Matthi Bolte-Richter: „Es ist nicht einfach nur ein Verbraucherschutzrecht“

Gesetzentwurf der Landesregierung zum Datenschutz

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Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Minister, ich will gerne mit einem Lob und einem Kompliment an die Landesregierung einsteigen. Ich kann mich erinnern, wie wir schon Mitte 2016 – damals noch in anderer Konstellation – mit den Häusern darüber beraten haben, was dieses Datenschutzpaket der Europäischen Union uns als Land, als Landesgesetzgeber bringen wird. Schon damals war klar, dass es ein riesengroßes Paket an Fleißarbeit sein würde. Alleine dafür, dass Sie sich mit Ihrem Haus da durchgekämpft haben, einen Dank und ein Kompliment!
Es war ein Verfahren mit breiter Beteiligung – das haben Sie gerade hervorgehoben –, aber es ist natürlich auch ein Verfahren, das uns jetzt in eine Situation bringt, die dem Ganzen eigentlich nicht gerecht wird. Es ist ein ziemliches Hopplahopp-Verfahren, wenn wir am 1. März mit einem Gesetzgebungsverfahren anfangen, das Mitte Mai abgeschlossen sein soll.
Dies wird dem Vorhaben eigentlich nicht gerecht, denn die Europäische Datenschutz-Grundverordnung, um die es ja letztlich geht, ist ein Quantensprung für die Bürgerinnen und Bürger Europas, sie ist ein Quantensprung für den Schutz der Menschenwürde und der Selbstbestimmung. Es ist nicht einfach nur, wie es manchmal diskutiert wird, ein Verbraucherschutzrecht.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, war es wichtig, dass alle Rednerinnen und Redner in dieser Debatte die Vorteile dieser Reform für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Unternehmen in Europa betont haben. Diese Reform bringt uns mehr Transparenz, sie bringt einen einheitlichen Rechtsrahmen, sie bringt uns endlich einen Rahmen für Datenschutz mit hohen Standards für 550 Millionen Menschen in Europa. Das zeigt nicht nur, dass es eine gute Reform ist, sondern das zeigt auch immer wieder, dass Europa uns etwas bringt, was uns alle in unserem Alltag voranbringt, was uns Vorteile bringt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich glaube aber, dass wir, gerade weil wir bei vielen Umsetzungs-fragen dieser Reform eine zum Teil schwierige Debattenlage haben, uns immer wieder vergegenwärtigen müssen, dass diese Reform auch für Unternehmen Vorteile bringt, insbesondere weniger Bürokratie. Hierfür müssen wir gemeinsam stehen.
Ich bin im Moment viel bei Mittelständlern und Start-ups, die alle sagen: Da kommt ja was auf uns zu. Das stellt uns vor immense Herausforderungen. – Das erkennen wir natürlich an, aber die Folge daraus kann nicht sein, dass wir die Standards infrage stellen, sondern die Folge daraus muss sein, dass wir bei der Umsetzung dieser Reform die Wirtschaft bestmöglich unterstützen. Auch deshalb haben wir ja zur rot-grünen Zeit massiv zusätzliche Stellen bei der LDI aufgebaut.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, damit komme ich zu der Frage, die uns jetzt eigentlich beschäftigen muss. Jenseits des vor uns liegenden Gesetzgebungsverfahrens müssen wir uns auch darüber unterhalten, wie wir es schaffen, dass diese Reform nicht nur Gesetzeslage wird. Denn es gibt in den Gesprächen, die ich aktuell führe, sehr viele Rückmeldungen, wonach die Datenschutz-Grundverordnung für Versäumnisse beim heute schon geltenden Datenschutzrecht verantwortlich gemacht wird. Baustellen, die eigentlich heute schon bestehen müssten, kommen jetzt endlich an die Oberfläche.
Es geht also nicht nur um Gesetzesrealität, sondern auch darum, dass Datenschutz tatsächlich gelebt wird, dass neue Regeln nicht nur rechtlich implementiert, sondern tatsächlich auch gelebt werden. Diese Herausforderung müssen wir alle gemeinsam angehen.
Für eine politische Bewertung dieses Gesetzentwurfs muss man sehr genau hinschauen. Ich habe mich jetzt eher auf allgemeine Aspekte beschränkt. Herr Kollege van den Berg und Frau Kollegin Freimuth haben ja schon konkretere Punkte angesprochen, über die wir sicherlich in den Ausschussberatungen miteinander sehr intensiv reden müssen.
Denn alleine die Tatsache, dass sich die Landesregierung viel Arbeit gemacht hat, dass jetzt eine Fleißarbeit auf unserem Tisch liegt, bringt uns ja noch nicht nach vorne, sondern wir sehen: Das ist die Umsetzung dessen, was Europa beschlossen hat, und der Bundesgesetzgebung in Landesrecht, aber dahinter ist kein politischer Gestaltungsanspruch. Herr Kollege Geerlings hat gerade so schön von einem schlanken Umsetzungsweg gesprochen. Das ist nur ein Synonym für fehlenden politischen Gestaltungsanspruch.
Da hätte ich mir schon gewünscht, dass Sie als Landesregierung, dass Sie als regierungstragende Fraktionen sagen: Wir können hier in Nordrhein-Westfalen im Interesse der Bevölkerung konkret gestalten, dafür sorgen, dass wir hier tatsächlich hohe Datenschutzstandards sicherstellen. – Da ist leider im vorliegenden Gesetzentwurf aus grüner Sicht zu wenig zu erkennen.
Insofern darf ich Ihnen versichern: Wir werden genauso Fleißarbeit leisten, wie Sie das im Vorfeld getan haben. Wir werden auf die Schwächen und Lücken aufmerksam machen sowie – ich komme zum Schluss – konkrete Verbesserungen vorschlagen – ganz im Sinne einer konstruktiven Opposition bei einem so wichtigen Thema für alle Menschen in Europa. – Vielen Dank.