Matthi Bolte-Richter: „Da ist in den letzten Jahren zu wenig passiert“

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Digitalisierung

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Großartigkeit und die Vorreiterrolle und das, was der arme Minister eben alles vorlesen musste, haben wir vorhin, als wir die Antwort auf die Große Anfrage zur Digitalisierung debattiert haben, schon einmal besprochen – und auch, dass das zwar alles schön klingt, was da auf Ihrem Sprechzettel steht, dass es aber an vielen Stellen nicht so einfach zutrifft.

Genauso ist es natürlich auch, wenn wir über den wirklichen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern sprechen, wo eigentlich die Musik bei der Verwaltungsdigitalisierung liegt, nämlich auf der kommunalen Ebene. Und da ist in den letzten Jahren zu wenig passiert. Aber das sind Themen, die nicht Gegenstand dieses Gesetzentwurfes sind, sondern sie sind Gegenstand der allgemeinen digitalpolitischen Debatte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich wird das Leben der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen immer stärker von digitalen Technologien und Anwendungen durchdrungen. Wir sehen auch, dass gerade dabei die Prozesse sehr oft auf einer Zwischenstufe stehenbleiben. Das führt meistens dazu, dass Bürgerinnen und Bürger zu Recht irritiert, zum Teil verärgert sind.

Das betrifft etwa Themen wie langsames Internet, schlechten Mobilfunkempfang, aber auch eine Verwaltungsdigitalisierung, die oftmals nicht mehr den Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger genügt. Das hat sich auch gerade durch die Coronapandemie noch einmal stärker gezeigt. Was nützt ein digitales Verwaltungsverfahren, das zumindest als digital bezeichnet wird, wenn anschließend alles ausgedruckt und per Hand unterschrieben werden muss? Da sehen wir uns einfach an, dass in wenigen Jahren alle Verwaltungsverfahren digital ablaufen sollen. Wir heben damit nur den Gewinn, wenn überall medienbruchfreie Verfahren möglich sind.

Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzentwurf, den die Landesregierung hier vorlegt, nach erster Durchsicht – Kollegin Kampmann hat es eben schon angesprochen – ein sehr umfangreiches Paket mit sehr vielen Einzelnormen, wobei wir es mit einem Schritt in die richtige Richtung zu tun haben.

Die nun vorgesehenen Regelungen, dass Behörden ihre Verwaltungsverfahren mit Bürgerinnen und Bürgern möglichst auf elektronischem Weg durchführen sollen, begrüßen wir. Sie ist letzten Endes eine konsequente Fortsetzung des Weges, den wir mit dem E-Government-Gesetz vor einigen Jahren schon angefangen haben. Schwarz-Gelb hat dieses E-Government-Gesetz an ein paar Stellen durchaus in eine positive Richtung weiterentwickelt. An ein paar Stellen ist es gerade mit Blick auf die Kommunen leider nicht weitergegangen. Nichtsdestotrotz, wie gesagt, es geht an dieser Stelle in die richtige Richtung. Sogar Videokonferenzen sollen jetzt möglich sein.

Es soll nicht mehr in jedes Unterschriftenfeld zwingend eine handschriftliche Unterschrift gehören. Das klingt, wenn man das so berichtet und es sich anguckt, schon ein bisschen ironisch und aus der Zeit gefallen. Aber wir sehen da auch, dass es notwendig ist, solche Dinge auch in Gesetzen festzuschreiben und festzuhalten, genauso wie es beim ersten E-Government-Gesetz immer ein bisschen seltsam klang festzustellen, dass, wenn Verwaltung elektronisch kontaktiert wird, sie dann auch elektronisch antworten muss.

Wenn man sich dieses Gesetz anschaut und in der Begründung Worte liest wie „gefühlte Schriftform“, dann ist das einfach ein sehr deutsches Verwaltungsärgernis, das abgeschafft gehört. Insofern ist es richtig, sich dieses Themas anzunehmen. Wir werden uns im Weiteren die Änderungen konkret vornehmen, das heißt, bei den Schriftformerfordernissen anschauen, wie die abgeschafft werden sollen.

Leider ist die Landesregierung bei der Digitalisierung der Verwaltung nach innen und außen nicht so weit, wie wir uns das wünschen würden. Das haben wir vor zwei Tagesordnungspunkten schon einmal besprochen – und auch das, was insgesamt notwendig wäre. Die Landesregierung hat noch viel Arbeit vor sich. Sie muss in die Grundlagen investieren.

Das Serviceportal muss in den Regelbetrieb gehen und auch bei der Bevölkerung vor allem bekanntgemacht werden. Technisch muss dafür gesorgt werden, dass der elektronische Identitätsnachweis für die Bürgerinnen und Bürger einfacher wird, weil er erst dann breiter genutzt werden kann – ein klassisches Henne-Ei-Problem, was wir aber politisch angehen können.

Dann können wir zu einer insgesamt deutlich digitaleren Verwaltung kommen. Insbesondere ist auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Öffnung des Serviceportals dafür sicherlich ein guter und wichtiger Schritt für den kommunalen Bereich, und auch, dass es eine weitere Experimentierklausel gibt. Das ist alles ist so sinnvoll, wie es überfällig ist. Wir freuen uns auf die Debatte im Ausschuss und stimmen der Überweisung gerne zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)