Matthi Bolte-Richter: „Sie sind mit viel Tempo auf dem falschen Weg“

Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Situation des Hochschulpersonals

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, lieber Kollegen! Auch ich möchte mit einem Dank an das Haus und an die Hochschulen einsteigen. Innerhalb kürzester Zeit haben Sie gleich zwei Große Anfragen, die beide relativ umfangreich waren, mit der Bitte um Beantwortung erhalten. Das macht viel Arbeit, die wir zu honorieren wissen. Für uns bzw. das Parlament handelt es sich jedoch um eine wichtige Arbeitsgrundlage.
Ich bedanke mich natürlich auch bei den Sozialdemokraten für das Einbringen dieser Großen Anfrage, die – Herr Kollege Bell hat es angesprochen – in engem Zusammenhang mit den Novellierungsplänen für das Hochschulgesetz steht. Uns dienen beide Großen Anfragen letzten Endes als Arbeits- und Debattengrundlage.
Entsprechend werde ich mich jetzt auf die Punkte fokussieren, bei denen aus unserer Sicht Debattenbedarf besteht, insbesondere mit Blick auf das, was Schwarz-Gelb vorhat.
Als Erstes möchte ich auf die Vertretung für die Belange studentischer Hilfskräfte eingehen. Betrachten wir das Ganze einmal chronologisch. Rot-Grün hat diesen Aspekt mit dem Hochschulzukunftsgesetz eingeführt. Studentische Hilfskräfte hatten plötzlich Rechte bzw. eine Vertretung, die sich für ihre Rechte einsetzt.
In dem Zusammenhang muss man sich anschauen, was Schwarz-Gelb dazu sagt. In den Eckpunkten zum neuen Hochschulgesetz, dem „Studierendengängelungsgesetz“, hieß es plötzlich, das sei ein Fremdkörper. – Frau Ministerin, diese Formulierung fand ich überhaupt nicht in Ordnung; das war doch eine ziemliche Diskreditierung.
Zuerst war eine komplette Abschaffung vorgesehen, im Referentenentwurf sind Sie von diesem Plan wieder abgewichen. Jetzt soll das Ganze optional gestellt werden. Wir wissen nicht, was der Gesetzentwurf bringt, aber Sie können sich sicher sein, dass wir gemeinsam mit den Studierenden verstärkt ein Auge darauf haben werden, was in dieser Hinsicht passiert.
Jetzt erleben wird, dass die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage zu den Vertretungen erklärt, sie wolle auch kein Personalratsmodell. Wenn es so kommt, dann hätten zumindest die Hochschulen, die eine Personalvertretung für studentische Hilfskräfte optional stellen, am Ende vielleicht keinerlei Personalvertretung mehr für studentische Hilfskräfte. Dass eine für die Arbeit an den Hochschulen wichtige Beschäftigtengruppe ohne jede Personalvertretung dasteht, dazu kann ich nur sagen: Sie sind mit viel Tempo auf dem falschen Weg. Korrigieren Sie das in Ihrem Gesetzentwurf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein zweites Thema sind chronisch kranke und schwerbehinderte Beschäftigte. Elf Hochschulen erfüllen die gesetzliche Pflichtquote der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwer behinderter Menschen, 19 Hochschulen hingegen nicht. Dieses Problem hat die Große Anfrage noch einmal deutlich gemacht.
Die Hochschulen haben mit den Verträgen über gute Beschäftigungsbedingungen nochmals anerkannt, dass sie sich den Regeln des SGB IX zu unterwerfen haben. Das ist ein weiteres Argument dafür, anstelle einer Abschaffung oder der Möglichkeit einer optionalen Regelung, die Schwarz-Gelb mit dem Hochschulgesetz plant, mehr soziale Verantwortung von den Hochschulen einzufordern.
Ich komme zum dritten Punkt. Die Stichworte „Personalentwicklung“, „Weiterbildung“ und „Gesundheitsmanagement“ haben die Vorredner bereits genannt. Auch hierzu stellen wir fest: Gemäß dem Vertrag über gute Beschäftigungsbedingungen hat sich jede Hochschule dazu verpflichtet, Konzepte für die Personalplanung und Personalentwicklung zu erstellen. Die Antworten auf die Große Anfrage zeigen, dass einige Hochschulen das nicht gemacht haben.
Wir stellen weiter fest: Die Hochschulen müssten, wenn sie dem Vertrag folgen würden, ihrem wissenschaftlichen Personal, insbesondere dem befristeten, auch Beratungs- und Weiterbildungsmaßnahmen anbieten. Auch die Antworten darauf zeigen, dass einige Hochschulen das noch nicht tun.
Und wir stellen fest, dass sich die Hochschulen gemäß dem Vertrag über gute Beschäftigungsbedingungen verpflichtet haben, ein effektives Gesundheitsmanagement zu schaffen. Erneut zeigen die Antworten, dass auch das an einigen Hochschulen noch nicht erfolgt ist.
Bei all diesen Punkten besteht aus unserer Sicht dringender Handlungsbedarf.
Kein Bedarf hingegen besteht, alles noch lockerer zu sehen und noch stärker optional zu stellen, wie es die Landesregierung beabsichtigt.
Insgesamt wird deutlich, dass sich die Landesregierung stärker für gute Arbeitsbedingungen einsetzen muss. Sie muss sich zumindest dafür interessieren, was an den Hochschulen passiert.
Wir brauchen an einigen Stellen einen Rahmen für Verbesserungen über die zu geringen tariflichen und gesetzlichen Standards hinaus. Statt den Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen abzuschaffen, muss die Landesregierung gemeinsam mit den Personalräten und den Hochschulen an der Weiterentwicklung der Regelungen arbeiten. Wir brauchen nämlich gute Arbeitsbedingungen, alles andere ist schlecht für den Hochschulstandort Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN)