Mathi Bolte-Richter: „Das ist ein Vergehen an unserer Zukunft“

Haushaltsplan 2019 - Ministerium für Wissenschaft und Weiterbildung

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit dem Eindeutigen: Der Bereich Weiterbildung ist unstrittig. Da freuen wir uns, dass es gut weitergeht. Wir freuen uns grundsätzlich auch, dass der Wissenschaftsetat 2019 erneut gestiegen ist. Ich erkenne auch durchaus an, dass Sie sowohl im Bereich Digitalisierung als auch im Bereich der Medizin mehr Geld an die Hochschulen geben.
Nichtsdestotrotz muss man an solch einer Stelle auch zu fortgeschrittener Stunde fragen: Wo wollen Sie mit der Wissenschaftspolitik eigentlich hin? Was ist eigentlich Ihre wissenschaftspolitische Vision für diesen Bereich? Man muss erkennen, dass sich die Koalition in diesem Bereich nicht durch große Visionen hervortut.
Frau Ministerin, ich erkenne es sehr an, was Sie im Bereich Kulturförderung erreicht haben. Diese deutlichen Fortschritte hätte ich mir aber auch für die andere Hälfte Ihres Hauses gewünscht. Der Bundestrainer kann sich auch nicht nur um die Abwehr kümmern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich muss nicht daran erinnern – denn die Kolleginnen und Kollegen, die sich angesprochen fühlen, werden das selber tun –, was CDU und FDP in der letzten Periode hier aufgeführt und was für Versprechungen sie gemacht haben. Betreuungsrelation: nicht wirklich etwas passiert. Nennenswerte Impulse für die Hochschulfinanzierung: nicht wirklich etwas passiert.
Qualitätsverbesserungsmittel – Herr Kollege Bell hat eben schon darauf hingewiesen, dass es hier eine halbseidene Begründung für die Untätigkeit mit Verweis auf den Hochschulpakt gibt – und Qualitätspakt Lehre: Dass diese beiden Pakete mehr Geld bringen sollen, ist doch eine reine Irreführung. Aller Voraussicht nach werden diese Mittel maximal konstant bleiben, aber wahrscheinlich eher sinken. Es geht auch da nicht um Verbesserung on top, sondern darum, bestehende Programme fortzuführen. Das zeigt einmal mehr: CDU und FDP sind letztes Jahr mit einem populistischen Wahlkampf gestartet und scheitern jetzt an Ihren eigenen Ansprüchen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren! Wenn man sich in diesem Bereich die größte Zielgruppe dieses Haushaltes anschaut, dann stellt man fest: Die Studierenden haben bei dieser Regierung keine Lobby. Ich meine jetzt nicht einmal das Studierenden-Gängelungs-Gesetz; denn das wird uns ja im nächsten Jahr noch beschäftigen. Nach allem, was wir wissen, wird es bei Ihrem Entwurf für jeden etwas geben, nur nicht für die Studierenden. Sie werden die Mitbestimmung reduzieren. Sie werden Freiheiten einschränken. Sie werden zusätzliche Bürokratien schaffen.
Wenn ich in dieser Haushaltsdebatte davon rede, dass es keine Lobby für Studierende gibt, dann meine ich etwas anderes.
Wir brauchen dringend ein Programm für die Sanierung der Studierendenwohnheime. Keine Impulse von Schwarz-Gelb dazu! Wir hatten die Studierendenwerke doch bei uns im Wissenschaftsausschuss zu Gast. Sie kennen die Zahlen. Sie wissen, die Mittel reichen nicht. Dann müssen Sie aber nachbessern.
Auch die allgemeinen Zuschüsse an die Studierendenwerke packen Sie wiederum nicht an. Sie haben im letzten Jahr noch so getan, als hätte es keine Mittelforderung der Studierendenwerke gegeben. Das entsprach nicht den Tatsachen; das hat die AG der Studierendenwerke klargestellt. In diesem Jahr kommt dann die Ankündigung, dass es irgendwann mal eine Verbesserung geben wird.
Aber, Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, da muss ich Ihnen sagen: Sie haben 6,7 Milliarden Euro mehr zur Verfügung, als wir das hatten, und Sie bekommen es nicht hin, 1,5 Millionen Euro für die Studierendenwerke zu mobilisieren. Sie, Frau Ministerin, bekommen es nicht hin, 1,5 Millionen Euro beim Finanzminister herauszuholen. Das grenzt doch schon fast an Arbeitsverweigerung.
(Beifall von den GRÜNEN)
Und die Zeche zahlen die Studierenden durch höhere Sozialbeiträge. Die Finanzierung der Studierendenwerke ist eine knallharte soziale Frage.
Wenn es schon ums Geld geht: Man hat schon lange – ich hoffe, das bleibt auch so – nichts mehr von Ihrer ideologischen Schnapsidee der Ausländerstudiengebühren gehört. Ich habe die Hoffnung, dass man das Ganze sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden lässt. Denn Sie haben es in den Debatten der letzten eineinhalb Jahre gehört: Sie haben in der kompletten Wissenschaftslandschaft keinerlei Unterstützung für diese Idee. Lassen Sie es daher einfach bleiben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wenn man weiter schaut, dann sieht man, wie Sie, Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen, gemeinsam mit Herrn Pinkwart als Nebenerwerbs-Wissenschaftsminister Chaos in der Innovationsförderung anrichten. Die Mittel für „Fortschritt NRW“ wurden erst geteilt, dann wurde der Teil im Wissenschaftsetat abgeschafft, im Wirtschaftsetat erhöht und dann für etwas anderes verwendet. Das kann man für den ganzen Bereich der Innovationsförderung durchziehen.
Das alles wird nicht dadurch besser, dass Sie das Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung auslaufen lassen wollen, und zwar aus einem einzigen Grund: weil es Ihnen politisch nicht in den Kram passt. Sie machen genau das, was Sie uns zu Ihrer Oppositionszeit immer vorgeworfen haben: Sie machen da eine Forschungsinfrastruktur kaputt, weil es Ihnen politisch nicht in den Kram passt, woran dort geforscht wird.
(Beifall von den GRÜNEN)
Maß und Mitte – das ist bei Schwarz-Gelb meist Mindestmaß und mittelprächtig. In diesem Bereich geht es planlos und zum Teil chaotisch zu. Es gibt keine Impulse für die Wissenschaftslandschaft in Nordrhein-Westfalen, und das ist ein Vergehen an unserer Zukunft. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)