Matthi Bolte-Richter: „Bringen Sie endlich die Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen voran!“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur digitalen Teilhabe

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Unser Land verändert sich durch die Digitalisierung tiefgreifend und rasend schnell. Wenn man diesen Prozess gut macht, dann werden technischer Fortschritt und wirtschaftliche Innovation unser Land voranbringen, im Übrigen gerade im Kampf gegen die Klimakrise.

Doch damit es ein guter Prozess ist, damit es gelingt, brauchen wir einen klaren politischen Rahmen, und wir brauchen politische Führung in der Digitalisierung. Genau diese Führung gibt es nicht durch die schwarz-gelbe Landesregierung.

Das macht sich bemerkbar. Ein Blick in die Bilanz zeigt, dass Sie Ihre Ziele beim Ausbau der Infrastruktur nicht erreichen werden. Selbst wenn man die bisherige Ausbaugeschwindigkeit linear hochrechnen würde, kämen Sie so, wie es geplant ist, flächendeckend nicht bis 2025 auf gigabitfähige Netze. Es wird mit dieser Geschwindigkeit nicht weitergehen. Denn die harten Nüsse kommen immer am Ende.

Wenn man sich jetzt hier hinstellt und über die Fortschritte bei Glasfaserversorgung spricht, lieber Kollege Braun, dann muss man eben auch dazu sagen, dass Sie gerade über 16 % der Haushalte mit Glasfaser gejubelt haben. Und dann jubeln Sie, dass Sie diese Gigabitkoordinatoren hier eingesetzt und erfunden hätten. Auch das ist nicht die Wahrheit. Denn diese Koordinatoren gab es vorher auch schon; die hießen bei uns nur anders. Sie haben letzten Endes einfach nur das Türschild verändert.

(Florian Braun [CDU]: Wie viele?)

Es gab für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt in Nordrhein-Westfalen einen Breitbandkoordinator. So hießen die damals.

(Zuruf von Florian Braun [CDU] – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Wenn man sich mal den Ländervergleich ansieht, dann stellt man fest, dass andere Länder im Ausbau eine viel stärkere Verbindlichkeit haben.

(Zuruf von Florian Braun [CDU])

Wenn da ein Unternehmen seine Ausbauziele nicht erreicht, wird es beim nächsten Gespräch im Ministerium unangenehm. Wenn es in NRW nicht klappt, dann gibt es ein schönes Foto, denn der nächste Gipfel kommt bestimmt.

Wir brauchen endlich einen verbindlicheren Ausbaupfad für NRW, wie Glasfaser und 5G flächendeckend ausgebaut werden. NRW muss da endlich den Genehmigungsturbo zünden, und zwar über alle Ebenen gemeinsam, damit der Ausbau vorankommt.

Dieses Wirtschaftsministerium ist inzwischen wirklich die Hochburg der Kreativität. Letztes Jahr gab es die Pressemeldung: 96 % der Schulen am Gigabitnetz! – Die waren aber nicht am Netz. Der größte Teil davon war noch in Planung. Das stand nämlich auch in dieser Pressemitteilung. Wenn man sich dann alles ansah, dann stellte man fest, dass die Schulen, die in der Statistik als angeschlossen galten, in der Mehrzahl gar nicht angeschlossen waren. Da war die Leitung in der Straße, aber die Leitung war nicht in der Schule. Und obendrein: Selbst da, wo denn mal was in der Schule ankommt, ist nicht immer Glasfaser drin. Respekt an den Pressesprecher, der sich so etwas ausdenkt. Aber unser Land braucht keine gelungene PR, unser Land braucht gelungenen Glasfaserausbau.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, neben der Infrastruktur ist Bildung der Schlüssel der digitalen Teilhabe. Weit mehr als die Hälfte der Mittel aus dem Digitalpakt ist immer noch nicht bei den Schulen im Land angekommen. Da ist es eben wieder das gleiche Spiel: Man setzt auf Laissez-faire, man will keine Standards vorgeben. – Aber ohne Standard pröttelt eben jeder vor sich hin, und das sorgt dann nicht für Geschwindigkeit. Auch da brauchen wir endlich eine flächendeckende Offensive, die dafür sorgt, dass die Ausstattung in die Schulen kommt, dass die informatische Grundbildung in die Schulen kommt, dass sie für alle Schülerinnen und Schüler gewährleistet ist und die Bereiche auch entsprechend verbunden werden. Die Zeit der Modellprojekte ist an dieser Stelle vorbei.

Wir haben uns hier auch über das Thema „Digitale Verwaltung“ miteinander unterhalten. Da ist es jetzt nicht mehr oppositionelle Kritik oder Kritik von irgendjemanden von außen, sondern diese Landesregierung hat amtlich mit Prüfsiegel des Landesrechnungshofs gestern eine ordentliche Klatsche bekommen, weil sie mit der „Digitalen Verwaltung“ nicht vorankommt. Das hat natürlich sehr viel mit digitaler Teilhabe zu tun. Denn nur ein digitaler Staat kann auch digitale Teilhabe gewährleisten

Auch bei der „digitalen Verwaltung“ haben wir es eben wieder gehört: Wir haben doch eine andere Zahl ins Gesetz geschrieben. – Ja, herzlichen Glückwunsch. Aber es reicht doch nicht, Zielformulierungen in ein Gesetz zu schreiben. Eine Regierung, ein Minister muss sich auch um die Realisierung kümmern, und das ist offensichtlich bisher nicht passiert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Prozess der Verwaltungsdigitalisierung in Nordrhein-Westfalen ist schlecht geführt. Wenn von 120.000 Verwaltungsmitarbeiter*innen mit PC-Arbeitsplatz gerade mal 0,01 % die E-Akte nutzen, dann werden Sie auch 2025 die Ausbauziele eindeutig verfehlen.

Das zeigt letzten Endes, wie desaströs Sie aufgestellt sind. Da hilft es auch nicht, immer wieder zu feiern, dass Sie ein sogenanntes Digitalministerium eingesetzt haben, wenn dieses Ministerium offensichtlich keine Durchsetzungskraft gegenüber den anderen Ministerien hat.

E-Government ist eine Querschnittsaufgabe, aber die braucht Führung, wenn sie gelingen soll. Wir fordern diese Landesregierung auf, wir fordern den zuständigen Minister in Abwesenheit auf: Führen Sie endlich in diesem Prozess, und bringen Sie endlich die Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen voran!

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Florian Braun [CDU])