Martin-Sebastian Abel: „Wir lehnen die Einführung einer Bezahlobergrenze für Bargeld ab“

Antrag der Piraten gegen die Abschaffung des Bargelds

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Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollege Markus „Katsche“ Weske – so solltest du ab jetzt heißen –, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und zu deinen beiden Krücken „G8/G9“. Wichtig ist, dass man die flexibel einsetzen kann, damit du einen stabilen Stand hast, lieber Markus.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ansonsten lässt sich feststellen: Es ist Murmeltier-Tag, schon wieder. Der Nachteil ist, ich bin nicht so unterhaltsam wie Bill Murray, aber die Opposition ist auch nicht so attraktiv wie Andie MacDowell. Von daher gleicht sich das aus.
Aber es ist in der Tat das vierte Mal, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen, nun mit dem Antrag der Piraten. Es ist richtig – darauf werden die beiden Redner der Opposition sicherlich gleich eingehen –, dass wir in vielen Punkten eine Übereinstimmung haben. Denn für unsere Fraktion muss ich hier noch einmal klarstellen: Wir lehnen die Einführung einer Bezahlobergrenze für Bargeld ab, weil wir sehen, dass es in anderen europäischen Ländern eine ziemliche Rutschbahn von dem Betrag, bei dem sie eingeführt wurde, bis hin zu dem jetzt geltenden Betrag gab.
Wir haben in Europa Bargeldobergrenzen bereits ab Tausend Euro, und wir haben auch in Ländern, die jetzt nicht gerade dafür bekannt sind, dass sie gegen Geldwäsche besonders konsequent vorgehen, Bezahlobergrenzen, die merkbar nichts an Kriminalitätsdelikten wie zum Beispiel Betrug oder aber auch Geldwäsche geändert haben. Es hat auch nicht dazu geführt, dass Kriminalitätsraten nach unten gegangen sind.
Wir glauben, dass bei allen Bemühungen, die auch diese Landesregierung, allen voran der Finanzminister, der in diesem Moment gerade dafür kämpft, dass wir eine vernünftige Erbschaftssteuerreform bekommen, wo man der Bundesregierung attestieren muss, dass sie alles dafür tut, dass es keine verfassungskonforme Erbschaftssteuer gibt, meine Damen und Herren von der Union.
Der Finanzminister hat in einer Vielzahl von Maßnahmen gemeinsam mit der Landesregierung konsequent gegen Steuervermeidung, gegen Steuerbetrug und auch gegen Geldwäsche Maßnahmen ergriffen. Wir sind da eines der vorbildlichsten Bundesländer. Aber wir glauben an dieser Stelle, dass diese Regelung zu weit geht, weil es sehr schnell in Grundbedürfnisse, in grundgesetzlich normierte Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger eingreift.
Lieber Kollege Weske, bei allem Unterhaltungswert der Ausführungen muss man tatsächlich sagen, dass es nicht spaßig ist und viele von uns, die sich als aufgeklärte Verbraucherinnen und Verbraucher begreifen, im Zweifel gar nicht wissen: Was ist über mich alles gespeichert?
Stimmt es, dass ich beispielsweise als Sparkassenkunde ein Profil habe, das die Sparkasse anhand meiner Kontobewegungen angelegt hat und dass sie in diesem Profil Informationen über meine Kreditwürdigkeit speichert? Stimmt es, dass zum Beispiel bei Bezahlvorgängen mit kleineren Beträgen mein Scoring-Wert bei der Schufa oder bei anderen Auskunfteien sinkt?
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Ja!)
Wir haben zusammen mit den Verbraucherzentralen und allen voran mit dem Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, gesprochen, der in einem vielbeachteten Aufsatz in der „Rheinischen Post“ zehn Gründe dargelegt hat, warum man bei der Einführung der Bezahlobergrenze vorsichtig sein sollte. Wir haben eine große Schnittmenge, weil wir glauben: Hier schütten wir das Kind mit dem Bade aus. Wir sind da sehr vorsichtig, meine Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben allerdings auch hier in der Anhörung erlebt, dass die Bezahlobergrenze mit allen Risiken, die wir trotzdem ablehnen, immer wieder mit dem sogenannten War on Cash gleichgesetzt wird, also mit dem Krieg gegen das Bargeld. Wir müssen wirklich sagen, dass einige Stellungnahmen so weitgehend waren, dass wir da nicht mitgehen.
Dennoch sind für uns Grüne – als Fraktion und auch als Partei – Verbraucherschutz und informationelle Selbstbestimmung hohe Güter. Wir sollten nicht nur vorsichtig sein, sondern wir sollten den Anfängen wehren,
(Beifall von Dietmar Schulz [PIRATEN])
dass man Instrumente einführt, die letztlich dazu beitragen, dass jeder Schritt zu überwachen, nachzuverfolgen und retrograd erforschbar ist.
Denn nicht nur bei Lebensversicherung herrscht bereits jetzt eine Datensammelwut, sondern das ist auch bei den Krankenkassen so. Ich bin mir sicher, dass Ihr Unfall, Herr Kollege Weske, nicht nur gespeichert ist, sondern dass in 20 oder 25 Jahren immer noch alle Details über Nacherkrankungen und mögliche Folgen, die sich daraus ergeben, gespeichert sind. Wissen Sie, was Ihre Krankenkasse davon weiß?
Warum sollen wir jetzt in einem Bereich, in dem es möglich ist, mit Bargeld anonym zu bezahlen und dabei nicht überwacht zu werden, und von dem wir aus anderen europäischen Ländern wissen, dass diese Überwachung völlig nutz- und wirkungslos ist, kein Instrument einführen, …
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): … mit dem wir Gefahr laufen – ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin –, dass wir in einer noch größeren Überwachung als ohnehin schon enden.
Deswegen können wir dem Antrag leider nicht zustimmen. Aber wir haben inhaltliche Schnittmengen mit der Opposition. Das haben wir bereits vielfach deutlich gemacht und tun das auch jetzt. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und Michael Hübner [SPD])