Matthi Bolte-Richter: „Eine moderne Verwaltung kann muss transparent werden, und sie muss Bürgerinnen und Bürger einbeziehen“

Bericht des Landesbaeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte natürlich auch zu Beginn meiner Rede, Frau Block, Ihnen ganz, ganz herzlich für Ihre Tätigkeit als Landesdatenschutzbeauftragte und Beauftragte für die Informationsfreiheit danken. Sie haben da eine ganz wichtige Aufgabe in den letzten Jahren wahrgenommen und das in einer Zeit, die an Herausforderungen nicht gerade arm war. Darüber informiert auch der Datenschutzbericht, den wir hier heute miteinander beraten. Er zeigt auch, welch große Bedeutung dem Datenschutz in einem digitalen, in einem vernetzten Zeitalter zukommt, und wie wichtig der Schutz unserer Privatsphäre nach wie vor ist. Wahrscheinlich stellen sich viele Fragen erst recht in der heutigen Zeit.
Meine Damen und Herren, ich möchte gern auf drei Punkte eingehen. Der erste ist natürlich die Datenschutzgrundverordnung. An einer Stelle können wir uns einig sein, nämlich darin, dass Europa mit dieser Reform Zähne gegen die großen Konzerne des digitalen Zeitalters gezeigt hat, dass Europa einen neuen Goldstein des Datenschutzes definiert hat, und dass wir gezeigt haben, wenn sich ein Markt mit über 500 Millionen Menschen und seine parlamentarische Vertretung, seine politischen Vertretung gemeinsam auf etwas einigen, das eine globale Durchsetzungskraft hat. Alleine deshalb ist schon die Datenschutzgrundverordnung ein großer Erfolg gewesen.
Sie hat das Thema „Datenschutz“ in Deutschland auf die Agenda gebracht. Das zeigen auch die Eingaben, das zeigen auch die unzähligen Beratungen, die die LDI in diesem Berichtszeitraum geliefert hat. Sie hat damit auch gezeigt, dass diese Befürchtungen, denen man am Anfang rund um das endgültige Inkrafttreten am 25. Mai 2018 nur durch Transparenz und nur durch aktive Unterstützung begegnen konnte, schlicht und ergreifend nichts anderes waren als Angstmacherei. Denn, lieber Kollege Brockmeier, es lag ja nicht nur an der Beratungsleistung, es lag nicht nur daran, dass sich Unternehmen und Vereine viel Datenschutzkompetenz eingekauft hätten, sondern es lag daran, dass viele dieser Befürchtungen, die rund um das Inkrafttreten der Datenschutzreform in die mediale Öffentlichkeit gebracht wurden, sich im Nachhinein aufgelöst haben. Deswegen hat es diese großen Abmahnwellen, die befürchtet wurden, nicht gegeben.
Insofern sollten wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, Europa für einen hohen Standard für viele Millionen Menschen hier auf unserem Kontinent dankbar sein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir sollten an dieser Stelle durchaus darauf hinweisen, dass die Landesdatenschutzbeauftragte im Umsetzungsprozess beim nordrhein-westfälischen Datenschutzanpassungsgesetz klargemacht hat, dass zum Beispiel mit Blick auf die Videoüberwachung hier in Nordrhein-Westfalen europarechtlich fragwürdige Umsetzungsschritte gegangen wurden. Wir müssen an dieser Stelle schlicht und ergreifend sehen, dass eine Chance für einen stabilen Datenschutz in unserem Land durch die schwarz-gelbe Landesregierung vergeben wurde.
Wir sehen genau die gleiche Entwicklung beim Polizeigesetz, das auch im Berichtszeitraum gelegen hat. Es gab eine erhebliche Ausweitung der polizeilichen Befugnisse. Die LDI hat erhebliche Zweifel formuliert, ob das Polizeigesetz den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an dem Grundrechtsschutz, an die Bestimmtheit und vor allem auch an die Verhältnismäßigkeit Rechnung trägt. Es ist eine dramatische Entwicklung in den Sicherheitsgesetzen, die sich bundesweit und auch mit diesem freiheitsfeindlichen Gesetz hier bei uns in Nordrhein-Westfalen niedergeschlagen hat. Das ist im Bericht noch einmal hervorgehoben worden. Vor allem wurde auf die Entwicklung bei der erheblichen Ausweitung der Videoüberwachung und bei der Einführung der Quellen-TKÜ hingewiesen. Dadurch wird der IT-Sicherheitsstandort Nordrhein-Westfalen riskiert und zugleich die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger massiv eingeschränkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als dritten Punkt, weil er beim Datenschutz immer so ein bisschen hinten runter fällt, möchte ich ihn doch erwähnen, und zwar die Informationsfreiheit. Die LDI schreibt in Ihrem Bericht:
„Seit Jahren weise ich darauf hin, dass es an der Zeit ist, das bewährte IFG NRW in diesem Sinne endlich zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln.“
Genauso ist es, und da brauchen wir jetzt endlich ein mutiges Voranschreiten, mutige Schritte für mehr Transparenz, denn eine moderne Verwaltung kann sich in die Karten schauen lassen, sie muss transparent werden, und sie muss Bürgerinnen und Bürger einbeziehen.
Denn erst, wenn wir es geschafft haben, das Zeitalter des durchaus guten, aber an einigen Stellen immer noch komplizierten Informationsfreiheitsgesetzes mit teilweise hochschwelligen Verfahren – auch das war Thema im Bericht – und mit hohen Gebühren zu beenden, und dahin kommen, dass Behörden ihre Daten im Netz bereitstellen, dann sind wir auf dem Weg zu mehr Transparenz wirklich vorangekommen.
Wir wollen, dass die Holschuld der Bürgerinnen, die sich im IFG noch manifestiert, endlich in eine Bringschuld der Verwaltung umgewandelt wird. So ein Gesetz brauchen wir ganz dringend. – Ich danke Ihnen.
(Beifall von den GRÜNEN)