Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Social Entrepreneurs und soziale Innovationen bekommen eine immer größere gesellschaftliche Bedeutung. Es geht darum, soziale und gesellschaftliche Probleme durch unternehmerische Ansätze zu lösen. Social Entrepreneurs wollen technologische Innovationen anschieben und für soziale Effekte nutzen. Mit ihren Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsideen ist ein enormes wirtschaftliches Potenzial und auch ein großes Potenzial an Innovation verbunden.
Ein herausragendes Beispiel dafür, wie Open Social Innovation hilft, gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen und zu lösen, ist der Hackathon #WirVsVirus, der uns in diesem Jahr in der Pandemiesituation begleitet hat. Er hat eine Community geschaffen, die sehr deutlich unter Beweis gestellt hat, wie uns Innovationen helfen, Lösungen für akute Probleme zu finden. Am 1. Oktober fand das große Finale statt. Ein halbes Jahr lang haben Projektteams aus Ministerien, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, oft auch Ehrenamtliche, mit herausragendem Engagement und Hingabe gearbeitet, oftmals nur im virtuellen Raum, ohne sich je physisch getroffen zu haben.
Es gibt eine ganze Menge Beispiele, die uns wirklich tolle Innovationen geliefert haben, um mit dieser Pandemielage und den damit verbundenen Herausforderungen umzugehen. Ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen ist ein Team, das den Chatbot UDO entwickelt hat. Einige Entwickler, ich glaube sogar, die meisten, kommen aus Ennepetal. Sie haben einen ganz wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung des Antragsprozesses für das Kurzarbeitergeld geleistet. Durch digitale Tools, die aus einer solchen Gruppe entstanden sind, ist der Prozess für die Arbeitgeber sehr schnell und sehr benutzerfreundlich abzuwickeln.
Das ist nur ein Beispiel. Ich finde, es ist ein guter Zeitpunkt, den vielen innovativen Köpfen in unserem Land unseren Dank und unsere Anerkennung auszudrücken.
Es ist aber nicht nur eine Frage von Anerkennung und Dank, sondern das muss sich auch in konkreter Politik niederschlagen. Social Entrepreneurs, Social Start-ups, Sozialunternehmen brauchen politische, rechtliche und finanzielle Unterstützung.
(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])
Sie benötigen Förderung, Vernetzung und Unterstützungsstrukturen. Wir brauchen eine Strategie zur Förderung von Social Entrepreneurship.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir stellen fest, dass es immer wieder Social Start-ups gibt, die für Innovationen, für ihre Produkte, für Geschäftsmodelle ausgezeichnet werden und die dann trotzdem nicht in die Förderprogramme hineinkommen. Wer hochinnovativ ist, wer aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen mit Marktmethoden angeht und Lösungen dafür entwickelt, der muss auch den Zugang zur Förderung erhalten.
Wir stellen aber fest, dass Förderprogramme oftmals auf schnell skalierbare Geschäftsmodelle, schnell skalierbare Technologien ausgerichtet sind und diese fördern wollen. Dann ist es für Sozialunternehmer*innen oft schwierig, mit ihren Geschäftsmodellen hineinzukommen. Da hat die Landesregierung aus unserer Sicht nach wie vor ein viel zu enges Innovationsverständnis.
Wir Grüne sind davon überzeugt, dass soziale und ökologische Innovationen konzeptionell anders gefördert werden müssen als zum Beispiel reine Tech-Start-ups. Das haben Sie, Herr Minister, eindeutig negiert. Das zeigt uns, dass Sie einfach noch nicht verstanden haben, worüber wir hier reden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir fordern heute, dass die Landesregierung eine Strategie zur umfassenden Förderung sozialer Innovationen und zur stärkeren Sichtbarkeit von Sozialunternehmen entwickelt. Wir brauchen auch eine finanzielle Förderung.
Das zeigt insbesondere das Programm der schwarz-grünen Landesregierung in Hessen. Das hessische Wirtschaftsministerium hat gemeinsam mit dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland, dem SEND, das Projekt Sozialinnovator Hessen aufgelegt, um den besonderen Bedürfnissen von Social Start-ups und Social Entrepreneurs gerecht zu werden. Mit diesem Programm erhalten dort soziale Gründerinnen und Gründer seit diesem Jahr die Möglichkeit, sich im Rahmen des Projekts besser zu vernetzen, Fachgruppen zu bilden, sich zu qualifizieren und dann auch den Zugang in die Förderung zu finden.
Wir haben in den letzten Jahren hier immer wieder initiativen vorgelegt, Anfragen und Anträge gestellt mit dem Ziel, dass es wenigstens so weit kommt, dass Social Entrepreneurship nicht mehr ganz so unter dem Radar dieser Landesregierung fliegt. Sie haben das Thema immerhin in die Neue Gründerzeit aufgenommen, sie haben es dort benannt.
Sobald etwas in einem schwarz-gelben Konzeptpapier steht, ist kein Superlativ mehr vor Ihnen sicher. Deswegen muss Nordrhein-Westfalen dann immer sofort der „attraktivste Standort“ werden. Gut gebrüllt, nett angekündigt, nichts passiert! Diese Linie kennen wir leider.
Mit unserem Antrag beschreiben wir heute erneut, wie es besser geht. Ich freue mich sehr auf die Debatte, ich freue mich sehr auf gute Erkenntnisse, und ich freue mich natürlich auch auf Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)