Matthi Bolte-Richter: „Man kann die Verantwortung nicht aus­schließlich auf die kommunale Ebene abschieben“

Antrag der "AfD"-Fraktion zur Digitalisierung von Verwaltungen

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Hafke, wir werden uns am Ende des kommenden Jahres sicherlich über den genauen Umsetzungsstand des OZG in Nordrhein-Westfalen unterhalten können. Das Ende dieses Umsetzungszeitraums ist tatsächlich ziemlich in die Nähe gerückt, und wir hatten heute die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Kollegin Kampmann von der SPD-Fraktion im Verteilsystem, wonach wir in Nordrhein-Westfalen zwar durchaus eine Reihe, aber längst nicht alle OZG-Leistungen umgesetzt haben. Man hat da also noch eine Strecke vor sich. Es ist viel­leicht nicht der Besenwagen, der einem im Nacken sitzt, aber weltrekordverdächtig ist das Projekt „Verwaltungsdigitalisierung“ in Deutschland insgesamt nicht unbedingt.

Auch das Servicekonto.NRW muss man sich ansehen. Da wurde sicherlich eine gute Infra­struktur geschaffen, für die wir die Grundlage in der rot-grünen Regierungszeit gelegt haben. Wenn man sich die Nutzungs- und Anmeldezahlen aber einmal genau ansieht, muss man feststellen, dass diese gute Infrastruktur von einer breiten Lösung allerdings noch entfernt ist. Ich will damit niemandem zu nahe treten, aber man muss, glaube ich, realistisch bleiben, wo wir bei der Umsetzung noch stehen.

Zum Antrag selbst: Er ist weit weg von dem, was wir hier ansonsten an fachlichen Auseinan­dersetzungen und Diskussionen haben. Er beinhaltet ein paar Versatzstücke, die immer wie­der kommen, aber letzten Endes nur einen gesamten Prozess als schlecht darstellen sollen, um in die üblichen AfD-Empörungsmaschinerien reingehen zu können. Die ganze Welt redet von Digitalisierung, da muss die AfD das auch einmal tun.

Einen richtigen Mehrwert bietet dieser Antrag nicht. Alles, was Sie in Ihrem Antrag adressie­ren, ist ohne eine Reform des Onlinezugangsgesetzes lösbar. Wenn man das jetzt dennoch machen würde, hätte man eine Verzögerung um mehrere Jahre, weil ein Gesetzgebungsver­fahren in der Regel aufwendig ist.

Herr Kollege Hafke, wir sind uns einig, dass die AfD falsche Forderungen, falsche Daten bzw. eine falsche Sachdarstellung in diesem Antrag hat, was die sogenannten Dresdner Forderun­gen anbelangt. Denn das sind eben nicht die Forderungen des IT-Planungsrates, sondern es sind Ansätze, die der Städtetag in den IT-Planungsrat eingebracht hat, und nicht dessen Be­schlusslage. Vielleicht weiß die AfD-Fraktion aber nicht, wie sich der IT-Planungsrat zusam­mensetzt und wer da entscheidet; das sind die Vertreterinnen und Vertreter aus den Bundes-und Landesregierungen.

Wenn man sich die Entscheidung des IT-Planungsrates einmal anschaut, gibt es wieder eine falsche Sachdarstellung. Denn es geht nicht nur darum, dass der Bund oder die Länder die Kosten übernehmen sollen, sondern es geht um eine sachgerechte Kostenzuordnung über die verschiedenen föderalen Ebenen. Das wird also auch falsch dargestellt bzw. ist wider­sprüchlich. Daher lehnen wir den Antrag ab.

Ich will allerdings noch einmal auf meine Eingangsbemerkung zurückkommen, weil wir gerade in der Diskussion um die Digitalisierung der Gesundheitsämter und die Kontaktnachverfol-gung gesehen haben, dass das Prinzip „Wir lassen alles mal laufen, und die Kommunen krie­gen das schon irgendwie geregelt“ nicht funktioniert. Man kann die Verantwortung nicht aus­schließlich auf die kommunale Ebene abschieben, die mit Unverbindlichkeiten und Freiwilligkeiten nicht zu einer flächendeckenden Versorgung mit digitalen Dienstleistungen kommen kann. Das muss eine Landesregierung, das muss die Nachfolgerin oder der Nachfolger von Herr Pinkwart anders machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)