Matthi Bolte-Richter: „Die Lage ist dramatisch“

Zum Antrag der SPD-Fraktion für mehr Fachkräfte

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Jetzt haben alle meine Vorredner es irgendwie hingekriegt, die Wahlslogans ihrer Parteien in ihren Redebeiträgen unterzubringen. Ich hoffe, ich werde nicht dafür ins Klassenbuch eingetragen, dass ich das nicht mache, sondern ein bisschen darauf schaue, wo wir uns eigentlich bei den Fragen, die hier debattiert werden, einig sind.

Ich glaube, wir sind uns einig darin, dass es wichtig ist, gegen den Fachkräftemangel vorzugehen, denn der Fachkräftemangel ist eines der drängendsten Probleme, eine der drängendsten Fragen über alle Wirtschaftsbereiche in unserem Land hinweg. Deswegen ist es richtig, dass wir heute Abend darüber sprechen, und es ist auch gut, dass wir das mit Leidenschaft tun.

Es ist auch gut, dass wir uns – Herr Spiecker, ich erinnere mich noch gerne an die Handwerksenquete der letzten Legislaturperiode – auch fraktionsübergreifend darüber einig sind, wie wichtig die duale Ausbildung ist. Natürlich wir wissen allesamt, dass sie insbesondere auch im Handwerksbereich eine wichtige Rolle spielt. Frederick Cordes hat eben angesprochen, warum das Thema Handwerk so wichtig ist, nämlich weil es bei all den Transformationen, die vor uns liegen, eine enorm wichtige Rolle spielt, ob es um den Ausbau der Energiewende geht, ob es um den Ausbau der Infrastrukturen geht, ob es um den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe und ähnliches geht.

Da besteht also ein großer Handlungsbedarf, und deswegen ist es wichtig, dass wir heute Abend über verschiedene Wege miteinander sprechen.

Für uns sind in dem Antrag zur Fachkräftesicherung durchaus gute Punkte enthalten. Dass das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ ausgebaut und weiterentwickelt werden soll, ist doch das richtige Vorgehen. Es ist auch wichtig, dass wir es noch um verschiedene Beratungsangebote ergänzen. Wir haben an anderer Stelle immer wieder darüber gesprochen, wie wir es eigentlich schaffen können, dass Menschen den Ausbildungsweg gehen, den sie gehen wollen und der gut zu ihren Interessen passt.

Wir haben es ja nicht nur – das diskutiere ich regelmäßig im Wissenschaftsausschuss – an den Hochschulen mit hohen Abbrecherquoten zu tun, sondern auch im Ausbildungsbereich. Wir müssen doch gemeinsam darüber sprechen, wie wir es schaffen, dass auch die Duale Ausbildung so attraktiv ist, dass die Menschen in den Bereich reinkommen, der zu ihnen passt und in dem sie dann die Ausbildung auch durchziehen.

Wir sind uns – das wissen wir – auch nicht einig in der Frage nach der Ausbildungsplatzgarantie. Wir Grüne stehen hinter diesem Konzept.

Wir müssen sicherlich über viele Punkte hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung miteinander sprechen. Aber ich glaube, so stark auseinander, wie das – möglicherweise auch ein bisschen von einem Ereignis in sieben Wochen beeinflusst – heute Abend vorgetragen wurde, sind wir an einigen Stellen doch nicht, auch nicht, was beispielsweise die Förderung der Berufskollegs angeht.

Ich will gerne noch kurz einen Punkt zum zweiten Antrag ausführen. Wir haben beispielsweise dieses Wort „Bildungskatastrophe“ auch im Wissenschaftsausschuss miteinander diskutiert. Es gibt durchaus Begriffe, die eine Nummer kleiner sind, das stimmt. Aber wir sollten durchaus übereinkommen, dass die Lage schwierig und dramatisch ist. Darauf müssen wir uns einigen, wie auch immer wir es nennen wollen.

Wir teilen die Analyse und die Forderungen des SPD-Antrags auch an dieser Stelle. Es besteht ein hoher Handlungsbedarf; das hat die Anhörung in den Ausschüssen gezeigt. Die Lage ist dramatisch.

Auch wir finden die Conclusio richtig, die Hochschulen für angewandte Wissenschaften stärker einbeziehen. Wir stellen infolge der Erfahrungsberichte auch fest, dass das funktionieren würde. Wir haben nicht nur in den Debatten schon einige Beispiele für gelingende Kooperationen kennengelernt. Diese Kooperationen zeigen, dass es geht. Aber wir müssen dafür werben – und zwar nicht nur bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, sondern vor allem auch bei den Universitäten –, dass wir zu der Bereitschaft kommen, diese Kooperationen auch in die Breite zu tragen.

Ich finde es wichtig und wertvoll, aus der Debatte das Thema „Werkstattlehrkräfte“ mitzunehmen und Perspektiven für sie zu schaffen und aufzubauen, damit wir auch da durch bessere Perspektiven mehr Personal gewinnen. Ich hoffe, dass wir gemeinsam weiter an diesen Themen arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Frederick Cordes [SPD])

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