Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben am Mittwoch eine durchaus bemerkenswerte Unterrichtung erlebt. Der Ministerpräsident hat es in dem Chaos seines Corona-Krisenmanagements geschafft, sein Konjunkturprogramm so geschickt zu verstecken, dass auffällig ist, wie wenig darüber berichtet wurde.
Seit Mittwoch, 12 Uhr, als man das in der Staatskanzlei realisierte, wurde kräftig nachgelegt. Die sozialen Medien glühen, die Onlinekanäle laufen heiß. Es ist bisher nicht wirklich gelungen, den großen Befreiungsschlag zu schaffen. Wir werden sehen, ob die Sommerpause nicht die größte politische Krisenhilfe für Schwarz-Gelb wird.
Meine Damen und Herren, unser Antrag hat zwei Schwerpunkte. Das eine ist die Hilfe für die Solo-Selbstständigen. Das haben Sie abgeräumt, und wir erkennen an, dass Sie das auch gut gelöst haben, denn Sie schließen damit eine Lücke, die Union und SPD im Bund aufgerissen haben. Das ist positiv, und das erkennen wir an.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich sage aber auch ganz klar und deutlich, auch wenn Sie zu Recht mal Applaus von uns bekommen, Herr Minister: Diese Hilfen für Solo-Selbstständige sind nicht einfach so vom Himmel gefallen. Es gibt sie, weil es – unter anderem von uns – großen politischen Druck gab.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der zweite Komplex unseres Antrags ist noch nicht abgeräumt. Es geht um die Unterstützung für Sozialunternehmen, also Social Start-ups und Social Entrepreneurs.
Seit spätestens Mitte März wird unser wirtschaftliches Leben massiv durch die Coronapandemie geprägt. Lebens- und Arbeitsumstände haben sich drastisch verändert. Damit sind viele Herausforderungen verbunden, aber es entstehen auch großartige Innovationen.
An dieser Stelle will ich nicht versäumen, auf den großartigen Hackathon #WirVsVirus hinzuweisen. Innerhalb von 48 Stunden haben sich Anfang März über 28.000 Menschen zusammengefunden, um gemeinsam an über 1.500 Lösungen zu arbeiten, und zwar in einem Sektor, um den es uns heute geht, nämlich soziale Innovationen. Es zeigt sich wieder einmal, welche großartigen Möglichkeiten uns die Digitalisierung liefert, um gemeinsam mit der Zivilgesellschaft etwas zu bewegen und voranzubringen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zu Recht hat sich die Landesregierung im letzten Jahr auf die Fahne geschrieben, Social Entrepreneurs zu stärken. Und weil kein Superlativ vor dieser Landesregierung sicher ist, steht auch in Ihrer Gründerstrategie, dass Sie für Unternehmer aus dem Umwelt- und Sozialsektor bundesweit der – Zitat – attraktivste Standort werden wollen. Darum bleibt es für uns unverständlich, warum Unternehmen aus diesem Sektor weder vom Konjunkturprogramm des Bundes noch vom NRW-Programm profitieren können.
Wenn wir das jetzt nicht in den Griff bekommen, steht uns ein massives Innovationssterben bevor. Eine Umfrage des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland, welches wir auch in unserem Antrag zitiert haben, geht davon aus, dass ohne weitere Hilfen gut die Hälfte der Social Entrepreneurs und der ihnen zugehörigen Unternehmen die nächsten sechs Monate wirtschaftlich nicht überstehen werden. Das kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten.
An dieser Stelle zeigt sich auch, dass die bestehenden Kreditprogramme für diese Gruppen nicht greifen. Nur 3,2 % der Social Entrepreneurs wollen bzw. können auf die KfW-Programme zurückgreifen. Das liegt vor allem auch daran, dass ein Sozialunternehmen zwar – das ist oft ein Missverständnis – profitabel arbeitet, aber was am Ende des Tages übrig bleibt, geht in den Impact, und es gibt kaum eine freie Spitze für Kreditrückzahlungen.
So richtig kneifen tut es bei den Programmen in Bezug auf Social Start-ups, die hochinnovativ sind und aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen mit Marktmethoden angehen, Lösungen dafür entwickeln und gesellschaftliche Wirkung auch über den finanziellen Gewinn hinaus entfalten. Gerade diese Unternehmen – das müssen wir konstatieren – können jedoch nicht auf die Programme zurückgreifen. In dieser Hinsicht gibt es große Leerstellen, und die müssen geschlossen werden.
Meine Damen und Herren, ich habe damit begonnen, anzuerkennen, dass Sie bereit waren, sich der Probleme der Solo-Selbstständigen anzunehmen. Helfen Sie bitte auch den Sozialunternehmen, sonst gehen nicht nur die Unternehmen verloren, sondern werden auch eine enorme gesellschaftliche Innovations- und Gestaltungskraft und ein enormes ökonomisches Potenzial verloren gehen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)