsgesetz gefunden haben, gescheitert ist. Die Ministerin konnte kein Beispiel bringen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Genauso ist es beim Landeshochschulentwicklungsplan. Er hat nichts abgewürgt, sondern das war ein dialogisches Verfahren, wie es sein sollte, weil wir gemeinsame Ziele der Hochschulen in diesem Land brauchen, meine Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Was CDU und FDP jetzt in ihrem Antrag vorlegen, ist nur ein Reproduzieren der Eckpunkte, die die Landesregierung schon vorgelegt hat. Diese Eckpunkte haben nichts mit Freiheit zu tun. Sie sind auch nicht neu. Insofern wird das kein neues Hochschulfreiheitsgesetz, das ist einfach nur ideologiegetriebene Retropolitik.
(Zuruf von der FDP)
– Das sagt der Richtige, Herr Kollege.
Sie wollen mehr Bevormundung für Studierende. Sie wollen einen Abbau akademischer Demokratie. Sie haben kein Hochschulfreiheitsgesetz vor, Sie planen ein Studierendengängelungsgesetz.
(Beifall von den GRÜNEN – Widerspruch von der FDP)
Ich finde es richtig und wichtig, dass wir die Studierenden an dieser Stelle in den Blick nehmen, und zwar stärker, als Sie es tun; denn sie sind nun einmal die größte Statusgruppe an den Hochschulen. Sie wollen Leistungsdruck statt guter Lehre. Ein Beispiel dafür sind die verbindlichen Studienverlaufsvereinbarungen, die Sie vorhaben.
Aus der Verpflichtung der Hochschulen, gute Lehre, gute Lernbedingungen anzubieten, wird die Verpflichtung für Studierende, Lernleistungen abzuliefern. Das widerspricht der Studier-freiheit. Ihr Vorhaben schränkt die individuelle Entfaltung im Studium massiv ein und würgt letztlich kritisches und kreatives Denken ab.
Mit dem Comeback der Anwesenheitslisten
(Arndt Klocke [GRÜNE]: Genau!)
benachteiligen Sie Studierende, die auf einen Job angewiesen sind, die Kinder erziehen, die Angehörige pflegen oder betreuen, die eine chronische Erkrankung haben. Statt Freiheit planen Sie hier einen völlig sinnlosen Eingriff in das selbstbestimmte Studium.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ihre Devise lautet nicht nur an dieser, sondern auch an vielen weiteren Stellen nicht Bürokratieabbau, wie Sie immer behaupten, sondern es geht Ihnen um Demokratieabbau. Sie wollen die Gruppenparität de facto streichen und stattdessen – da grüßt Herr Pinkwart; schön, dass auch Sie da sind – die Befugnisse des Hochschulrates weiter ausweiten.
Statt Bürokratie im akademischen Alltag abzubauen, wird von Ihnen die akademische Demokratie zum Bremsklotz erklärt. Das ist doch demokratiefeindlich, was Sie da vorhaben.
(Zurufe von der FDP: Oh!)
Bei Ihnen ist studentische Mitbestimmung unerwünscht. Sie wollen Studienbeiräte abschaffen, die einzige echte Chance für Studierende, ihr Fach mitzugestalten. Wenn Sie die Beauftragten für die studentischen Hilfskräfte als Fremdkörper diffamieren, dann ist das gerade in der heutigen Zeit, in der die Angriffe auf die Demokratie so vielfältig geworden sind, bitter. Denn es ist bitter nötig, mehr Demokratie in allen Lebensbereichen zu schaffen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es ist ein interessanter Wechsel Ihrer Strategie. Bisher hatten Sie alle immer nichts mit dem zu tun, was im Koalitionsvertrag steht. Die Ministerin hatte auch nichts mit der Koalition und mit den regierungstragenden Fraktionen zu tun. Jetzt ist es anders. Mit Ihrem Antrag zeigen Sie genau, was Sie wollen.
Heute können Sie nicht mehr behaupten, Sie wären es nicht gewesen. Ab heute sind das alles Ihre Projekte. Es sind Ihre Projekte für weniger Freiheit, für weniger Selbstbestimmung, für mehr Bürokratie und für schlechtere Beschäftigungsbedingungen. Das alles sind Ihre Projekte.
Mit dem heutigen Tag wissen die Menschen im Land auch, wo die Fronten in dieser Auseinandersetzung verlaufen. Die Studierenden wissen, dass sie für Schwarz-Gelb nichts zählen. Die Beschäftigten wissen, dass sie für Schwarz-Gelb nichts zählen.
(Zurufe von der CDU: Oh! – Daniel Sieveke [CDU]: Immer vorsichtig!)
Die ausländischen Studierenden wissen, dass sie für Schwarz-Gelb nichts zählen. Wer gegen Studiengebühren ist, der weiß, dass wir seine Stimme sind.
Wenn dieser Antrag irgendetwas Gutes hat, dann, dass er das Ganze klar dokumentiert und die Grundlagen, die Konfliktlinien für die Auseinandersetzung in den nächsten Monaten aufzeigt. Ich freue mich auf diese Auseinandersetzung, Sie sollten das nicht tun.