Matthi Bolte-Richter: „Achten wir gemeinsam darauf, dass die Wissenschaftsfreiheit auch international verteidigt wird“

Zur Großen Anfrage der GRÜNEN im Landtag zur "Hochschulkooperation mit der Volksrepublik China"

Die Große Anfrage

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Danke schön. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich würde gerne zu Beginn der Debatte Ihnen, Frau Ministerin, stellvertretend für Ihr Haus und allen, denen wir mit dieser Großen Anfrage Arbeit gemacht haben, ganz herzlich danken. Es sind durchaus spannende Antworten, über die wir heute debattieren.

Die Chancen von internationalen Wissenschaftskooperationen sind unbestritten. Sie dienen nicht allein der wissenschaftlichen Erkenntnis, sondern sie dienen auch der Völkerverständigung. Sie sind geeignet, Menschen über Staatsgrenzen, über Kontinente hinweg zusammenzubringen, und sie können dabei helfen, für Demokratie zu werben und zu begeistern.

Das ist genau das Spannungsfeld, das uns bewogen hat, diese Große Anfrage zu stellen. Es ist ein Spannungsfeld zwischen einerseits sinnvoller Kooperation und andererseits einem Partner, dessen Regierung ein autoritäres Regime ist, das in den vergangenen Jahren eher autoritärer als demokratischer geworden ist, einem Partner also, dem wir gleichermaßen mit Dialog und Härte begegnen müssen.

Das Bundesforschungsministerium stellt zu dieser Frage fest – Zitat –: Neben fortbestehenden Chancen nehmen auch die Herausforderungen der Zusammenarbeit zu, unter anderem angesichts der Politik der sogenannten zivil-militärischen Fusion und des zunehmend von der Regierung erschwerten Zugangs zur chinesischen Zivilgesellschaft.

Damit sind die Herausforderungen umrissen. Die Länder sind zuständig, sich darum zu kümmern, schließlich liegen die Hochschulen in unserer Länderverantwortung.

Wenn wir uns nun die Antwort auf die Große Anfrage anschauen, dann sehen wir klar und deutlich, dass die Landesregierung die Probleme und die Herausforderungen, die damit einhergehen, zwar durchaus verstanden hat, es aber an einigen Stellen noch an Lösungen mangelt.

Die Konfuzius-Institute stehen beispielhaft schon seit Längerem im kritischen Fokus. Immerhin erkennt die Landesregierung inzwischen an, dass die Konfuzius-Institute eine Nähe zum chinesischen Staat und zur KPCh aufweisen, ein wohlwollendes Bild über chinesische Politik zu vermitteln versuchen und kritische Themen aussparen. Die Landesregierung fürchtet dadurch – Zitat – „eine schleichende Aushöhlung der akademischen Freiheit“.

Trotz dieser Erkenntnisse – es sind im Übrigen schon mehr Erkenntnisse, da Sie es im vergangenen Jahr, als wir im Wissenschaftsausschuss einen Bericht dazu beantragt haben, noch verneint haben – hat die Landesregierung im Nachgang zu dem von uns angeforderten Bericht zu den Konfuzius-Instituten kein Gespräch mit den Hochschulen geführt.

Wir haben erst kürzlich in Duisburg gesehen, was diese Untätigkeit nach sich zieht. Es kann nicht sein, dass Veranstaltungen, Forschungsprojekte oder Ähnliches mit China-Bezug abgeändert werden, gar entfallen, weil es Bedenken auf chinesischer Seite gibt.

29 Hochschulen in Nordrhein-Westfalen kooperieren mit chinesischen Partnern. Die Kooperationsformen sind durchaus vielfältig. Es gibt den Austausch von Studierenden und Lehrenden, Summer Schools, gemeinsame fachwissenschaftliche Konferenzen, gemeinsame Forschungsprojekte und Auftragsforschung. Diese Partnerschaften sollen der Wissenschaft, der Völkerverständigung und der demokratischen Entwicklung dienen. China darf diese Kooperationen nicht für eigene Machtinteressen missbrauchen.

Hier ist die Landesregierung gefragt. Sie darf sich nicht länger unter dem Deckmantel einer falsch verstandenen Hochschulfreiheit wegducken. Ministerin Pfeiffer-Poensgen darf die Hochschulen auch nicht alleinlassen, wenn die Freiheit der Wissenschaft bedroht ist.

Die Landesregierung muss sich konkret engagieren. Dass Ihnen wenig einfällt, wenn es etwa um die Förderung der China-Kompetenz geht, ist bedauerlich. Auch gegen den Abfluss kritischer Technologien wird wenig getan. Da fällt Ihnen dann unter anderem ein – noch ein Zitat aus der Antwort –:

„Insofern könnten die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen vertraglich ausschließen, dass Wissen ausschließlich dem Militär zufließt, indem sie sich vorbehalten, es weiter in Forschung und Lehre zu nutzen“.

Das liegt irgendwo zwischen schlechtem Scherz, organisierter Verantwortungslosigkeit und einem einfachen: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Diese Große Anfrage enthielt sicherlich ein für dieses Format etwas ungewöhnliches Spezialthema, dennoch finde ich es wichtig, dass wir sie hier bearbeiten und debattieren. Danke noch einmal für die Antworten.

Die Kooperation findet in einem wichtigen Spannungsfeld statt, das sich durchaus auch mit anderen Staaten ergibt. Achten wir also gemeinsam darauf, dass die Wissenschaftsfreiheit auch international verteidigt wird. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])