Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir Grüne wollen, dass in unserem Land die Lösungen zur Bewältigung der Klimakrise mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam in bekannten, aber auch in neuen Beteiligungsformaten erarbeitet werden. Dazu legen wir Ihnen heute einen Antrag vor, mit dem wir die Einrichtung eines Klimabürgerrates für Nordrhein-Westfalen fordern.
Wenn wir in NRW der Klimakrise wirksam entgegentreten wollen, wird das nicht ohne weitreiche Maßnahmen gehen, weil wir viel ändern müssen, wenn wir eine Zukunft haben wollen, wenn wir die ökologisch-soziale Transformation gestalten wollen, wenn wir zu einem grünen Wandel kommen möchten.
Bei uns in Nordrhein-Westfalen ist der Veränderungsdruck besonders groß, denn wir haben eine hohe Bevölkerungsdichte, energieintensive Wirtschaftsstrukturen und den schon lange andauernden Strukturwandel. Wenn wir das Klima schützen wollen, wird sich der Alltag der Menschen sicht- und spürbar verändern. Wohnen, Mobilität, Energieerzeugung, Wirtschaft und Arbeitsplätze – es wird überall Veränderungen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wertschöpfung geben.
All diese Veränderungen brauchen Akzeptanz. Akzeptanz darf aber nicht als vorgeschobenes Argument genutzt werden, wenn die Landesregierung ihre Blockadehaltung gegen den Klimaschutz mit fehlender Akzeptanz begründet. Das Gegenteil muss doch der Fall sein: Akzeptanz zu schaffen, ist die politische Aufgabe unserer Zeit, wenn wir die Menschheitsaufgabe „Klimaschutz“ tatsächlich annehmen wollen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es muss darum gehen, „jetzt erst recht“ zu sagen: erst recht für mehr Demokratie, für mehr Mitbestimmung, für mehr Beteiligung. Denn nur durch kluge Beteiligungsverfahren kann man auch für weitreichende Maßnahmen Akzeptanz erreichen. Dafür muss man aber überhaupt erst mal den Klimaschutz wollen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wir schlagen Ihnen heute einen Klimabürgerrat vor. Frankreich und Großbritannien haben mit diesem Instrument gute Erfahrungen gemacht; sie haben Klimabürgerräte eingerichtet. Auf Bundesebene gab es kürzlich eine erfolgreiche Petition für einen solchen Klimabürgerrat. Unter den Ländern könnte Nordrhein-Westfalen eine Vorreiterstellung beim Klimaschutz und bei der Beteiligung einnehmen, wenn unsere Initiative angenommen wird.
In einem Bürgerrat entwickeln Bürgerinnen und Bürger Vorschläge zur politischen Gestaltung großer gesellschaftlicher Herausforderungen. Die Teilnehmenden sind zwar zufällig ausgelost, aber sie sind in ihrer Zusammensetzung repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Bei ihrer Arbeit werden Bürgerräte durch wissenschaftliche Expertise unterstützt, und sie entwickeln eigenständig und unabhängig Vorschläge.
Der Vorteil an diesem Instrument ist, dass nicht nur diejenigen gehört werden, die ihre politischen Interessen sowieso schon gut vertreten können. Es sind nicht nur diejenigen vertreten, die ihre Interessen artikulieren können und die bei den bekannten Beteiligungsformaten eher kommen als andere, die dann ausgeschlossen sind.
Wenn man sich Forschungsergebnisse ansieht, dann stellt man fest, dass bei den klassischen Beteiligungsformaten eher Leute mit einem hohen Bildungsabschluss mitmachen, auch eher Männer als Frauen und eher Menschen ohne als mit Zuwanderungsgeschichte. Ein Bürgerrat mit einer Zufallsauswahl hat gegenüber den klassischen etablierten Beteiligungsformaten den Vorteil, dass er eine faire Beteiligung garantiert.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, dass wir uns gemeinsam auf diesen Weg machen. Wir alle wissen aus unterschiedlichen Zusammenhängen, dass eine Beteiligung herausfordernd ist. Manchmal ist sie auch anstrengend. Sie schafft aber Vertrauen und Akzeptanz, und das ist gerade in dieser Zeit wichtig.
Lassen Sie uns über die Wege dahin gemeinsam diskutieren. Ich freue mich sehr auf die Debatte, die jetzt vor uns liegt. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)24